EM-Blog, Tag 21: Welche Schachfiguren, Herr Nagelsmann? | OneFootball

EM-Blog, Tag 21: Welche Schachfiguren, Herr Nagelsmann? | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: Miasanrot

Miasanrot

·4 luglio 2024

EM-Blog, Tag 21: Welche Schachfiguren, Herr Nagelsmann?

Immagine dell'articolo:EM-Blog, Tag 21: Welche Schachfiguren, Herr Nagelsmann?

Die EM geht am Freitagabend weiter. Deutschland eröffnet das Viertelfinale gegen Spanien. Doch wie sollte Julian Nagelsmann aufstellen?

„Fußball ist wie Schach – nur ohne Würfel.“ Ein Satz, der Fußballgeschichte geschrieben hat. Auch wenn er fälschlicherweise Lukas Podolski zugeschrieben wird, obwohl Jan Böhmermann ihn im Rahmen einer Parodie 2006 in die Welt gesetzt hat.


OneFootball Video


Doch auch wenn wir die Würfel mal beiseite legen: Fußball wird häufig mit Schach verglichen. Taktische Duelle, Matchpläne, Spielzüge, die den Gegner wiederum zu einer Entscheidung zwingen. Der stetige Versuch, aus der Defensivhaltung in eine aktivere Haltung zu kommen, oder die Defensivhaltung zur Stärke zu machen.

Mit Julian Nagelsmann und Luis de la Fuente treffen bei der EM 2024 nun die beiden Schachgroßmeister aufeinander. Keine anderen Trainer haben es geschafft, ihren Teams eine derart kohärente, fluide und aktive Spielweise zu vermitteln. Auch wenn Spanien fußballerisch und taktisch nochmal Vorteile hat, haben die Deutschen gute Karten, den Top-Favoriten zu stürzen.

Bleibt die Frage, wie die Aufstellung von Nagelsmann aussehen wird. Im Vergleich zum Schachspieler können Trainer nämlich die Ausgangsformation verändern – in der Anordnung und in der konkreten Besetzung. Da habt ihr jetzt aber wieder etwas gelernt. Wird schwer, das im weiteren Artikel zu toppen.

  • EM-Blog, Tag 20: Fußball ist auch Frauensache
  • EM-Blog, Tag 19: Das Bündnis der drei Türme
  • EM-Blog, Tag 18: Hätte, hätte, Fahrradkette 

Deutschland – Aufstellung gegen Spanien: Sieben Startelfplätze vergeben

In der deutschen Startelf sind mindestens sieben Plätze bereits vergeben: Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Antonio Rüdiger, Robert Andrich, Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Jamal Musiala haben ihren Platz im nominellen 4-2-3-1 sicher.

Gegen Dänemark wurden die restlichen vier Positionen von Nico Schlotterbeck, David Raum, Leroy Sané und Kai Havertz besetzt. Im Turnierverlauf hatte sich Jonathan Tah statt Schlotterbeck festgespielt, Raum kam erst im letzten Gruppenspiel als Einwechselspieler gegen die Schweiz zum Einsatz und überzeugte. Zuvor verteidigte Maximilian Mittelstädt links hinten.

In der Offensive rückte Sané gegen Dänemark für Florian Wirtz in die Startelf. Kai Havertz ist wiederum der Spieler, der auch als achter sicherer Starter bezeichnet werden kann. Bisher begann er jede der vier EM-Partien mit deutscher Beteiligung – und doch gab es Diskussionen. Auch gegen Spanien?

Kai Havertz vs. Niclas Füllkrug

Vermutlich nicht. Denn bei aller Qualität, die Füllkrug hat, wird es gegen Spanien darum gehen, Tempo in die Offensive zu bekommen. Sei es durch schnelles und technisch anspruchsvolles Passspiel oder durch Tiefenläufe mit purer Geschwindigkeit. In beiden Kategorien hat Havertz die Nase vorn.

Mit seiner Flexibilität und seinem Gespür für die richtigen Räume kann er Spanien gefährlich werden. Etwas mehr Effizienz beim Abschluss fehlt ihm noch, um aus einem sehr guten Turnier eine Weltklasseleistung zu machen. Diskussionen rund um seine Position arbeiten sich zu sehr an der Chancenverwertung ab. Die Anerkennung für seine Qualität, die er bei der EM auf den Platz bringt, ist viel zu klein.

Florian Wirtz vs. Leroy Sané

Deutlich kniffliger ist die Entscheidung zwischen Wirtz und Sané. Wirklich genutzt hat der Bayern-Star seinen Einsatz gegen Dänemark nicht. Zwar war er sehr aktiv, hat viele Räume aufgerissen und hatte auch eigene Aktionen – nur waren die oft unglücklich. Das bekannt Bild.

Für Sané spricht, dass er einer für die großen Spiele sein kann. In der Champions League hat der Linksfuß das oft bewiesen. Auch taktisch spricht einiges für ihn: Sané ist extrem schnell und prädestiniert für eine tragende Rolle im Umschaltspiel gegen aufgerückte Spanier. Wirtz ist da oftmals den Tick zu langsam.

Dafür ist der Leverkusener der bessere Kombinations- und Nadelspieler. Bedeutet: Er trifft in engen Räumen zuverlässiger Entscheidungen. Das kann für eine Partie, in der mit viel und gut organisiertem Angriffspressing der Spanier zu rechnen ist, sehr wertvoll sein. Natürlich hat man mit Musiala einen weiteren Spielertypen, der das gut kann, nur wird es auch darüber hinaus wichtig sein, möglichst viele Spieler zu haben, die keine Fehler am Ball machen.

