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·16 maggio 2025
Paul Breitner: Alles und nur nichts Halbes

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·16 maggio 2025
Er war einer der schillerndsten, widersprüchlichsten und zugleich erfolgreichsten Fußballer der Bundesrepublik: Paul Breitner. Weltmeister, Europameister, Europapokalsieger. Torschütze in zwei WM-Endspielen. Und dabei doch nie ein Teamplayer im klassischen Sinn. Einer, der sich nur einordnete, wenn er auch mitbestimmen durfte. Einer, der nie gefallen wollte, sondern überzeugen. Einer, der Haltung zeigte – und sie notfalls gegen alle durchsetzte. Breitners Karriere steht unter einem Leitsatz, der sich durch jede Etappe seines Lebens zieht: Alles, nur nichts halb.
Geboren am 5. September 1951 in Kolbermoor bei Rosenheim, wuchs Paul Breitner zwischen Disziplin und Eigenwille auf. Der Vater ein strenger Lehrer, das Elternhaus preußisch geprägt. Und doch wurde dem jungen Paul früh vermittelt: Wer denkt, soll denken dürfen. Schon mit 12 fühlt er sich „erwachsen“. Im Fußball zeigt er dieselbe Frühreife: laufstark, kompromisslos, technisch überlegen. Mit 17 wechselt er zum FC Bayern – und wird im Rekordtempo Stammspieler.
Breitner sticht nicht nur sportlich heraus. 1971 zitiert ihn die Bravo mit einem Bekenntnis zur Lenin-Lektüre. Das Mao-Poster in der WG, die provokanten Interviews, seine Weigerung, sich dem Bild des stromlinienförmigen Profis zu beugen – all das macht ihn zum Symbol einer neuen Spielergeneration. Intellektuell, meinungsstark, unbequem. Ein Spieler mit Bart, Abitur – und Haltung.
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Breitners erste WM wird zum Meilenstein: Im Finale gegen die Niederlande trifft er per Elfmeter zum 1:1. Ein Tor, das den Umschwung einleitet. Deutschland gewinnt 2:1. Doch statt im Nationalpathos aufzugehen, tritt Breitner 1975 mit nur 23 Jahren aus der Nationalmannschaft zurück. Zu viel Show, zu wenig Substanz. Er will kein Held sein. Nur Weltmeister. Und das war er.
Der Wechsel zum Klub des Diktators Franco lässt Kritik hageln. Ein linker Revoluzzer bei Real Madrid? Für Breitner kein Widerspruch. „Ich ging dorthin, wo ich sportlich am meisten ich selbst sein konnte,“ sagt er später. Zwei Meisterschaften, ein Pokal – sportlich erfolgreich. Doch bald zieht es ihn zurück. Der Freigeist fühlt sich geistig unterfordert. „Ich verblöde hier.“
Nach einem kurzen Intermezzo bei Eintracht Braunschweig kehrt Breitner 1978 zum FC Bayern zurück. Dort wird er zur Schaltzentrale – nicht nur auf dem Platz. Er formt eine neue Mannschaft, entmachtet Trainer, beeinflusst Transfers. Mit Rummenigge bildet er das Duo „Breitnigge“. Zwei Meisterschaften, ein Pokal, ein verlorenes EM-Finale. Und wieder ein WM-Tor: 1982 gegen Italien. Sein zweites in einem Endspiel. Jubeln? Nein. „Wenn du verlierst, bringt dir dein Tor auch nichts.“
Nach dem Karriereende wird Breitner Kolumnist, TV-Experte, Bayern-Berater. Er bleibt unbequem. Kritisiert Funktionäre, spricht sich klar gegen die AfD aus, distanziert sich mehrfach vom FC Bayern. Zerstritt sich mit Uli Hoeneß – und versöhnte sich später wieder. Breitner war nie Everybody’s Darling. Aber einer, der für sich einstand. Immer. Alles, nur nichts halb.
285 Bundesliga-Spiele, 93 Tore. 48 Länderspiele, 10 Tore. Titel auf allen Ebenen. Und ein Einfluss, der weit über Statistiken hinausgeht. Paul Breitner zeigte, dass ein Fußballer Haltung haben kann – und muss. Dass Sport politisch ist. Dass Erfolg und Eigensinn sich nicht ausschließen. Wer heute von modernen, meinungsstarken Profis spricht, kommt an ihm nicht vorbei. Paul Breitner war vieles. Aber nie nur ein bisschen. Alles, nur nichts halb.
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