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·28 août 2025
"Eine Minute hat gefehlt": SVWW zwischen Enttäuschung und Stolz

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·28 août 2025
Was für ein Pokalfight! Beinahe hätte der SV Wehen Wiesbaden den FC Bayern München nach einem 0:2-Rückstand noch in die Verlängerung gezwungen, ehe der haushohe Favorit ganz spät doch noch zugeschlagen hat. Entsprechend war eine Enttäuschung, aber auch viel Stolz zu spüren. Mann des Abends war Torhüter Florian Stritzel, der etwas Historisches schaffte.
Er lächelte, Trainer Nils Döring, als er nach Spielende zum Interview mit "Sky" kam. Doch tief im Inneren war dem 45-Jährigen eigentlich nicht zum Lachen zu Mute. Schließlich hatte sein Team wenige Augenblicke zuvor in der vierten Minute der Nachspielzeit den Knock-Out hinnehmen müssen, nachdem es zuvor im Anschluss an ein 0:2 nochmal zurückgekommen war. "Eine Minute hat gefehlt.", musste Döring erstmal verarbeiten, was das gerade passiert war. "Ich hätte es ihnen unfassbar gegönnt dass sie sich heute belohnen. Leider ist es am Ende nicht dazu gekommen." Im ersten Moment habe eine "riesige Enttäuschung" vorgeherrscht, "aber jetzt überwiegt natürlich der Stolz, was die Jungs heute hier auf die Wiese gebracht haben". Döring sprach von einem "Riesenfight" und einem "geilen Spiel".
Denn nachdem seine Mannschaft zunächst "ein bisschen mit Handbremse gespielt" habe, da der Respekt zu groß gewesen sei, drehte sie nach dem 0:2 plötzlich auf. Binnen sechs Minuten kamen die Hessen durch einen Doppelpack von Fatih Kaya zum Ausgleich (64. / 70.) und waren plötzlich voll im Spiel. "Nach dem 1:2 kam nochmal Hoffnung auf, die Jungs haben auf einmal daran geglaubt, sind weitergelaufen, haben weitergemacht und an das Unmögliche geglaubt". Und wieder einmal stellte Kaya seine großen Qualitäten vor dem Tor unter Beweis: "Er hat auf den Moment gewartet, und das ist natürlich seine Stärke. Wenn er den Ball am Fuß hat, wenn er Richtung Tor läuft, da ist er ein Killer", so Döring. Als Torhüter Florian Stritzel dann auch noch einen Elfmeter von Henry Kane parierte (74.), war der Wahnsinn endgültig perfekt. "Ohne ihn wäre es gar nicht so weit gekommen. Er hat einfach ein unfassbares Spiel gemacht", sprach der 45-Jährige seinem Keeper ein Extralob aus.
Dieser sprach im ZDF von einer "Achterbahn der Gefühle" und einem "brutal anstrengenden Spiel". Gleich zehnmal konnte sich Stritzel während der Partie mit einer Parade auszeichnen, darunter eben auch beim Elfmeter. Das Besondere dabei: Für Kane war es der erste verschossene Elfmeter nach zuvor 31 verwandelten Strafstößen in Folge. "Ich habe das mit meinem Torwarttrainer vorher ein bisschen analysiert. Wir haben viele Elfmeter trainiert, auch den von Kane", so Stritzel, nachdem er Historisches geschafft hatte. Trotz der bärenstarken Leistung zeigte sich der 31-Jährige selbstkritisch im Hinblick auf das Gegentor in der vierten Minute der Nachspielzeit. "Da nehme ich mich mit rein. Entweder komme ich raus, aber ich glaube, es wäre besser gewesen, anzupassen und dann zu reagieren." So flog der Kopfball von Kane an ihm vorbei, was den späten Knock-Out bedeutete.
"Das ist die schizophrenste Gefühlslage, die ich jemals hatte", so Sascha Mockenhaupt im "Wiesbadener Kurier". "Der Trainer hat es uns offiziell verboten, traurig zu sein. Das ist schon krass, dass man sich über eine 2:3-Niederlage gegen die Bayern ärgern muss." Nach dem Pokalfight in der Nachspielzeit zu verlieren, sei "ganz bitter", meinte auch Kaya. Dennoch sprach er der Mannschaft ein "riesen Kompliment" aus. "Wir haben einen sehr, sehr mutigen Auftritt hingelegt. Die Bayern haben ein weltklassiges Niveau, das sieht man jede Woche aufs Neue. Und auf dem Niveau mitzuhalten, da können wir sehr stolz auf uns sein". Gegen so einen Verein zu treffen, bezeichnete der Stürmer als "etwas ganz Besonderes, trotzdem hätte ich lieber die nächste Runde genommen".
Da hätten natürlich auch die Fans nichts dagegen gehabt, die das Stadion in der Schlussphase in einen "kleinen Hexenkessel" verwandelten, wie Stritzel hervorhob. Auch nach der Partie wurde die Mannschaft minutenlang gefeiert. "Diese Atmosphäre, diese Lautstärke, das wünscht man sich natürlich auch für die Liga." Dort geht es am Sonntag zu Aufsteiger 1. FC Schweinfurt. Dann soll nicht wieder eine Minute zum Sieg fehlen.