FC St. Pauli vs. Holstein Kiel 5:1 – Theater der Traumtore | OneFootball

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MillernTon

·18. September 2023

FC St. Pauli vs. Holstein Kiel 5:1 – Theater der Traumtore

Artikelbild:FC St. Pauli vs. Holstein Kiel 5:1 – Theater der Traumtore

Mit 5:1 gewinnt der FC St. Pauli gegen Holstein Kiel und beendet damit seine Sieglos-Serie. Basis für den Erfolg war die spielerische Klasse, ursächlich gleich vier Traumtore des FCSP. Die Analyse.(Titelbild: Peter Böhmer)

Bevor wir zum sportlichen Geschehen kommen: Es gab während der ersten Halbzeit einen medizinischen Notfall im Gästebereich. Infolgedessen wurde der Support von beiden Seiten eingestellt. Die betroffene Person wurde lange aufgrund von Herz-Kreislauf-Problemen behandelt und in der Halbzeit aus dem Stadion gebracht. Die Person ist mittlerweile wieder stabil, wie aus Kiel zu hören ist.Wir vom MillernTon wünschen weiterhin gute Besserung!


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Die Aufstellung

Das Warten hatte um 12:30 Uhr am Sonntag ein Ende: Connor Metcalfe lautete der Ersatz für den verletzten Jackson Irvine. Das war etwas überraschend, es durfte eher mit Eric Smith auf dieser Position gerechnet werden. Neben Irvine fielen auch kurzfristig Manos Saliakas und David Nemeth erkrankt aus. Für Saliakas kam Philipp Treu in die Startelf. Und durch diese Ausfälle in der Defensive kam es dann auch zu einem Debüt: Defensivspezialist Tjark Scheller, Anfang des Jahres von der zweiten Mannschaft von Schalke 04 zur U23 des FCSP gekommen, stand im Kader.

Agilität mit Eggestein

Eine weitere personelle Veränderung gab es – und wer die Pressekonferenz vor der Partie gesehen hat, dürfte davon nicht überrascht gewesen sein: Johannes Eggestein stand anstelle von Andreas Albers in der Startelf. Man kommt dabei nicht umhin festzustellen, dass Fabian Hürzeler ein schlechter Schauspieler ist. Denn auf der PK merkte man schon, dass er sich ertappt fühlte, als ihm die Frage gestellt wurde, ob man gegen die turmhohen Kieler mehr Agilität bringen könnte (hier ab Minute 8:00). Mit dem Startelfeinsatz von Eggestein jedenfalls, so zeigte es sich direkt vom Anpfiff weg, wurde definitiv die richtige Entscheidung getroffen.

Halbe Defensive fehlt

Auch bei Holstein Kiel gab es kurzfristige Veränderungen: Patrick Erras konnte aufgrund eines Zehenbruchs nicht spielen und auch der richtig starke Colin Kleine-Bekel fiel erkrankt aus, sodass die Kieler mit Becker und Komenda zwei neue Innenverteidiger aufstellten. Da auch Carl Johannsson noch nicht wieder fit war, fehlten den Kielern sogar gleich drei Innenverteidiger von Stammspielerformat.Die Kieler starteten wie erwartet in einem 3-1-4-2, stellten aber noch im Verlauf der ersten Halbzeit um.

Artikelbild:FC St. Pauli vs. Holstein Kiel 5:1 – Theater der Traumtore

Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen Holstein Kiel

Traumstart mit Traumtoren

In den ersten fünf Saisonspielen zeigten beide Teams eine sehr klare Spielweise. Der FCSP agierte dominant, während die Kieler viel Gefahr in Umschaltmomenten ausstrahlten. Genau diese beiden Spielweisen waren auch am Sonntag am Millerntor von Beginn an deutlich erkennbar. Was neu war aus Sicht des FC St. Pauli? Tore. Und was für welche! Da triffst Du vorher zuhause gar nicht und dann ist das Thema Torarmut nach acht Minuten dank zweier Traumtore komplett vergessen. Ich bin sicher, dass wir mindestens das Tor von Metcalfe im Oktober nochmal begutachten können. Dann nämlich, wenn das „Tor des Monats“ gewählt wird.

Viel Raum im Zwischenraum

Der FC St. Pauli agierte mit dem Ball gewohnt flexibel in den Positionierungen. Mal bauten sie mit zwei Innenverteidigern und drei Spielern davor initial auf (die Schienenspieler rückten in die Halbräume), also einer Art 2-3-5. Mal agierten Metcalfe und Smith als Doppelsechs, flankiert von beiden Schienenspielern, also in einer 2-4-4-Positionierung. Während der FCSP in den Partien vor der Länderspielpause öfter mit dem 2-4-4 aufbaute, war es dieses Mal eher das 2-3-5, welches häufiger gewählt wurde und auch oft erfolgreich war.

