Wolfgang Overath: Acht Geschichten zum Achtzigsten | OneFootball

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1. FC Köln

·29. September 2023

Wolfgang Overath: Acht Geschichten zum Achtzigsten

Artikelbild:Wolfgang Overath: Acht Geschichten zum Achtzigsten

Mit Wolfgang Overath feiert am heutigen Freitag, 29. September 2023, eine herausragende FC-Persönlichkeit seinen 80. Geburtstag, die im Club vor allem als begnadeter Fußballer, aber auch als Präsident und Funktionär prägende Spuren hinterlassen hat. Mit „acht Geschichten zum Achtzigsten“ blicken wir auf die lange und erfolgreiche Karriere des ehemaligen FC-Kapitäns und Weltmeisters von 1974 zurück. Die gesamte FC-Familie sagt von Herzen: Herzlichen Glückwunsch, lieber Wolfgang!

Karl-Heinz Heddergott und die Sportschule Hennef

Keine Frage: es war für die sportliche Entwicklung von Wolfgang Overath nicht von Nachteil, dass er in Siegburg aufgewachsen ist. Hier konnte er nicht nur als Achtjähriger beim Siegburger SV endlich auch auf Vereinsebene seiner Fußballleidenschaft nachgehen – im nahen Hennef befand (und befindet) sich zudem die Sportschule des Fußball-Verbands Mittelrhein, wo Verbands-Trainer Karl-Heinz Heddergott auf Anhieb das außergewöhnliche Talent des jungen Halbstürmers erkannte. Kein Wunder, kam Overath doch nur drei Jahre nachdem er sich dem Siegburger SV angeschlossen hatte, in der Kreis- und Mittelrhein-Auswahl sowie später mit der deutschen Schülerauswahl zum Einsatz.

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Mit dem Fahrrad oder per Omnibus ging es fast täglich nach der Schule gen Hennef oder zur heimischen SSV-Anlage. „Ein frecher Junge war er, der Wolfgang, aber auch ein fleißiger. Oft kam er außerhalb der Trainingszeiten und bat meine Frau um den Schlüssel für das Tor zum Fußballplatz. Dann trainierte er für sich alleine, stundenlang“, erinnerte sich später der frühere SSV-Jugendleiter Karl Pörtgen. Den so genannten Feinschliff übernahm sein unermüdlicher Förderer Karl-Heinz Heddergott, der zwischen April und Oktober 1980 eher glücklos aus FC-Trainer amtierte. „Ich konnte ihm eigentlich schon mit 13, 14 Jahren eine internationale Karriere voraussagen“, sagte Heddergott einst in einem Interview. Lohn der Mühen: obwohl ihm auch attraktive Angebote von Viktoria Köln und Bayer Leverkusen vorlagen, unterschrieb Wolfgang Overath zum 1. Juli 1962 einen Vertrag beim Deutschen Meister 1. FC Köln.


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Von der Zwangssperre zur Deutschen Meisterschaft

Heute unvorstellbar, im Sommer 1962 Realität: da Wolfgang Overath von einem Amateurverein zu einem Verein mit Vertragsspielerstatut wechselte, sahen die Regularien eine einjährige Sperre vor. Gleiches „Schicksal“ ereilte übrigens den ebenfalls 1962 vom FC verpflichteten Wolfgang Weber, der wie Overath zur FC-Legende avancierte. Dennoch: auf die Sperre waren die FC-Verantwortlichen gut vorbereitet. Wolfgang Overath und Wolfgang Weber trainierten sowohl mit den Vertragsspielern, als auch mit der A1-Jugend.