Und da fiel Sané zuletzt häufig negativ auf. Nagelsmann muss also abwägen: Risiko und mehr offensiver Punch? Dann wäre Sané die schlüssige Wahl. Mehr Sicherheit? Dann hat Wirtz die Nase vorn. Meine persönliche Entscheidung? Risiko. Ich glaube, Sanés Tempo ist mehr Wert als die gute Entscheidungsfindung von Wirtz. Zumal der in den vergangenen Spielen nicht auf Top-Level war.

David Raum vs. Maximilian Mittelstädt

Auf der linken Defensivseite ist die Sache klar: Es wäre unsinnig, auf Raum zu verzichten. Mittelstädt hat es seinen Qualitäten entsprechend gut gemacht, ist aber vor allem im Spiel mit dem Ball eine klare Schwachstelle. Auch Raum ist nicht die Idealbesetzung, bietet offensiv aber mehr Lösungen an und ist defensiv in etwa auf einem Niveau mit Mittelstädt. In jedem Fall wird die linke Defensivseite ein Knackpunkt im Spiel.

Jonathan Tah vs. Nico Schlotterbeck

Dass vor dem Spanien-Spiel überhaupt darüber diskutiert wird, ob Tah oder Schlotterbeck starten sollten, hat zwei Gründe: Die Gelbsperre des Leverkuseners und die starke Leistung des Dortmunders gegen Dänemark.

Die Entscheidung wird nach ähnlichen Kriterien getroffen wie bei Wirtz und Sané: Sicherheit oder Risiko? Die sichere Variante ist Tah. Es ist ganz offensichtlich, was Nagelsmann da bekäme: Defensiv eine gute und stabile Leistung, in Schulnoten eine Zwei. Im Spielaufbau hingegen totale Enthaltung und keine Kreativität. Eher eine 4.

Schlotterbeck ist die Wundertüte. Gegen Dänemark gab es diesen einen Moment, in dem er im eigenen Strafraum anfing zu dribbeln und so beinahe ein Gegentor verschuldete. Abseits dieses Moments war er herausragend in Spielaufbau und auch im Zweikampfverhalten. Schulnoten für dieses Spiel: 2 und 2 in den beiden Bereichen.

Nur: Bei Schlotterbeck besteht größeres Risiko, dass es komplett nach hinten losgeht. Dem müsste sich Nagelsmann bewusst sein, wenn er zockt. Meine Meinung: K.-o.-Spiele sind immer auch ein Stück weit Glück. Das Glück herauszufordern, gehört dazu. Schlotterbeck kann dem Team im Spiel mit dem Ball eine sehr wichtige Komponente geben. Gerade gegen das hohe Pressing der Spanier. Ich würde zocken. Oder anders: Bringen wir doch ein paar Würfel ins Schachspiel.

Was sonst noch auffiel:

  • Mir kam in den letzten Tagen das sehr starke Interview von Michael Gregoritsch nach dem Aus der Österreicher etwas zu kurz. Einerseits überzeugte er mich mit einer sachlichen, fairen und respektvollen Analyse in einem sehr schweren Moment. Andererseits blieb mir eine Aussage im Gedächtnis. Der Stürmer sagte in Bezug darauf, wofür Österreich stehen sollte: „Dass wir uns ganz weit entfernen sollten von rechtem Gedankengut und wissen sollten, wie wichtig das ist, dass wir alle gleich sind, dass wir alle für unser Land da sind, dass wir eben für eine Sache so brennen können, die einen so positiven Einfluss hat auf unser Land.“ Es wäre schön, würden sich Teile der Fans, die bei der EM durch rechte Parolen auffielen, das zu Herzen nehmen.
  • Der Turnierbaum erinnert mich ein wenig an die abgelaufene Champions-League-Saison. Auf der einen Seite standen dort ein ehemals starkes, aber mittlerweile sehr überbewertetes Barcelona (vergleichbar mit England), ein PSG, das gut, aber längst nicht mehr so furchteinflößend wie zu früheren Zeiten war (Niederlande) sowie mit Atlético Madrid und dem BVB zwei Außenseiter (Schweiz und Türkei). Fußballerisch sind die Stoßrichtungen natürlich anders, aber der Punkt ist: Auf beiden Seiten der jeweiligen Turnierbäume waren bzw. sind Teams, die nicht zwingend zu den Top-Favoriten zählen. Sei es durch Leistung oder wegen der Qualität der Spieler. Auf der anderen Seite hingegen: Manchester City, Real Madrid, Bayern und ein formstarkes Arsenal. Das Beste, das Europa damals zu bieten hatte. Bei der EM sind es Spanien, Deutschland, Portugal und Frankreich. Ich sehe Parallelen, auch wenn ein hundertprozentiger Vergleich unmöglich ist.
  • Kennt ihr den Typen mit dem Saxophon schon? Nein? Dann aber schnell mal auf Instagram nachschauen. Der Mann weiß nicht nur zu unterhalten, sondern geht auch noch mit einer richtig guten Message an den Start.
Immagine dell'articolo:EM-Blog, Tag 21: Welche Schachfiguren, Herr Nagelsmann?

Hier weiterlesen

EM-Blog, Tag 20: Fußball ist auch Frauensache

João Palhinha wechselt wohl zum FC Bayern: Die Erlösung im Mittelfeld?

EM-Blog, Tag 19: Das Bündnis der drei Türme

Visualizza l' imprint del creator