VfL Osnabrück
·14 de agosto de 2025
Brückenschlag (126): Im Zeichen des Zorro

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·14 de agosto de 2025
Karl-Heinz Wöbker, der heute seinen 85. Geburtstag gefeiert hätte, lebte weder im Wilden Westen noch im 19. Jahrhundert. Sein bürgerlicher Name war natürlich nicht Don Diego de la Vega, er trug auch keinen schwarzen Umhang, schon gar keine Augenbinde und er verzichtete wohlweislich darauf, an den Stätten seiner Triumphe den Degen zu zücken und ein geritztes „Z“ zu hinterlassen.
Mit dem legendären Westernhelden, der 1919 in Johnston McCulleys Groschenroman „Der Fluch von Capistrano“ das Licht der Welt erblickte, hatte Wöbker nach eigenem Bekunden etwas ganz anderes gemeinsam: „Zorro – das stand für Gerechtigkeit, und dafür habe ich auch immer gekämpft!“
Der am 14. August 1940 geborene Wöbker war ein klassisches Eigengewächs des VfL. Schon als Kind ging er zur Bremer Brücke und träumte davon, irgendwann einmal selbst in der ersten Mannschaft zu stehen. Über die Jugendteams der Lila-Weißen, die er später selbst trainierte, ging es stetig voran, und auch überregional sorgte der groß gewachsene, kopfballstarke Mittelfeldspieler für Aufmerksamkeit. 1958 gewann er mit der Nordauswahl den DFB-Jugendpokal, später gehörte er zum Aufgebot der Deutschen Jugendnationalmannschaft.
Seine Entdeckung für den A-Kader der Lila-Weißen verdankte er – wie so viele talentierte Nachwuchsspieler – Cheftrainer Hellmut Meidt, der von 1957 bis 62 und noch einmal 1966/67 an der Seitenlinie Regie führte. Am 27. September 1959 gab Wöbker sein Debüt in der ersten Elf, kassierte mit den neuen Kollegen eine 0:3-Niederlage beim Hamburger SV und konnte sich doch so überzeugend in Szene setzen, dass der Trainer ihm auch in Zukunft vertraute. Fast genau ein Jahr später stand der angehende Regisseur, den alle bald nur noch „Zorro“ nannten, dann im Brennpunkt eines denkwürdigen Spiels.
Acht Tore gegen Werder
Hellmut Meidt hatte den VfL Osnabrück in die Spitzengruppe der Oberliga Nord geführt und mit seinem Team zwei Mal in Folge den vierten Tabellenplatz belegt. Doch 1960/61 lief anfangs wenig zusammen. Die Lila-Weißen verloren den Saisonauftakt bei Holstein Kiel und anschließend das Heimspiel gegen Bergedorf 85. Drei Siegen gegen den VfB Oldenburg, Concordia Hamburg und Bremerhaven 93 folgte die nächste Niederlage gegen den VfV Hildesheim.
Die Stimmung vor dem Heimspiel gegen die favorisierten Werderaner war entsprechend getrübt. 8.000 Zuschauer fanden sich am 25. September 1960 an der Bremer Brücke ein, wo es schon nach vier Minuten 2:0 für den VfL stand. Reinhold Priesmeyer verwertete eine kluge Vorarbeit von Karl-Heinz Wöbker, Walter Bensmann legte für Manfred Paschke auf.
Priesmeyer und Wöbker ließen sich in der Folgezeit etwas zurückfallen – sehr zur Freude der Gäste, die durch Schütz (9.) und Lorenz (18.) zum Ausgleich kamen. Aber der VfL war an diesem Tag nicht zu beeindrucken – am allerwenigsten Paschke, der noch zwei oder vielleicht auch drei Treffer nachlegte. (Die Beobachter konnten sich anschließend nicht einigen, ob ein Tor eher auf das Konto von Paschke oder Bensmann ging.)
Es stand 5:2, und ein Ende des fröhlichen Scheibenschießens war nicht in Sicht. In der 57. Minute behauptete sich „Zorro“ Wöbker gegen die robusten Abwehrrecken von der Weser und schob das Leder zum 6:2 in die Maschen. Erwin „Ata“ Trük verwandelte einen Handelfmeter, dann durften die Bremer in Person von Barth noch einmal verkürzen, ehe Priesmeyer den historischen 8:3-Endstand erzielte.
