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·26. September 2022
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Aktuell befinden sich zahlreiche Spieler, auch aus der Bundesliga, auf Länderspielreise. Für die Fußballprofis, die nicht für die Nationalmannschaft nominiert sind, ist die derzeitige Abstellperiode die letzte Chance zur Regeneration für einen längeren Zeitraum.
Denn: Bis zum Wochenende vor dem Start der WM 2022 in Katar macht der Fußball keine Pause. Teams, die im Europapokal vertreten sind, spielen ausschließlich in englischen Wochen bis zum Wochenende rund um den 12. November. Gut eine Woche später steht das Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft an. Der Kalender ist also vollgepackt bis oben hin.
Die Belastung von Profisportlern hat in den letzten Jahren zugenommen. Der Rahmenterminkalender im Fußball spitzt sich immer weiter zu und schon frühzeitig war klar, dass das WM-Jahr aufgrund des Turnieres im Winter besonders betroffen sein wird. Dass es zu einer höheren Belastung kommen wird, stand also früh fest. Klubs, die es sich leisten konnten, hatten die Chance, bei der Kaderplanung für eine Verstärkung in der Breite zu sorgen, um die Strapazen besser bewältigen zu können. Das trifft aber nicht auf alle Vereine zu.
Als Beispiel für die immense Belastung dient ein Bundesligaklub, der international spielt und nicht noch eine Zusatzbelastung durch einen Supercup hatte, Borussia Dortmund nämlich. Am 29. Juli absolvierte Dortmund gegen 1860 München die erste Runde im DFB-Pokal, also das erste Pflichtspiel der neuen Saison. Seitdem kamen neun weitere Spiele bis zum 17. September dazu. Doch jetzt wird es erst so richtig spannend.
Am 1. Oktober gegen den 1. FC Köln absolviert der BVB das zehnte Pflichtspiel der laufenden Saison, bis zur einsetzenden WM-Pause Mitte November werden noch elf (!) Partien hinzukommen. Kurzum: Es sind zwölf Pflichtspiele innerhalb von nur 42 Tagen. Nationalspieler, die nun beide Länderspiele bestritten haben, gehen Mitte November mit 24 absolvierten Spielen auf dem Buckel in eine Weltmeisterschaft ohne eine große Vorbereitungszeit, die der Regeneration dienen könnte.
Dieses Problem hat die Bundesliga natürlich nicht exklusiv, auch die Vertreter aus der Ligue 1, der Serie A, der Premier League oder La Liga werden mit hoher Belastung in die Pause gehen. Und insbesondere in England geht der Wahnsinn des engen Terminkalenders direkt nach der Weltmeisterschaft weiter. Zur Erinnerung: Bis zum 13. November findet der reguläre Ligabetrieb statt, am 20. November das Eröffnungsspiel in Katar. Das Endspiel zum Turnierabschluss gibt es dann am 18. Dezember diesen Jahres. Die Premier League startet mit dem traditionellen Boxing Day am zweiten Weihnachtsfeiertag, also nur etwa mehr als eine Woche später, wieder in den regulären Betrieb.
(Photo by GEOFF CADDICK/AFP via Getty Images)
In Frankreich sieht es nicht viel besser aus, für den 28. Dezember ist der Wiederauftakt in der Ligue 1 angesetzt. Viel Zeit zur Erholung haben die Nationalspieler also nicht, sofern sie nicht früh aus dem Turnier ausgeschieden sind. In Spanien geht es rund um den 31. Dezember weiter, die Spiele sind natürlich noch nicht fix terminiert. Die Serie A gönnt den Teams immerhin eine Ligapause bis zum 4. Januar des neuen Jahres, startet aber auch direkt im Mittwoch-Samstag-Rhythmus.
Eine der Top-5-Ligen macht bei der Hektik aber nicht mit: Die Bundesliga. Hier wirkt sich natürlich der Faktor der Anzahl der Teams in der Liga aus. Vier Spieltage weniger müssen im Vergleich absolviert werden, was generell schon eine bessere Verteilung der Belastung zur Folge hat. Hierzulande startet der Ligabetrieb nach der Weltmeisterschaft nämlich erst am Wochenende rund um den 24. Januar. Das bedeutet, dass nach dem Turnier in Katar einen Monat Zeit ist, um die Mannschaft auf die dann wieder stressige Phase in der Rückrunde vorzubereiten.
Im Umkehrschluss heißt das auch, dass deutlich besser auf die Bedürfnisse der Spieler eingegangen werden kann. Wer benötigt Regeneration, wer hat die Kapazitäten, um im Bereich der Schnellkraft oder Ausdauer intensiv zu arbeiten? All das kann mit inhaltlichem, taktischem Training unter einen Hut gebracht werden. Klar, die Vermutung eines Rhythmusverlustes liegt nahe, aber die Rahmenbedingungen sind nicht mit einer normalen Saisonvorbereitung zu vergleichen. Im Sommer fängt eine Gruppe quasi bei „0“ an, während der WM läuft der reguläre Trainingsbetrieb weitgehend weiter.
Ein gutes Beispiel, wie so etwas genutzt werden kann, ist der FC Bayern, als er bei Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 durch gezieltes und perfekt strukturiertes Training das eigene Level in der Belastung sehr gut hoch hielt, aber auch für Entlastung und Regeneration sorgte. So konnte der Rekordmeister bis zum Endspiel in der Königsklasse auf einem hohen Level spielen und sehr intensiven Fußball zeigen.
Die Rahmenbedingungen für die Bundesligaklubs könnten also deutlich schlechter sein. Jetzt gilt es für die Klubs, die ideale Trainingsgestaltung zu finden und für die entsprechenden Reize bei den Spielern zu setzen. Denn wenn die K.O.-Phase im Europapokal angeht, sollten die Spieler der Bundesligaklubs noch einigermaßen erholt sein, während die Protagonisten aus den anderen Ligen schon längst wieder in der Phase der Höchstbelastung stecken.
(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)
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