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Im Rahmen von inoffiziellen Testspielen sorgte Trainer „Tschik“ Cajkovski für die entsprechende Spielpraxis, so dass die beiden Top-Talente für den Start der Bundesliga im August 1963 bestens gerüstet waren. Und das galt auch für den gesamten Club, der sportlich und strukturell der Konkurrenz um Längen voraus war. Dass der 1. FC Köln auf souveräne Weise erster Deutscher Meister der neuen Fußball-Bundesliga wurde, war die fast schon logische Konsequenz. Und das mit dem erst 20-jährigen Leistungsträger Wolfgang Overath, der als Stammkraft Mittelfeld und Offensive dirigierte und in 30 Bundesligaspielen neun Tore erzielte, darunter am 24. August 1963 beim 3:1-Sieg in Saarbrücken auch das erste Bundesligator der FC-Historie.

Weltmeister und bester Spieler in Mexiko

Bereits am 28. September 1963 debütierte Wolfgang Overath in Frankfurt beim 3:0-Erfolg über die Auswahl der Türkei in der A-Nationalmannschaft. Es war der Auftakt zu einer großen, internationalen Karriere, der noch 80 weitere Einsätze im DFB-Dress folgen sollten – davon 14 als Kapitän. Größter Erfolg war zweifellos der Gewinn der Weltmeisterschaft 1974, bei der er einschließlich des 2:1-Finalsiegs gegen die Niederlande in München in allen Begegnungen auf dem Platz stand.

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Acht Jahre zuvor war Overath mit der Nationalmannschaft beim Turnier in England Vizeweltmeister geworden, nachdem man das legendäre Endspiel samt „Wembley Tor“ unglücklich verloren hatte. Dennoch, und da sind sich nicht wenige Fans und Experten einig: seine beste von insgesamt drei Weltmeisterschaften bestritt Wolfgang Overath 1970 in Mexiko. Zwar erreichte man nach dem knapp verlorenen „Jahrhundert-Halbfinale“ gegen Italien „nur“ den dritten Platz, doch der elegante, technisch überragende und immer torgefährliche Mittelfeldstratege des 1. FC Köln wurde von der internationalen Fachpresse zum besten Spieler des Turniers gewählt.

„Ja, mein Temperament!“

…lautete der Titel der ersten, 1970 erschienenen Overath-Biographie. Aus gutem Grund: denn eben jenes bis heute nie erloschene Temperament sorgte dafür, dass Wolfgang Overath auf und neben dem Platz polarisieren konnte – bei Mit- und Gegenspielern ebenso wie bei Fans und Schiedsrichtern. Das führte vor allem in fremden Stadien oftmals dazu, dass der FC-Kapitän gnadenlos ausgepfiffen wurde. Beirren ließ er sich davon nicht. „Sobald ich den Rasen betrete, bin ich ein ganz anderer Mensch. Da geht es ausschließlich darum, zu gewinnen. Und jeder der mich bei diesem Vorhaben stört, kann mit mir aneinandergeraten“, gestand Overath in einem Interview.

Hans-Gerhard König, der als langjähriger Stadionsprecher und FC-Geschäftsführer die Karriere von Wolfgang Overath hautnah begleitete, brachte es auf den Punkt: „Die Zahl seiner Bewunderer war größer, als die Zahl seiner Freunde. Er war und ist ein schwieriger Mensch, vielleicht wäre ‚eigenwillig‘ noch treffender. Seine Kritiker und Bewunderer bewegten sich stets zwischen ‚Hosianna‘ und ‚kreuzigt ihn‘. Sein Temperament hat ihm oft genutzt, aber auch genauso oft geschadet. Der Mensch Wolfgang Overath hat dem Spitzensportler Wolfgang Overath gelegentlich im Wege gestanden.“

„Der war auch dabei, hätten sie gesagt“

Es war ein überaus ungewohntes Gefühl für die gesamte FC-Familie und somit auch für Wolfgang Overath, als der FC während der Saison 1968/69 erstmals in akute Abstiegsgefahr geraten war. Eine Situation, die selbst größte Pessimisten nicht auf der Rechnung hatten, zumal man im Vorjahr erstmals DFB-Pokalsieger geworden war. Eine Bundesliga ohne den 1. FC Köln - das war 29 Jahre vor dem ersten Gang in Liga zwei noch unvorstellbar. Der dramatische Abstiegskampf entschied sich erst am letzten Spieltag: im pulsierenden Kessel der alten Müngersdorfer Hauptkampfbahn besiegte das Team von Trainer Hans Merkle den amtierenden Deutschen Meister 1. FC Nürnberg durch Tore von Wolfgang Overath, „Calli“ Rühl und Heinz Hornig mit 3:0 – Köln blieb drin, Nürnberg stieg ab.

