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Onefootball·18. März 2019
Bayern und die Klub-WM: Wie die Fifa den Meister immer reicher macht

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Onefootball·18. März 2019
Am Freitag brachte die Fifa mal eben eine Reform der Klub-WM auf den Weg. Das Ziel: mehr Geld. Das Problem: nicht für alle.
Ein Gastbeitrag von Pit Gottschalk
6:0 gegen Mainz und davor 6:0 gegen Wolfsburg: Mit einem Zwischensprint geht Bayern München als Tabellenführer in die Länderspielpause. Die zwei Kantersiege waren eine Machtdemonstration: Während Borussia Dortmund als Verfolger inzwischen jeden einzelnen Bundesliga-Erfolg “erarbeiten” muss, wie Sportdirektor Michael Zorc zugab, tänzelt der Titelverteidiger durch die Abwehrreihen seiner Gäste in der Allianz-Arena.
Das ist auch kein Wunder. Die Bayern haben sich ihre Überlegenheit, das muss man anerkennen, über Jahre verdient. Mit den sechs Meisterschaften in Folge flossen Hunderte von Euro-Millionen in die Ausstattung dieser Mannschaft. Bundesliga-Vermarktung, Champions League, Großkaliber als Sponsoren: Wer als Branchenprimus großzügig kassiert, zögert nicht lange, wenn junge Nationalspieler auf dem Markt zu haben sind.
Nun verspricht Gianni Infantino das noch größere Geld: 100 Mio. Euro soll allein die Siegprämie bei der Klub-WM betragen, die der Fifa-Präsident und seine dubiosen Geldgeber ab 2021 ausschütten wollen. Es geht um nicht weniger als ein Vermächtnis: Infantino will einen Wettbewerb in seinem Namen schaffen, der den Klubfußball, wie wir ihn kennen, auf Jahre verändern und womöglich zerstören wird.
Noch sperrt sich der europäische Kontinentalverband Uefa gegen diese Klub-WM mit 24 Teilnehmern und will keine acht Mannschaften entsenden. Man kennt das offizielle Argument: Man wolle die Spieler nicht zusätzlich in den Sommermonaten belasten. Die Wahrheit ist: Natürlich stört die Uefa vor allem, dass sich der Weltverband in die Belange der Vereine einmischt. Das war in Europa bisher immer Sache der Uefa.
Uefa-Präsident Alxeander Ceferin aber wird größte Mühe haben, die Phalanx der europäischen Vereine gegen die Fifa-Pläne geschlossen zu halten. Die ersten deutschen Klubrepräsentanten, Karl-Heinz Rummenigge und Hans-Joachim Watzke, äußerten inzwischen vorsichtig ihre Sympathie mit dem Vorstoß auf dem Fifa-Council in Miami. Gebannt schaut man auf die europäische Klubvereinigung: Wann knickt die ECA ein?
Man darf sich nichts vormachen: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Bayern München und andere Großklubs wie Real Madrid und Juventus Turin irgendwann jeden Widerstand aufgeben und dem Lockruf des Geldes folgen. Im Fall des deutschen Meisters ist der Gedankengang, so sehr es schmerzt, nachvollziehbar. Eine Bundesliga, in der Rivalen serienmäßig mit einem halben Dutzend Toren abgefertigt werden, verliert ihren Reiz.
In der Champions League, und das zeigt das 1:3 gegen Liverpool unter der Woche, spielt der FC Bayern aber die zweite Geige. Besserung ist nicht in Sicht: International erschleichen sich Großklubs mit staatlicher Hilfe (PSG) oder TV-Milliarden (FC Liverpool) einen Vorsprung, wie es Bayern umgekehrt in der Bundesliga schafft. Wenn Bayern den Rückstand verkürzen will, kann eine Klub-WM eine willkommene Geldquelle sein.
Oder meint irgendjemand wirklich, dass Bayern-Präsident Uli Hoeneß jetzt tatenlos zuschaut, wie die Premier League die Champions League erobert und sein FC Bayern das Nachsehen hat? Er wird, man kann es ihm nicht verdenken, jede Chance nutzen wollen. Dazu gehört eine Schamfrist, in der man über den neuen Wettbewerb fachsimpelt – und am Ende dankend teilnimmt. 100 Mio. Euro alle vier Jahre: macht 25 Mio. Euro extra per anno.
Hier beginnt die Gefahrenzone für die Bundesliga. Schon jetzt kassiert der FC Bayern dank Champions League und einer ungerechten Geldverteilung in der Bundesliga so viel mehr Cash als die deutsche Konkurrenz, dass eine Klub-WM den Vorteil potenziert. Kein anderer Klub sollte sich Hoffnung machen, dass er teilnehmen darf. Ein globaler Wettbewerb mit globaler Vermarktung will globale Marken. Das erfüllen nur Bayern und bedingt BVB.
Von einem DFB-Präsidenten, der Reinhard Grindel sein will, würde man sich jetzt Statur erhoffen: glasklare und unverrückbare Stellungnahmen, einen orchestrierten Schulterschluss in aller Öffentlichkeit, eine breite Front, die der weltweit größte Fußballverband gegen die WM-Pläne organisiert und zum Erfolg führt. Damit man als Deutscher das Gefühl gewinnt: Da kämpft einer im Sinne des Fußballs. Zugegeben, der Gedanke klingt lächerlich.
Der Autor: Pit Gottschalk, 50, ist Journalist und Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von Sport Bild und bei Funke Sport. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit’ch kannst du hier analysieren: http://newsletter.pitgottschalk.de
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