„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer: „Die Derbys waren Wahnsinn!“ | OneFootball

„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer: „Die Derbys waren Wahnsinn!“ | OneFootball

Icon: Österreichische Fußball-Bundesliga

Österreichische Fußball-Bundesliga

·3. Mai 2024

„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer: „Die Derbys waren Wahnsinn!“

Artikelbild:„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer:  „Die Derbys waren Wahnsinn!“

„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer: „Die Derbys waren Wahnsinn!“

3. May 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Artikelbild:„Mr. OÖ“ Georg Zellhofer:  „Die Derbys waren Wahnsinn!“

Kein Bundesland hat so viele Klubs in die Bundesliga gebracht wie Oberösterreich. Zu den meisten von ihnen hat Georg Zellhofer einen direkten Bezug. Hier spricht der 63-Jährige über kultige Derbys, märchenhafte Aufstiege und schmerzhafte Abgänge.


OneFootball Videos


Der erste Klub, der als amtierender Meister in die neu geschaffene Bundesliga ging, kam aus Oberösterreich. Der SK VÖEST Linz gewann überraschend den Nationalliga-Titel 1974 und wollte diesen natürlich verteidigen, scheiterte aber an Wacker Innsbruck. „Ich habe als junger Fan aus der Ferne mitgezittert, war immer schon Anhänger von den ‚Koksern‘, wie die Werksspieler damals genannt wurden“, erzählt Georg Zellhofer. 1980 wechselte er dann selbst zu „seinem“ Klub – der Eintritt ins Fußball-Paradies. „Ich saß in der Kabine neben Erwin Fuchsbichler und Willy Kreuz, die ich bis dahin im Fernsehen bewundert habe. Zudem hatten wir Top-Spieler wie Thomas Parits oder Ove Flindt – das war schon eine Spitzen-Truppe.“

Elf Jahre stand Zellhofer bei den VÖESTlern unter Vertrag (mit einem Jahr Leihe zu Sturm), vom Meister-Traum hat man sich in der Zeit sukzessive verabschiedet, sogar den zwischenzeitlichen Abstieg galt es zu verkraften. Trotzdem waren die Derbys gegen den Linzer Rivalen LASK ganz große Highlights. „Das war eine Rivalität, das kannst du dir nicht vorstellen. Die Schwarz-Weißen waren fanmäßig in der Überzahl, wir ‚Kokser‘ haben dagegengehalten, es gab wochenlang kein anderes Thema. Ein Wahnsinn!“

Dabei war Zellhofer von enthusiastischen Anhängern einiges gewohnt. Denn vor seinem Wechsel nach Linz kickte er von 1977 bis 1980 drei Saisonen bei Vorwärts Steyr, damals noch in der 2. Liga. „Dort gab es eine unglaubliche Fankultur, ich kann mich an Cup-Spiele vor 9.000 Fans erinnern. Die haben dort Fußball gelebt“, erzählt Zellhofer, der den Aufstieg 1988 aus der Linzer Ferne beobachtete. „Es war schon beachtlich, was für Top-Leute dort waren. Otto Baric als Trainer, Peter Stöger als Nationalspieler. Und wirklich starke Legionäre!“ Allen voran natürlich der große Starspieler aus der Ukraine, Oleg Blochin. Aber auch Ladislav Petras, WM-Teilnehmer 1970 mit der damaligen Tschechoslowakei, beehrte den Verein. „Ewig schade, dass man dort irgendwann brutto mit netto verwechselte und der Konkurs nicht mehr zu verhindern war“, findet Zellhofer.

Dessen aktive Karriere ging im Sommer 1992 zu Ende – und zwar ausgerechnet beim LASK! Nach elf Jahren, mehr als 300 Spielen und dem Wiederaufstieg in die Bundesliga wollte Zellhofer seine Karriere eigentlich beim FC Stahl Linz, wie der Klub nach dem Rückzug der VÖEST hieß, ausklingen lassen und als Jugendtrainer dort einsteigen. Doch der Verein hatte andere Pläne. „Das war ein unrühmlicher Abgang, der mir bis heute wehtut“, sagt Zellhofer. „Ein neuer Manager kam und hat mir ab der ersten Minute klargemacht, dass er mich nicht mehr will. Das war bitter!“

