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·15 de febrero de 2025

Vergleiche zwischen 1860 und Diktaturen

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Hasan Ismaik kritisiert die Vorgehensweise bei Wahlen im TSV München von 1860 e.V.. Das ist sein gutes Recht und die Auseinandersetzung mit dem System gehört zur Demokratie dazu. Vergleiche mit Diktaturen und totalitären Regimen sind der Sache allerdings nicht dienlich, wenn nicht sogar hochgradig gefährlich. Ein Kommentar.

Die arabische Sprache ist poetisch, metaphorisch und bildhaft. Es ist schwierig sie ins eher nüchterne Deutsch zu übersetzen. Weshalb es immer wieder zu sprachlichen Missverständnissen kommt. Nicht immer sind bildhafte Beschreibungen überhaupt in unsere Sprache übersetzbar. Unsere Sprache ist informationslastig. Wir wollen oft schnell auf den Punkt kommen, während Araber in der Sprache hingegen sozial interaktiv agieren. Wir sind sachorientiert und vor allem bei Gesprächen wollen wir distanziert bleiben und uns auf der Sachebene bewegen. Araber hingegen wollen erst einmal wissen: Wer ist eigentlich mein Gegenüber?


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Das ist eine Herausforderung. Wer Hasan Ismaik verstehen möchte, muss nicht nur genau zuhören, er muss auch immer wieder nachfragen was er nun meint.

Doch diese sprachliche Herausforderung ist keine Einbahnstraße. Sie muss beiderseits gemeistert werden. Vergleiche mit Diktatoren sind mehr als fragwürdig. So zum Beispiel versucht Ismaik jüngst Vergleiche zwischen 1860 und dem Assad-Regime zu ziehen. Bereits Vergleiche der Fanszene mit der DDR oder Vergleiche des Vereins mit Putins Angriffskrieg sind definitiv nicht in Ordnung.

Ismaik versucht ein ihm bekanntes Bild als Vergleich herzuziehen. Mit Syrien verbindet ihn familiär etwas, zudem ist die Thematik aktuell. Dass ihn Syrien beschäftigt, hat er bereits vor einigen Tagen bewiesen. Er kritisierte Bundeskanzler Scholz für dessen Dialog mit dem Übergangspräsidenten von Syrien. Dieser sei nicht legimitiert für Syrien zu sprechen, so der Tenor von Ismaik. Die Absicht der Bundesregierung war jedoch, klarzustellen, dass es eines „inklusiven politischen Prozess bedarf, der allen Syrerinnen und Syrern, gleich welcher ethnischen oder religiösen Gruppe, Teilhabe einräumt, Rechte und Schutz gewährt.“ Erst unter diesem Gesichtspunkt hat man die Unterstützung der Bundesrepublik und das ist eine durchaus wichtige Forderung, die man mit einordnen muss.

Beim Vergleich mit Assads Regime will Ismaik verdeutlichen, dass die Präsidenten für den Verwaltungsrat genauso machtlos und austauschbar sind, wie es Ministerpräsidenten für Diktator al-Assad waren. Und damit unterstellt Ismaik dem Verwaltungsrat sehr wohl, dass er so vorgeht, wie es der einstige Diktator von Syrien tat. Der Verwaltungsrat beim TSV 1860 ist in einer für alle Mitglieder offenen Mitgliederversammlung gewählt worden. Der Vergleich ist also in keiner Weise angebracht. Man kann zudem politische Entscheidungen von al-Assad auch gar nicht losgelöst von seinem Terror-Regime und die Folgen für die Bevölkerung sehen. Zumindest nicht aus unserem Verständnis. Man kann Adolf Hitler auch nicht positiv anrechnen, er habe die Arbeitslosigkeit drastisch gesenkt, ohne die massive Rüstungswirtschaft und die vorgeschriebenen Arbeitsdienste zu ignorieren. Die zum Ziel einen Krieg hatten. Und den Massenmord im Dritten Reich.

Es sind mehrere Gefahren, die sich in derartigen „bildhaften“ Vergleichen verbergen. Zum einen legt dieser Vergleich nahe, dass es tatsächlich Ähnlichkeiten zwischen dem System eines eingetragenen gemeinnützigen Vereins und dem Terror-Regime gibt. Dies führt bei vielen zum Fehlschluss, dass das System bei 1860 diktatorisch ist. Das ist es nicht. Der Wähler kann nicht nur den Verwaltungsrat direkt wählen, der das Präsidium vorschlägt, es kann auch das Präsidium ablehnen und demzufolge nicht wählen. Außerdem kann der Wähler jederzeit eine Änderung der Satzung beantragen und auch hier entscheidet wiederum die Mehrheit, ob diese Änderung angenommen wird oder nicht. Bei derartigen Vergleichen entsteht ein interessengeleiteter Diskurs, der am eigentlich notwendigen Prozess vorbeiführt – nämlich der, dass man zum Beispiel die Satzung anpasst. Demokratie ist einem ständigen Wandel unterworfen. Demokratie muss man leben.

Zum anderen besteht die Gefahr bei derartigen Vergleichen die Begrifflichkeiten wie zum Beispiel „Regime“ oder „Diktatur“ aufzuweichen. Es kann nicht sein, dass ein systematischer Massenmord mit den Motiven eines Sportklubs vermischt werden. In der Gesellschaft ist es wichtig, ein tieferes Verständnis für die Unterschiede zwischen den System zu haben. Demokratie gehört geschützt, da ist eine klare Abgrenzung zu demokratiefeindlichen Systemen und Regimen unabdingbar.

Wir können nicht einschätzen, ob derartige Vergleiche im arabischen Raum angebracht sind oder nicht. Dazu müsste man in größerem Umfang recherchieren. Wir können aber sehr wohl einschätzen, dass derartige Vergleiche in unserer Kultur nicht angebracht sind. Zumal die Gefahr besteht, dass sich derartige Vergleiche auch beim TSV 1860 abnutzen. Erst der Vergleich mit der DDR, dann mit dem Angriffskrieg von Putin und nun Vergleiche mit der Politik von al-Assad. Da muss man klar Kante zeigen und deutlich machen: das geht nicht! Auch dann nicht, wenn es im arabischen Raum möglicherweise sogar angebracht ist. Was wir jedoch nicht wissen.

1860-Gesellschafter Hasan Ismaik schätzt die Demokratie, das hat er selbst gesagt. Um Teil eines demokratischen Prozesses zu werden, ist jedoch unabdingbar zu verstehen, dass derartige Vergleiche zu vermeiden sind. Er könnte hingegen ermutigen, zur Wahl zu gehen, entsprechende Satzungsänderungen anstoßen. Das hilft der Demokratie. Unabhängig davon, ob die Mitglieder der Änderung dann zustimmen oder nicht.

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