Widmen wir uns also dem 2-3-5 des FC St. Pauli etwas mehr, weil Kiel damit auch einige Probleme hatte: Bei Ballbesitz des FCSP ordnete sich Holstein Kiel in einem 5-4-1 an. Allerdings nicht mit einer Viererkette im Mittelfeld, sondern mit einer Raute. Machino stellte ganz vorne die direkten Passwege zwischen den Innenverteidigern zu, Pichler agierte mannorientiert auf Eric Smith. Die Probleme für Kiel verursachten dann die einrückenden Schienenspieler des FCSP.

Denn durch deren Einrücken wurden die beiden Achter von Holstein Kiel, Skrzybski und Ivezic, vor die Frage gestellt, ob sie die Schienenspieler anlaufen oder mit den beiden FCSP-Achtern, Hartel und Metcalfe, mitziehen. Da sie durch das Mitziehen mit den gegnerischen Achtern dem FCSP quasi kampflos zwei Drittel des Spielfeldes hergeschenkt hätten, blieben sie oft im Raum stehen. Dadurch waren aber Metcalfe und Hartel oft frei in den Zwischenräumen zugange, weil auch die beiden Kieler Innenverteidiger, Schulz und Komenda, ihre Positionen nicht auflösten. Somit stand Sander als alleinige Sechs oft gegen die beiden Achter des FCSP – ein massives Problem für Kiel und die Erklärung, warum der FCSP die ersten Spielminuten so enorm druckvoll gestalten konnte.

Weiner-Behandlung wird genutzt

Nach etwa 20 Minuten reagierte Kiels Trainer Marcel Rapp auf die Probleme in den Zwischenräumen und stellte auf ein 4-2-3-1 (defensiv) und 4-2-2-2 (offensiv) um. So konnte nun eine Kieler Doppelsechs (Sander und Izevic) die Achter des FCSP und auch den spielfreudigen Johannes Eggestein etwas besser kontrollieren. Finn Porath löste seine Position auf der rechten Schiene und wechselte ins rechte Mittelfeld, Schulz agierte als rechter, Rothe als linker Verteidiger. Das Problem für Holstein Kiel: Es stand zu diesem Zeitpunkt bereits 2:0 für den FC St. Pauli. Und die Kieler nahmen sich mit dieser Umstellung etwas selbst den Wind aus den Segeln (mussten sie aber auch), weil sie das Tempo ihrer Schienenspieler nicht mehr so direkt in der Offensive einsetzen konnten, wie sie es mit einer Fünferkette hätten tun können.

Interessant ist auf jeden Fall, wann genau es zur Umstellung kam. Nämlich kurz nach der Behandlung von Kiels Torwart Weiner. Der saß in der 21. Minute plötzlich auf dem Boden und „musste“ behandelt werden. Kurz zuvor, das zeigen die TV-Bilder, flüsterte ihm ein Betreuer der Kieler etwas ins Ohr. Während Weiner dann behandelt wurde, liefen fast alle Kieler Feldspieler zur Bank und besprachen sich, auch mit Trainer Rapp und – schwupps! – plötzlich stand da eine Kieler Viererkette auf dem Platz…

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Das Positionsspiel von Holstein Kiel zum Start und die erfolgte Umstellung während der Partie gegen den FC St. Pauli.

links: Im 5-4-1 mit einer Mittelfeldraute hatten die Kieler große Probleme mit den Achtern des FCSP, weil diese recht easy den Zwischenraum vor der Kieler Innenverteidigung belaufen konnten.

rechts: Nach gut 20 Minuten stellte Kiel auf ein 4-2-3-1 (defensiv) und 4-2-2-2 (offensiv) um und hatte damit zwar besser die Halbräume im Griff, nahm sich aber selbst etwas offensive Power.

In Umschaltmomenten enorm stark

Das Spiel veränderte sich nach dieser Umstellung deutlich. Zwar gelang es dem FC St. Pauli auch weiterhin dominant aufzutreten, aber die Zwischenräume hatten die Kieler nun etwas besser im Griff. Und zum ersten Mal in der Partie zeigte sich dann auch gleich mehrfach, wie gefährlich Holstein Kiel in offensiven Umschaltmomenten werden kann. Zwar gelang den Kielern kein Treffer aus Umschaltmomenten, aber trotzdem gelang es bisher keinem anderen Team so oft so gefährlich gegen den FCSP umzuschalten. Das Problem für Kiel: Mitten in die stärkste Phase des Teams knallte Dapo Afolayan den Ball zum 3:0 ins Netz. Und mit dieser Führung ging es dann auch in die Halbzeitpause.

23 Holtby-Minuten

Den Start in die zweiten 45 Minuten bezeichnete Fabian Hürzeler dann im Anschluss an die Partie als „worst case“. Lewis Holtby wurde für Porath eingewechselt und die taktische Umstellung damit komplettiert. Holtby sollte in seinen rund 23 Einsatzminuten einiges auf dem Platz bewegen. Zuerst wurde er mit einer gelben Karte auffällig. Wenige Sekunden danach schloss er einen ganz feinen Angriff der Kieler zum 1:3 ab. Das Spiel hätte an dieser Stelle vielleicht kippen können. Hürzeler sagte nach dem Spiel, dass er mit seinem Team besonders in der Phase kurz nach dem Anschlusstreffer zufrieden war. Der FCSP brauchte einen kurzen Moment um sich zu schütteln, fand dann aber fix wieder zu seinem dominanten Spiel zurück.

