“Vieles lief von alleine” | OneFootball

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Icon: DSC Arminia Bielefeld

DSC Arminia Bielefeld

·30. Oktober 2020

“Vieles lief von alleine”

Artikelbild:“Vieles lief von alleine”

Einer von den Spielern, die in ihrer Karriere sowohl das Trikot Arminias als auch das Trikots des BVB, trugen, ist der Südafrikaner Delron Buckley. Auch wenn der sympathische Linksfuß nur ein Jahr beim DSC spielte (2004/2005), schaffte er es in dieser Zeit, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. 15 Bundesligatreffer und drei Assists in 29 Spielen sei Dank – wir haben vor unserem Heimspiel gegen Borussia Dortmund mit Delron gesprochen. Im Gespräch mit der HALBVIER erzählt uns der heute 42-Jährige u.a., warum es für ihn in Bielefeld so gut lief, für welchen heutigen Weltmeister er zu BVB-Zeiten immer gerne den Chaffeur spielte und wie 2018 er beim südafrikanischen “Dancing with the Stars” abschnitt.

Delron, 1994 bist du als 16-Jähriger nach Deutschland gekommen. Wie waren die ersten Tage im neuen Land? Es war ein Kulturschock. Ein Südafrikaner ist Sommer und Wärme gewohnt. Als ich in Deutschland ankam, habe ich direkt das erste Mal in meinem Leben Schnee gesehen, zudem war es tierisch kalt. Ich musste in der Kälte trainieren, was ich so natürlich auch nicht kannte und habe einige Zeit gebraucht, um mich daran zu gewöhnen – das hat etwas gedauert, aber irgendwann war es dann normal für mich.


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Nach fast zehn Jahren in Bochum bist du im Sommer 2004 nach Bielefeld gekommen – wie würdest du das eine Jahr in Bielefeld beschreiben? Für mich war das eine der besten Saisons in meiner ganzen Karriere. Ich kam nach Bielefeld und hatte eine super Mannschaft um mich herum – auch deswegen konnte ich so viele Tore schießen. Der Trainer (Anm. d. Redaktion, Uwe Rapolder) hat häufig die richtigen Worte gefunden und uns auf die Spiele super eingestellt. Wir haben richtig guten Fußball gespielt und es auf diese Art und Weise auch geschafft, große Mannschaften in der SchücoArena zu schlagen. Ich habe in Bielefeld geheiratet und meine erste Tochter, Charlize, ist in Bielefeld geboren. Es ist auf jeden Fall etwas sehr Besonderes gewesen.

Du hast unfassbar abgeliefert. Ein Beispiel ist, dass du in sechs (!) aufeinanderfolgenden Partien für Arminia immer getroffen hast. Außergewöhnlich, oder? Ich hatte Glück mit allem – der Trainer hat uns so spielen lassen, dass ich der Zielspieler war. Das hat richtig gut funktioniert. Vieles lief von alleine. Die Mitspieler haben mich immer in den Schnittstellen gesucht, das haben wir im Training immer wieder trainiert. Mein Torinstinkt war in Bielefeld extrem ausgeprägt, fast jeder Schuss war damals gefühlt ein Treffer.

Erinnerst du dich an den 13. Februar 2005? Nicht auf Anhieb, nein.

Wir hatten ein Heimspiel gegen Bayern München. Es lag Schnee. Achso, jetzt erinnere ich mich. War das das Ligaspiel gegen die Bayern?

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Ja. Eins der größten Spiele meiner Karriere. Ich wollte immer gegen Oliver Kahn treffen, hatte es schon das eine oder andere Mal versucht, aber es hat nie so richtig geklappt. Ich weiß noch, dass es an diesem Februartag extrem kalt war und auch ordentlich Schnee auf dem Rasen lag. Im Spiel kam ich dann zu guten Möglichkeiten, weil ich meine Schnelligkeit ausnutzen konnte und Uwe Rapolder einen guten Plan für das Duell hatte. Ich habe immer wieder Bälle in die Gasse bekommen und konnte zweimal netzen. Als die Bälle einschlugen und die Fans explodiert sind, war ich extrem glücklich – auch, weil ich nun endlich gegen den Titan getroffen hatte. Für mich war das ein absoluter Glückstag und wir gewannen 3:1. Weniger gut lief es dann leider zwei Monate später.

