feverpitch.de
·19 August 2025
Wir sind 99 Prozent! Doch wer rettet die Amateurvereine?

In partnership with
Yahoo sportsfeverpitch.de
·19 August 2025
Als Michael Franke (FT Gern München) und ich unsere Kandidatur für die DFB-Vizepräsidentschaft anmeldeten, bekamen wir u. a. zu hören: „Ihr müsst euch erstmal in den Verband einbringen!“
Ein merkwürdiger Vorwurf – immerhin arbeiten wir seit über zehn Jahren in Gremien, haben Initiativen gestartet wie „Future BFV“ in Berlin oder die IG Sport München, immer wieder neue Impulse gesetzt, im Mai sogar gemeinsam mit den anderen Hartplatzhelden eine Amateurfußball-Konferenz organisiert. Doch ehrgeizige Ideen werden in den Landesverbänden und im DFB oder auf „Light-Versionen“ reduziert oder gleich ganz ausgebremst. Ganz im Gegensatz zur DFL, die scheinbar gar nicht groß genug denken kann. Genau in dieser Diskrepanz liegt das Problem des deutschen Fußballs. Die Profis machen Profit, die Amateure werden kleingehalten.
Michael Franke ist wie ich seit über 20 Jahren in Vorstand eines Breitensportvereins und sportpolitisch aktiv. Wir schreiben Kolumnen über Alltagsthemen im Amateurfußball: von Legionellen in Duschräumen über Ehrenamtsprobleme bis zur schlechten Infrastruktur. Unsere Texte bei den Hartplatzhelden oder auf Fever Pit’ch erreichen an guten Tagen rund 100.000 Leserinnen und Leser – darunter mit Sicherheit auch viele Funktionäre.
Klar, wir sind auch Männer eher älteren Semesters, das will ich einräumen. Aber durch unsere tägliche Arbeit im Verein kennen wir die Themen der Basis und wissen, dass es stetiger Entwicklung bedarf. Gleichwohl ist die Wahrscheinlichkeit, wenigstens unsere Anliegen vortragen zu können, gleich null. Aber wie heißt es so schön: Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie.
Auch zur neuen Saison gilt: Ein Prozent der Vereine erhält 99 Prozent der Aufmerksamkeit. Zwar sind die nur knapp gescheiterten Spieler aus Pirmasens, Norderstedt oder vom BFC Dynamo mindestens Halbprofis, doch auch ihnen wird stinken, dass ausgerechnet am Pokal-Wochenende der langweilige Supercup angesetzt wird. Das zeigt die Rücksichtslosigkeit gegenüber kleineren Klubs. Protest vom Verband? Fehlanzeige.
Was sind die Aufgaben der neuen Saison für die echten Amateure?
Nichts wirklich Neues – und doch entscheidend. Wer möchte, dass sein Verein eine Zukunft hat, muss genau hier ansetzen. Der Sport- und Bildungsexperte Prof. Heinz Reinders hat dem kicker ein bemerkenswertes Interview zu den „Next-Gen-Vereinen“ gegeben. Darin erklärt er, wie wichtig für junge Menschen Leitbilder, Netzwerke und Kommunikation sind. Unbedingt lesen!
Von unseren Funktionären hört man zu solchen Themen kaum etwas. Nur, dass es ja schon immer Probleme gab und pflichtschuldige Hinweise auf marode Sportstätten als Maximum. Eine Kampagnenfähigkeit für das Erreichen besserer Zustände existiert nicht. Dabei vertritt der DFB mit acht Millionen Mitgliedern eine Wählerzahl, die große Parteien bei Bundestagswahlen erreicht. Warum dieses Gewicht nicht nutzen?
Die These eines Kollegen, viele Funktionäre von Landesverbänden und DFB wären Mitglied in einer der beiden Regierungsparteien und würden deshalb „Beißhemmungen“ gegenüber der Politik haben, muss natürlich nicht stimmen.
Noch ein Blick aufs Personal: Den 1. Vizepräsidenten Amateurfußball, Ronny Zimmermann, findet man in der Öffentlichkeit kaum im Zusammenhang mit der Aufgabe, für die er gewählt wurde – und wie seine Kollegen aus den Regionalverbänden vergütet wird.
Sie allesamt sollen die Basis vertreten, aber sie wirken nahezu unsichtbar. Warum ist das so? Wie soll so Veränderung wachsen? Wobei der Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbands Hermann Winkler gerade präsent war und darüber fabulierte, dass er als Gast des von einem Rassismusvorfall überschatteten Pokalspiels Lok Leipzig – Schalke 04 nichts von einer „fremdenfeindlichen(!!!)“ Stimmung wahrgenommen habe. Voreilige Schuldzuweisungen lehnt er ab, obwohl sich Lok Leipzig längst beim in Hagen geborenen Schalker Spieler entschuldigt hat.
Wir müssen nicht nur in Sachen Vielfalt klären, wohin die Reise gehen soll. Prof. Heinz Reinders hat es treffend formuliert: Junge Leute engagieren sich nicht wegen Geld, sondern sie orientieren sich an Leitbildern, Zugehörigkeit, Feedbackkultur und Wertschätzung. Da stellen sich Fragen:
Die DFL ist mit ihren jungen Führungskräften weiter, auch wenn der Silberrücken Hans-Joachim Watzke dort wie auch beim DFB noch ziemlich uneingeschränkt herrscht. Eine Frau konnte sich in der DFL-Spitze allerdings nicht behaupten. Ein Trend, der sich auch bei den Profivereinen widerspiegelt.
Bleibt noch die entscheidende Frage: Wie sieht der Next-Gen-Verband aus?
Du willst auch deine Meinung bei Fever Pit’ch kundtun? Das geht problemlos hier: Gerne klicken!
Live