Eine Welle der Erleichterung ging durch das Stadion, ja durch die ganze Stadt und auch Wolfgang Overath musste seine private und sportliche Lebensplanung nicht auf den Kopf stellen. „Das war so etwas wie mein ‚Schicksalsspiel‘. Wären wir abgestiegen, wäre ich wohl zu den Bayern gewechselt. Die Leute hätten mit dem Finger auf mich gezeigt. ‚Der war auch dabei‘, hätten sie gesagt und in allen Kölner Straßen hätte der Spott Spalier gestanden. Zum Glück ist es nicht so weit gekommen.“

Achter Präsident der FC-Geschichte

Als beim FC ab Anfang der 1990er Jahre mit den regelmäßigen Last-Minute-Rettungen sportliche Tristesse eingetreten war, sehnten sich viele Fans nach den Helden von einst. „Warum übernimmt Wolfgang Overath keine Verantwortung im Club?“, war ein nicht selten zu hörender Tenor. Overath übernahm am 14. Juni 2004 schließlich diese Verantwortung und wurde im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zum achten Präsidenten der FC-Geschichte gewählt. Während dieser Zeit stiegen die Geißböcke 2006 zum vierten Mal ab, zwei Jahre später unter Rückkehrer-Trainer Christoph Daum wieder auf.

Fortan gelang es zwar, in der 1. Bundesliga zu bleiben, die Mitgliederzahlen in ungeahnte Höhen zu treiben und namhafte Partner wie das Kölner Traditionsunternehmen REWE zu gewinnen, doch innerhalb des Clubs blieb es unruhig. Eine Tatsache, die oftmals und besonders bei den Mitgliederversammlungen zu beobachten war. So auch am 13. November 2011, als der gesamte Vorstand um Wolfgang Overath geschlossen von seinen Ämtern zurücktrat. Eine unerwartete Entscheidung, die selbst enge Vertraute des Führungsgremiums überraschte und die mehr als siebenjährige FC-Präsidentschaft von Wolfgang Overath beendete.

Emotionaler Abschied in Müngersdorf

15 Jahre lang stand Wolfgang Overath als Spieler in Diensten des 1. FC Köln und vermutlich wäre es noch das ein- oder andere Jahr mehr geworden. Wäre da nicht Meistertrainer Hennes Weisweiler gewesen, der im Sommer 1976 zum FC zurückkehrte. Obwohl Overath im Interview zunächst noch optimistisch in die Zukunft blickte („Wenn wir mit ihm nicht Meister werden, mit wem dann?“), begann bald darauf die Auseinandersetzung zwischen Trainer und Starspieler - wie sie Weisweiler schon in Mönchengladbach mit Günter Netzer und beim FC Barcelona mit Johan Cruyff geführt hatte.

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Die Differenzen zogen sich fast durch die gesamte Spielzeit 1976/77 und noch vor Saison-Ultimo verkündete Wolfgang Overath das Ende seiner aktiven Laufbahn. Das am 17. Mai 1977 vor 60.000 Zuschauern im ausverkauften Müngersdorfer Stadion stattfindende Abschiedsspiel gegen die WM-Mannschaft von 1974 wurde für alle Beteiligten überaus emotional. Sichtlich berührt und begleitet von „Wolfgang, du darfst nicht gehen“-Sprechhören verabschiedete sich der Weltmeister vom Kölner Publikum.

Einen Rekord für die Ewigkeit…

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