Du meinst das DFB-Pokal-Halbfinale gegen die Bayern, bei dem du kurz vor Schluss vom Platz geflogen bist. Genau. Ich war sauer, weil der Schiedsrichter einen in meinen Augen unberechtigten Elfmeter pfiff. Dann sind mir dummerweise die Sicherungen durchgebrannt und ich habe die rote Karte gesehen. Nach der Aktion wurde ich tatsächlich sechs Spiele gesperrt, was extrem bitter war.

Weil du damit quasi deine Zeit beim DSC beendet hattest. Ja, das hat mir das Herz gebrochen. Die Fans haben mich geliebt und uns unfassbar in jedem Spiel angepeitscht. Ich wurde für den Rest der Saison gesperrt und musste die restlichen Spiele von der Tribüne aus verfolgen. Das war alles andere als leicht und natürlich nicht der Abschied, wie ich ihn mir erhofft hatte.

Im Sommer darauf ging es für dich dann zum BVB. Wie bewertest du die Zeit in Dortmund? Es war nicht wirklich einfach für mich. Dortmund holte mich als Linksaußen, da ich so mein Tempo einsetzen und Flanken schlagen sollte. Jan Koller, der 2 Meter lange Stürmer, sollte davon profitieren, verletzte sich dann aber mit einem Kreuzbandriss kurz nach meiner Ankunft schwer. Dazu kamen noch finanzielle Probleme, die im Verein für Unruhe sorgten. Die BVB-Fans hatten natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung und die konnte ich nicht immer erfüllen – wenn dann auf einmal 80.000 im Stadion sind, macht das natürlich auch etwas mit dir, weswegen ich schon etwas in ein Loch gefallen bin.

Was hatte es mit der Fahrgemeinschaft Buckley-Hummels auf sich? Mats kam im Alter von 17 Jahren nach Bielefeld und mir war es als erfahrener Spieler wichtig, Neuzugänge und junge Spieler bei der Integration zu helfen, schließlich kannte ich diese Situationen nur zu gut. Auf dem Weg zum Trainingsgelände bin ich automatisch immer an Mats‘ Wohnung vorbeigefahren, der damals noch keinen Führerschein hatte. Mats und seine Freundin, die damals studierte, hatten zusammen nur ein Auto, weswegen ich dann angeboten habe, ihn immer mitzunehmen. Für mich war das selbstverständlich, ihm zu helfen.

Vielleicht lässt sich ja hier auch schon dein väterlicher Instinkt erahnen. Du lebst mit deinen drei Töchtern Charlize, Jada und Meliah und deiner Frau in Durban, Südafrika. Wie sieht dein Alltag momentan aus? Ihr habt die beiden Hunde vergessen – wir haben einen Magier Whistler und einen Great Dane, ein Riesenpferd. Meine Frau bringt die Kinder morgens zur Schule. Ich bin Co-Trainer bei einem Profi-Verein in Durban, Maritzburg United. Ich brauche immer gut eine Stunde mit dem Auto zum Training. Wir haben in unserem Verein sehr gute Bedingungen – wir trainieren fast täglich. Nach dem Trainings sitzen wir als Funktionsteam noch oft zusammen und besprechen diverse Dinge. In der Regel bin ich dann gegen 16 Uhr zuhause. Um diese Uhrzeit herum kommen meine Töchter auch nach Hause und dann helfe ich gerne bei Hausaufgaben.

