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·18 aprile 2025

Suchtprävention – was dagegen?

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Der Biersponsor des FC St. Pauli will beim Leverkusen-Spiel kostenlos Getränke verteilen, daran gibt es massive Kritik. Nun äußert sich der Verein dazu.Titelfoto: Stefan Groenveld

Fußball und Bier. Für viele immer noch eine Kombination, die untrennbar zusammengehört. Beim FC St. Pauli gibt es seit vielen Jahren den Fanclub Weiß-braune Kaffeetrinker*innen (WBK). In diesem fanden sich anfangs alkoholkranke Fans des FCSP zusammen, inzwischen aber umfasst man ein sehr viel größeres Spektrum an Suchtkrankheiten. Die Hilfe untereinander steht an oberster Stelle, auch in der Suchtprävention ist man aktiv.


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Im Jahr 2021 wurde der Fanclub mit dem Hamburger Selbsthilfepreis ausgezeichnet. Das „Trockendock“ auf der Gegengerade, maßgeblich auf Initiative der WBK eröffnet worden, war der erste alkoholfreie Getränkestand am Millerntor. Inzwischen ist mit der „Kiezklappe“ auf der Haupttribüne ein weiterer Stand hinzugekommen. Bis es so weit war, waren aber seitens des Fanclubs auch viele Widerstände zu bekämpfen. Mit Astrid und Marion waren im Oktober zwei Mitglieder des Fanclubs im Podcast bei Debbie zu Gast. Hört da gerne mal rein.

Es ist kein Geheimnis, dass der Alkoholkonsum in den Fußball-Fanszenen Deutschlands allgemein und auch beim FC St. Pauli ein Ausmaß hat, welches für viele Personen nicht gesund sein dürfte – und diese Formulierung ist noch sehr vorsichtig gewählt.Der FC St. Pauli rühmte sich im vergangenen Jahr für sein Suchtpräventionskonzept, die dort über allem stehende Vision: „Beim FC St. Pauli sind Fußballemotionen auch ohne Suchtmittelkonsum möglich.“

Kritik an Werbeaktion

Rund um das Spiel am Sonntag gegen Leverkusen wird es eine Werbeaktion des Bierpartners des FC St. Pauli geben, der ein Biermischgetränk (mit Cola und Orange) bewerben möchte. Hierfür wird es auf dem Südkurvenvorplatz einen Stand geben, an dem das Getränk kostenfrei angeboten wird. Der Verein teilte uns auf Nachfrage mit, dass es keine fliegenden Verteiler geben wird und zudem auch eine alkoholfreie Variante angeboten werden soll. Letzteres ist dahingehend interessant, dass der Biersponsor in der eigenen Produktpalette bisher gar kein alkoholfreies Bier führt – sehr wohl aber gibt es andere alkoholfreie Marken im Konzern.

Michael Krause, Mitglied bei den Weiß-braunen Kaffeetrinker*innen, äußert deutliche Kritik an dieser Aktion: „Es ist noch kein Jahr her, dass der FC St. Pauli ein umfassendes Suchtpräventionskonzept veröffentlicht hat. Jetzt die Genehmigung zu erteilen, dass die Hauptdroge Alkohol kostenlos verteilt wird, führt das Konzept ad absurdum und ist in hohem Maße verantwortungslos. Diese Aktion ist nicht nur für Menschen mit einer Suchtproblematik ein Schlag ins Gesicht; sie verfestigt vor allem den Glauben, dass Alkohol und Fußball wie eine Symbiose zusammengehören und fördert die Verharmlosung von Alkohol.“

Gleichzeitig räumt Krause mit einer gängigen Fehlannahme auf: Es gehe dem Fanclub nicht darum, den Fans das Bier zu verbieten. „Dieses Gerücht hält sich, ist aber nicht wahr. Uns geht es um Verantwortung, Sensibilisierung und um Suchtprävention, denn kritischer Konsum ist auch beim FC St. Pauli immer wieder ein Problem.“

Auf unsere Nachfrage, welche Vorhaben des Suchtpräventionskonzeptes bereits konkret umgesetzt wurden, führt der FC St. Pauli die in der Haupttribüne eröffnete „Kiezklappe“ an, die auch einen rauchfreien Raum bietet. Außerdem ist alkoholfreies Bier flächendeckend ins Sortiment am Millerntor aufgenommen worden. Weitere Schritte sollen folgen, so der Verein.

Profifußball und die Suchtproblematik – kein neues Thema

Für den FC St. Pauli ist die Beschäftigung mit Sucht und entsprechenden Sponsoren kein neues Thema. Neben dem sehr präsenten Bierpartner hatte man viele Jahre auch Partner aus der hochprozentigeren Alkoholsparte. Auf Partner aus diesem Segment verzichtet man seitdem bewusst.

Auch auf einen Partner aus dem im Profifußball sonst allgegenwärtigen Sportwettenmarkt verzichtet man seit dem Ausstieg des letzten Sponsors und kommunizierte dies auch selbstbewusst. Als es kurze Zeit später den Sponsoreneinstieg der Spielbank Hamburg gab, entzündete sich daran verständlicherweise Kritik. Auch wir berichteten: „Glücksspiel, Glaubwürdigkeit und der FC St. Pauli“.

Der Fanclub wurde laut Verein vorab über die Promoaktion informiert. Beim Treffen des Inklusionsbeirats diese Woche äußerten Vertreter*innen des Fanclubs dann ihre Kritik an der Aktion zunächst intern. Das kostenlose Verteilen von alkoholischen Getränken ist sicherlich nichts, was man sich bei der Erstellung des Suchtpräventionskonzeptes erhofft hatte. Der Satz „Wir unterstützen keine Praktiken zur Förderung missbräuchlichen Konsums oder suchtbegünstigenden Verhaltens im Verein und im Fußball“ steht im Konzept – und man kann das Verteilen von Gratis-Alkohol sehr gut im Widerspruch dazu sehen.

„Ein anderer Fußball ist möglich“ ist ein weiterer gern genutzter Satz, den der FC St. Pauli mantraartig wiederholt. Oder, um auf das Suchtpräventionskonzept zurückzukommen: „Beim FC St. Pauli sind Fußballemotionen auch ohne Suchtmittelkonsum möglich.“ Die Erstellung des Konzeptes war ein guter Schritt der Andersartigkeit, das Verteilen von Freibier (durch den Bierpartner) ist nun wieder einer zurück. Bleibt zu hoffen, dass der Verein die Kritik des Fanclubs ernst nimmt und in zukünftige Überlegungen und Planungen von Werbeaktionen einbezieht. // Maik

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