Kapitän des Nordmeisters
In den folgenden drei Jahren steckte der VfL im Mittelfeld der Oberliga Nord fest. Wöbker trat seinen Bundeswehrdienst an und wechselte 1964 als Spielertrainer zu Eintracht Lüneburg in die Amateurliga Niedersachsen. Ein Jahr später kehrte er zu seinem Heimatverein zurück, der nach der Gründung der Bundesliga und der verpassten Qualifikation für das Fußball-Oberhaus nur noch zweitklassig spielte. Von 1966 bis 68 belegten die Lila-Weißen jeweils den siebten Tabellenplatz.
Karl-Heinz Wöbker spielte nun seit fast einem Jahrzehnt für den VfL, doch der Höhepunkt seiner Karriere stand ihm noch bevor. Der kluge Spielgestalter und überzeugende Redner wurde Mannschaftskapitän und unter dem neuen Trainer Radoslav Momirski Meister der Regionalliga Nord. Mit deutlichem Vorsprung qualifizierte sich der VfL für die Aufstiegsrunde zur Bundesliga. Rot-Weiß Essen hatte am Ende die Nase vorn, doch der VfL trotzdem allen Grund, eine spektakuläre Saison und herausragende Leistungen zu feiern.
Auch im kommenden Jahr erreichten die Osnabrücker die Aufstiegsrunde, wurden hier allerdings Tabellenletzter hinter Arminia Bielefeld, dem Karlsruher SC, dem SV Alsenborn und Tennis Borussia Berlin. Wöbker absolvierte nur noch sieben Einsätze und trug beim bedeutungslosen 0:1 gegen Alsenborn zum letzten Mal das Trikot der Lila-Weißen. Es war sein 200. Pflichtspiel für den VfL. In elf Jahren erzielte er 22 Tore.
„Reibt eure Gelenke ein!“
Langweilig wurde es Karl-Heinz Wöbker nicht. Der Laborant setzte sich als Betriebsratsvorsitzender für die Belange seiner Mitarbeiter bei den Klöckner-Werken ein und traf den ehemaligen Mannschaftskollegen Helmut Bensmann nun nicht mehr auf dem grünen Rasen, sondern auf Demonstrationen für den Erhaltung der Stahlwerke in Osnabrück: „Wir waren bei dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, aber auch bei Bundeskanzler Helmut Kohl“, erinnerte sich Bensmann später, der als Wärmetechniker für die Überwachung der Industrieöfen zuständig war. „´Zorro´ hatte ein großes Herz, war immer sehr sozial eingestellt, und hier stand er in vorderster Linie. Er hat alles versucht, die Standorte und die Arbeitsplätze, die wegen der Stahlkrise extrem gefährdet waren, für die Region Osnabrück zu erhalten.“
Für die große Trainerkarriere, die Hellmut Meidt schon dem jungen „Zorro“ zugetraut hatte, blieb keine Zeit mehr. Doch ganz vom runden Leder lassen mochte Karl-Heinz Wöbker nicht. Er gab seine Erfahrungen an die Spieler der TSG Burg Gretesch und den Nachwuchs der Lila-Weißen weiter. 1994 organisierte er ein legendäres Jubiläumstreffen „seiner“ Meistermannschaft, die noch einmal ein Spiel gegen eine VfL-Auswahl bestritt und von „Zorro“ entsprechend eingestimmt wurde: „Holt eure alten Siegerstiefel aus der Ecke und reibt eure Gelenke ein, wir werden noch einmal über 2×30 Minuten gefordert!“
Nach seiner Pensionierung suchte Wöbker wieder sportliche Herausforderungen. Der passionierte Bergwanderer, dem auch in diesem Metier kein Weg zu weit und fast kein Gipfel zu hoch war, hatte noch viel vor, als er 2003 überraschend verstarb. Die Lila-Weißen verloren – viel zu früh – einen ihrer großen Spieler, der sich auch außerhalb des Fußballplatzes viel Respekt und Anerkennung erworben hatte. „´Zorro´ Wöbker und der VfL wurden immer in einem Atemzug genannt“, meinte Osnabrücks ehemaliger Sportsdirektor Lothar Gans. „Und das wird auch so bleiben!“
Text: Thorsten Stegemann