Vor einigen Jahren hast du zudem noch eine Fußballakademie eröffnet. Fußball spielt weiterhin eine große Rolle in meinem Leben, das ist klar. Ich habe die B-Lizenz gemacht, als ich bei Amazulu Durban Co-Trainer war. Zu der Zeit habe ich gemerkt, dass es vielen Kindern und Jugendlichen an “Basics” fehlt, weswegen ich mich dazu entschlossen habe, eine Akademie zu gründen, in der eben solche Sachen trainiert werden. Wenn ein 17- oder 18-Jähriger zu den Profis kommt, sollte er gewisse Dinge im Fußball beherrschen. Daher versuchen wir mit unserer Akademie, den Jungs so gut es geht zu helfen – bisher funktioniert es wirklich super.

Wir haben kürzlich auch mit Ernst Middendorp gesprochen, der zu dieser Zeit in Südafrika weilte – mittlerweile ist er in Äthiopien. Hattet ihr auch miteinander zu tun? Klar, Ernst Middendorp hat mich 2012 als nach Südafrika zu Maritzburg United geholt – zu dem Verein, bei dem ich heute als Co-Trainer arbeite. Ich habe dann zwei Jahre unter ihm gearbeitet und seinen Weg natürlich weiterhin verfolgt. Vor einiger Zeit traf er mit seinem damaligen Team, den Kaizer Chiefs, auf Amazulu. Das Spiel habe ich als Experte im TV kommentiert, weswegen sich unsere Wege vor dem Spiel gekreuzt haben. Natürlich haben wir etwas gequatscht und uns ausgetauscht.

Du hast bei der WM 1998 und bei der WM 2002 mitgewirkt – wie war es, dein Land dort zu vertreten? Für mich war es das größte Erlebnis. Die Erfahrung, die ich dort sammeln durfte, war einzigartig. Sich mit den größten Spielern der Welt messen zu dürfen, war überragend, weswegen ich das sicherlich nicht vergessen werde. Nicht jeder Spieler kann eine WM spielen, ich habe an gleich zwei Weltmeisterschaften teilgenommen.

Du schaust auch in sportlicher Hinsicht über den Tellerrand hinaus und hast 2018 Jahr bei der Show “Dancing With The Stars” gezeigt, dass du auch auf dem Tanzparkett abliefern kannst. War das etwas, was du immer schon mal ausprobieren wolltest? Genau (lacht). Tanzen kann ich. Ich wollte das gerne  probieren und dann kam die Anfrage vom Fernsehen. Ich habe mich gefreut und gerne mitgemacht, wobei ich sagen muss, dass es echt verdammt hart war. Ich musste acht Stunden am Tag trainieren, Choreos einstudieren – dabei habe ich Muskelpartien meines Körpers kennengelernt, von denen ich im Vorfeld gar nicht wusste, dass diese existieren. Es war eine große Herausforderung, die mir aber sehr viel Spaß gemacht hat. Die paar Minuten, die ich vor der Jury und dem Publikum tanzen musste, war ich nervöser, als bei einem normalen Fußballspiel vor Tausenden von Zuschauern. Das war für mich ein komplett neues Gefühl. Von zwölf Personen bin ich Sechster geworden – nicht schlecht als Fußballer, oder?

Absolut. Lass uns zum Abschluss nochmal auf den DSC gucken. Verfolgst du Arminia in Durban? Klar, ich habe zuhause deutsches Fernsehen und kann dadurch alle Spiele verfolgen. Als Aufsteiger macht Arminia seine Sache gerade ganz gut – man darf nie vergessen, dass es einen großen Unterschied zwischen zweiter und Bundesliga gibt. Ich glaube, dass Uwe Neuhaus ein guter Trainer ist und er weiß, wie der Hase läuft. Der DSC hat eine dynamische und taktisch gut eingestellte Mannschaft, die durchaus in der Lage ist, in der Liga zu bestehen.

Ist am Samstag also etwas drin? Im Fußball ist bekanntlich alles möglich. Von daher glaube ich, dass es ein enges Spiel wird. Am Ende entscheidet wohl die Tagesform.

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