Also schlug der Rivale zu, der große LASK, das eigentliche Flaggschiff des oberösterreichischen Fußballs, der erste Meister außerhalb Wiens (1965). Der damals allerdings nur in der 2. Liga spielte, ein Indiz dafür, wie wechselhaft die Geschichte der Schwarz-Weißen in den letzten 50 Jahren war. Von tristen Partien in der Regionalliga bis zu Europacup-Schlachten gegen den FC Liverpool war alles dabei. Doch der aktuelle Trend, da ist sich Zellhofer sicher, ist ein positiver: „Mit dem tollen Stadion und der Infrastruktur haben sie sich eine starke Basis geschaffen, um dauerhaft zu den Top-4-Teams in Österreich zu gehören. Davor waren sie ja praktisch heimatlos, mussten eine Zeit lang sogar in Pasching spielen.“

Was für ein Stichwort! Denn Oberösterreich ist auch das Land der gallischen Dörfer, der Riesentöter, wo man aus geringen Mitteln viel auf die Beine stellt. Zellhofer war als Trainer erste Reihe fußfrei dabei, als der SV Pasching 1996 als Sechstligist startete und sich plötzlich im Meisterschaftskampf der Bundesliga wiederfand. „Das muss man sich mal vorstellen“, kommt er auch 20 Jahre später aus dem Lachen kaum heraus. „Die Spieler, die eben noch mit dem Fahrrad zum Training kamen, sitzen auf einmal im Flieger nach St. Petersburg und halten dort gegen Zenit mit, das praktisch nur aus Nationalspielern und Stars wie Arschawin oder Kerschakow bestand.“

Ein Märchen. Allerdings eines ohne Happy End, denn als Zellhofer nicht mehr an Bord war, verkaufte der damalige Präsident Franz Grad die Lizenz nach Kärnten. So wie der Spediteur bereits 1997 eine der treibenden Kräfte war, dass der FC Linz in den LASK aufging und damit von der Bildfläche verschwand. „Ich kann mir vorstellen, dass Grad die Lizenz nicht verkauft hätte, wenn ich damals als Trainer geblieben wäre. Aber ich kann ihn auch verstehen, denn finanziell war das Ganze schon ein Kraftakt.“

Auch beim anderen großen oberösterreichischen Underdog, der SV Ried, stand Zellhofer unter Vertrag. Ohne allerdings auch nur ein Spiel gecoacht zu haben. Eine Kuriosität, die er heute so erklärt. „Ich wollte mir 2008 nach meiner Zeit bei der Austria eine Auszeit nehmen, Stefan (Anm.: Reiter, Ried-Manager) hat mich aber überredet, als Trainer zu kommen. Doch dann wurden einige Abmachungen nicht eingehalten, ich habe gesagt, so mache ich es nicht. Das hätte ich aus heutiger Sicht nicht unbedingt gebraucht.“

Trotzdem spricht Zellhofer mit höchster Anerkennung über die Erfolge, die im Innviertel erzielt wurden. Zwei Cup-Titel, die Vizemeisterschaft, die Konkurrenz fragte sich oft, woraus das Erfolgsgeheimnis der „Wikinger“ besteht. Zellhofers Antwort: „Stefans Bauernschläue! Er hat immer rechtzeitig übernasert, was zu tun ist, hatte ein Gespür für Spieler, die woanders nicht glücklich waren, aber gut nach Ried passten. Und er hatte mit Klaus Roitinger einen Trainer, mit dem er ein kongeniales Duo bildete.“

Dass heute Linz die einzige Stadt neben Wien ist, in der es ein Derby gibt, sieht Zellhofer positiv, auch wenn Blau-Weiß für ihn emotional nie der echte Nachfolgeklub der VÖEST-Kicker war. „Aber davor, dass sie es bis in die Bundesliga geschafft haben und dort jetzt in einem Schmuckkastl spielen, muss ich den Hut ziehen. Sie haben die Gunst der Stunde genutzt.“

Davon ist der siebente OÖ-Klub, der es zu Bundesliga-Ehren gebracht hat (so viele wie kein anderes Bundesland), weit entfernt. Von 1982 bis 1984 kickte der FC Union Wels auf höchster Ebene, ehe er finanziell aufgerieben wurde und ins Unterhaus abstieg. Mittlerweile kickt der Klub als FC Wels (nach einer Fusion mit Eintracht 2003) in der Oberösterreich Liga.

Aber er wäre ja nicht der erste Verein, der von dort aus eine Erfolgsgeschichte made in Oberösterreich starten würde.

Die Bundesligageschichte des Bundeslandes im Video:

To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video

Fotos: GEPA pictures, Votava / brandstaetter images / picturedesk.com

Redakteur: Markus Geisler

Impressum des Publishers ansehen