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·16. Juli 2025
Warum Hertha plötzlich ganz auf Tjark Ernst baut

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·16. Juli 2025
Torhüter mit Marotten haben im Fußball Tradition – von Petar Radenkovic bis José Luis Chilavert prägten Exzentriker das Bild des Mannes im Kasten. Doch bei Hertha BSC gibt Tjark Ernst dem klassischen Klischee keine Bühne. Ganz im Gegenteil, wie die Berliner Zeitung berichtet, wirkt der 22-Jährige ruhig, konzentriert und fast unspektakulär in seinem Auftreten bei den Berlinern.
Tjark Ernst kommt als Vize-Europameister der deutschen U21 zurück ins Hertha-Trainingslager in Kitzbühel. Beim EM-Turnier in diesem Sommer überzeugte er in der Vorrunde mit einem beherzten Auftritt gegen England und rückte damit nicht nur ins Rampenlicht der Nachwuchsnationalmannschaft, sondern weckte auch Interesse bei anderen Klubs. Sein Debüt bei der Endrunde kam zustande, als er den eigentlichen Stammkeeper Noah Atubolu vertrat und einen 2:1-Sieg einleitete. Zwar verlor das Team von Trainer Antonio Di Salvo später das Endspiel knapp, dennoch hinterließ Ernst einen bleibenden Eindruck.
Im Klub ist die Ausgangslage zurzeit eindeutig. Marius Gersbeck, der Konkurrent auf der Torwartposition, kann nach seiner Schulteroperation nur eingeschränkt trainieren und fällt vorerst aus. Die weiteren Keeper im Kader, wie Dennis Smarsch, Robert Kwasigroch und Burak Özkanli, gelten derzeit bestenfalls als Herausforderer, aber niemand verlangt Ernst ernsthaft den Stammplatz ab. Auch Tim Goller steht nach einer eigenen Verletzung lange nicht zur Verfügung.
Das macht Ernst nicht nur sportlich zur klaren Nummer eins, sondern bringt auch eine Herausforderung mit sich: Ohne den ständigen Druck eines nahezu ebenbürtigen Kontrahenten kann die mentale Schärfe im Torwartteam leiden. Früher sorgten Duos wie Gabor Kiraly und Christian Fiedler oder später Rune Jarstein und Thomas Kraft für den nötigen Konkurrenzkampf. Jetzt ist Ernst als unangefochtener Rückhalt im Aufstiegsrennen gefordert.
Charakterlich hebt Ernst sich ebenfalls ab. In einer Position, die oft Querdenker und Individualisten hervorbringt, bleibt er gelassen – was Cheftrainer Stefan Leitl vermutlich beruhigt schlafen lässt. An Kuriositäten wie die berühmte Jogginghose und Torlattenwürfe von Kiraly schließt er nicht an. Ernst hat selbst einmal offenbart: „Das erste Wort, das ich als Baby sagen konnte, war: ‚Ba‘, für Ball.“ Einen kleinen Tick bringt er also vielleicht doch mit.
Der Fokus im Trainingslager richtet sich nun klar auf die Saisonvorbereitung und die „Mission Aufstieg“. Ernst muss als jüngster und zugleich gesetzter Torhüter nicht nur sportlich, sondern auch psychologisch stabil sein. Die besondere Wertung seiner ruhigen Art: Ein moderner Keeper braucht keine große Show – manchmal reicht es, einfach ein guter, beständiger Torwart zu sein.
Quelle: Berliner Zeitung