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Annika Becker·11. April 2023
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Annika Becker·11. April 2023
Die deutsche Nationalmannschaft hat in Nürnberg vor allem offensiv enttäuscht und gegen starke Brasilianerinnen 1:2 verloren. Beim Abschiedsspiel von Dzsenifer Marozsán zeigte sich die Seleção vor allem im ersten Durchgang überlegen, der Anschlusstreffer kam letztlich zu spät.
Merle Frohms reiste noch vor dem Spiel in Absprache mit dem VfL Wolfsburg von der Nationalelf ab, für sie stand Ann-Katrin Berger in der Startelf, außerdem gab es bereits vor Anpfiff eine Ehrung für Dzsenifer Marozsán bei ihrem Abschiedsspiel vor 32.587 Zuschauer*innen. Das hatte die Spielerin von Olympique Lyon sich sportlich sicherlich anders vorgestellt, denn die erste Halbzeit ging bis auf wenige Aktionen fast komplett an Brasilien.
Die Elf von Pia Sundhage ging bereits nach elf Minuten in Führung, beim langen Diagonalball hinter die Abwehr verschätzte sich Deutschlands Innenverteidigung. Berger war zwar zur Stelle, prallte aber mit mehreren Spielerinnen zusammen, Tamires nutzte die Gelegenheit zu einem Abstauber. Die deutsche Torhüterin musste danach eine Weile an der Hand behandelt werden, konnte aber weitermachen. Die größten Probleme bereiteten die Brasilianerinnen den Deutschen auf deren rechter Seite, Svenja Huth und Sophia Kleinherne wurden immer wieder von mehreren Spielerinnen unter Druck gesetzt, darunter Brasilien linke Verteidigerin Tamires, Adriana und Geyse, die es dann raus auf den Flügel zog.
Überhaupt überzeugte die Seleção mit einer guten Raumaufteilung gegen den Ball, die Abstände zwischen den Brasilianerinnen waren kurz und mit ihrer Ballsicherheit gab es dadurch immer wieder kurze Kombinationsmöglichkeiten. Die Deutschen schienen nach einer Viertelstunde deshalb die Versuche, durchs Mittelfeld zu spielen erst einmal wieder aufzugeben und versuchten es stattdessen mit langen Bällen auf Schüller, letztendlich kam die Stürmerin des FC Bayern München aber in Szenen wie in der 16. Minute nicht gefährlich durch.
Für Brasilien wurde das Spiel insgesamt viel zu leicht gemacht, die Innenverteidigerinnen konnten sich den Ball immer wieder in Ruhe zuschieben, Schüller stand teilweise alleine gegen sie mit viel Platz in ihrem Rücken. Das lag daran, dass bis zu sechs Spielerinnen Brasiliens mit ihrer Geschwindigkeit auf den tiefen Ball hinter Deutschlands Abwehr lauerten und so natürlich viele Abwehrkräfte banden.
Nach einer halben Stunde hatte Lea Schüller einen Geistesblitz und ließ in den Lauf von Svenja Huth prallen, die Flügelspielerin des VfL Wolfsburg kam aber nicht durch, weil sie von Tamires gehalten wurde. Den anschließenden Freistoß faustete Leticia raus. Solche Standards waren neben Einzelaktionen noch die besten Szenen des Teams von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, es blieb harmlos.
Demgegenüber stellte die Seleção noch vor der Pause auf 2:0, nach einer sehr kurz ausgeführten Ecke brachte Adriana „Ary“ Borges einen Ball in den Sechzehner, an den niemand mehr rankam, nicht einmal Popp konnte den Ball noch von der Linie kratzen. In dieser wechselte Voss-Tecklenburg zweimal, Sarai Linder und Sydney Lohmann kamen für Popp und Kleinherne, zunächst gab es dadurch mehr Druck in den Aktionen, aber auch jetzt kam die DFB-Elf nicht zu echten Torchancen.
Im Vergleich fiel immer wieder auf, dass es oft zu lange dauert, bis eine Lina Magull sich in engen Situationen für den kurzen Pass anbietet, sie ist als Verbindungsspielerin aber auch zu oft allein. Zudem wirkt Lena Oberdorf seit ihrem Überraschungs-Comeback für Wolfsburg im Champions-League-Hinspiel gegen PSG überspielt, sie hatte zudem bei eigenem Ballbesitz oft drei Spielerinnen um sich herum. Wenn Deutschlands (Gegen-)Pressing-Plan von der EM nicht umsetzbar ist, fehlen aktuell die Mittel.
In der 64. Minute kam es dann aber trotzdem zum emotionalsten Moment des Spiels, denn Dzsenifer Marozsán wurde gemeinsam mit Melanie Leupolz und Chantal Hagel eingewechselt. Für sie verließen Magull, Rauch und Oberdorf vom Platz. Marozsán ließ bei ihrem 112. und letzten Einsatz einerseits aufblitzen, warum sie für diese Nationalelf wichtig hätte werden können.
Denn mit ihr kamen die vorher fehlende Übersicht und ein Gegenstück zur technischen Raffinesse Brasiliens auf den Platz. Andererseits wurde auch deutlich, dass das Spiel von Martina Voss-Tecklenburg aktuell nicht auf eine Spielerin wie sie ausgerichtet ist. Deutschland kam jetzt tatsächlich mal in den gegnerischen Strafraum und auch das Publikum wachte wieder auf. Die DFB-Elf kam dadurch zu mehreren Ecken, lief aber zweimal fast in einen Konter, statt zum Abschluss zu kommen.
In der Schlussphase wechselte die Bundestrainerin noch Jule Brand für Klara Bühl ein, die sich gleich mit der Einleitung eines Angriffs über Schüller und Huth anmeldete (76.). Auf der anderen Seite zauberte im Laufe des Spiels immer wieder Geyse, in der 78. Minute schien die Abwehr sie bereits gestellt zu haben, als sie mit einem Hackentrick Adriana Borges ins Spiel brachte. Berger warf sich gemeinsam mit Doorsoun in Ball und Gegenspielerinn Gabi Nunes und musste erneut behandelt werden.
Lohmann versuchte es nach einem starken Solo-Kauf im linken Halbraum in der 85. Minute mal von außerhalb des Sechzehners, ihr Schuss ging aber vorbei. Auch Schüllers Lupfer in der 89. Minute ging übers Tor. Aber in der 2. Minute der Nachspielzeit fand Lohmann fand ihre Teamkollegin, deren ersten Versuch Leticia noch parierte, beim Zweiten aber musste sie sich Schüller geschlagen geben. Kurz darauf war die Partie dann vorbei und Marozsán machte sich erst auf den Weg in den Teamkreis und dann auf ihre Ehrenrunde zum emotionalen Abschied.