Zurück zu Lewis Holtby: In der 60. Minute kam er gegen Metcalfe zu spät. Zwar zog er seinen Fuß noch weg, aber er traf seinen Gegenspieler mit voller Wucht, sodass Metcalfe lange behandelt werden musste. Keine Frage, ein sehr hartes Einsteigen. Aber auch eines für das er Gelb-Rot hätte sehen müssen? In den Augen von Schiedsrichter Bastian Dankert nicht, was zu massiven Verstimmungen auf den Rängen führte. Nach mehrfacher Sichtung der Szene im Nachgang bin ich der Meinung, dass die Entscheidung in beide Richtungen vertretbar gewesen wäre, allerdings mit einem klaren Ausschlag in Richtung Platzverweis. Ich denke auch, dass Holtby die gelbe Karte gesehen hätte, wenn er nicht bereits vorher verwarnt worden wäre. Dankert zeigte dann immerhin kurze Zeit danach, dass er besagtes Fingerspitzengefühl besitzt, als er den bereits verwarnten Elias Saad nach einem taktischen Foul ebenfalls auf dem Feld beließ.

Artikelbild:FC St. Pauli vs. Holstein Kiel 5:1 – Theater der Traumtore

Dapo Afolayan war für den „am wenigsten schönen“ Treffer des FC St. Pauli verantwortlich – und der war immer noch sehr ansehnlich.

// (c) Peter Böhmer

Ritzka beruhigt die Partie

Die zehn Minuten zwischen dem Holtby-Foul und dem 4:1 durch Lars Ritzka waren dann ziemlich wild. Die Kieler hatten in dieser Phase zwar etwas mehr Druck aufbauen können. Aber der FCSP wurde, ganz ungewohnt, in mehreren Umschaltmomenten gefährlich, hatte große Räume in der Offensive, weil Kiel nun mehr riskierte. Die fast logische Folge der vielen Räume war dann das vierte FCSP-Tor des Sonntags, das dritte welches in der Vorauswahl zum Tor des Monats aufploppen dürfte.

Mit dem vierten Treffer des FC St. Pauli war die Partie dann entschieden und Kiel verlor merklich den Willen, an dieser nun mehr denn je drohenden Niederlage noch etwas zu verändern. Zwar musste und konnte sich Vasilj noch einmal auszeichnen, als er einen Kopfball klasse aus dem Eck fischte und Kiel kam auch noch weitere Male etwas gefährlicher vor das Tor. Aber so richtig Druck war einfach nicht mehr auf dem Kessel. Die Partie endete dann so, wie sie anfing – mit einem Traumtor. Marcel Hartel schlenzte einen Ball herrlich ins lange Eck und schraubte den Traumtor-Counter an diesem Tag damit auf vier.

Weiter ungeschlagen – mit neuem Personal

So gewinnt der FC St. Pauli am Ende gegen Holstein Kiel deutlich mit 5:1. Es ist ein verdienter Erfolg, bei dem der FCSP endlich mal aus seinen Chancen auch die Tore machte. Fünf Treffer waren in diesem Fall sicher etwas maßlos, aber nach den letzten Spielen war der „Spielglück-Eimer“ auch bis zum Rand gefüllt, kippte dann einfach mal komplett in Form von Traumtoren aus, während jener der Kieler bekanntlich schon in den letzten Spielen gut geleert wurde. Und trotzdem: Wenngleich der FC St. Pauli verhältnismäßig viele Chancen zuließ und fünf eigene Treffer sicher zu viele sind, so war er auch am Sonntag gegen Kiel das bessere Team und belohnte sich für seine aufwendige Spielweise.

Und jetzt mal ehrlich: Wer von Euch hatte das gedacht nach der Irvine-Verletzung und den kurzfristigen Ausfällen von Saliakas und Nemeth kurz vor Anpfiff? Die Fragezeichen und Unsicherheit war doch relativ groß. Dieses Spiel hatte nicht nur Traumtore zu bieten, sondern auch den ein oder anderen FCSP-Spieler aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht gerückt. Egal, ob Treu, Metcalfe oder Eggestein – alle haben ein fettes Ausrufezeichen gesetzt (ich habe mich lange nicht mehr so auf die Stimmen- und Statistiken-Artikel gefreut).

Aufgrund der Ergebnisse auf den anderen Plätzen, ist der FC St. Pauli dann plötzlich richtig gut auf Kurs, nur drei Punkte von der Tabellenspitze entfernt. Und das einzige ungeschlagene Team der Liga.Immer weiter vor!// Tim

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