90PLUS
·23 June 2025
Zittersieg gegen Italien: DFB-Team mit dem berühmten blauen Auge!

In partnership with
Yahoo sports90PLUS
·23 June 2025
Durch einen absoluten Zittersieg gegen Italien hat sich die U21 des DFB für das Halbfinale qualifiziert. Doch der Weg dorthin gestaltete sich steiniger als zunächst gedacht.
Das musste auch Bundestrainer Antonio Di Salvo, der gegen das Geburtsland seines Vaters spielte, anerkennen. „Wir haben uns das Leben unnötig schwer gemacht“, analysierte er nach Abpfiff am Sat1-Mikrofon. Dennoch sei man natürlich „erstmal froh, im Halbfinale zu stehen“. Dort wird der DFB-Nachwuchs am Mittwochabend (21:00 Uhr MESZ) auf Frankreich treffen – und eine deutliche Leistungssteigerung benötigen, um eine Chance auf den Finaleinzug zu haben!
Denn gegen Italien zeigte die deutsche Mannschaft ihre mit Abstand schwächste Leistung dieser Europameisterschaft. Nach einer durchaus schwungvollen Anfangsphase verlor die Di-Salvo-Elf völlig ihren Flow und ließ sich von der physischen Gangart der Squadra Azzurra den Schneid abkaufen. Mehr noch: Durch schwungvoll vorgetragene Gegenangriffe um die schnellen Wilfried Gnonto und Luca Koleosho waren die Südeuropäer sogar das gefährlichere Team!
Der Führungstreffer in der 58. Minute war fast schon die logische Folge und resultierte unmittelbar aus einem fatalen Doppelfehler der deutschen U21. Brajan Gruda leistete sich einen vermeidbaren Ballverlust, ehe Nnamdi Collins gegen den starken Koleosho eine mehr als nur unglückliche Figur abgab.
Doch es bleibt positiv festzuhalten: Diese DFB-Elf steckt nicht so einfach auf! Nach dem verdienten Gegentor berappelte sich der dreifache Europameister und fand zunehmend besser in die Begegnung. Wieder einmal war es Nick Woltemade, der nach einem Eckball von Rocco Reitz per Kopf zum 1:1 traf.
Foto: Getty Images
Mit fünf Toren und drei Vorlagen in nur drei Einsätzen bleibt das Ausnahmetalent des VFB Stuttgart der prägendste Akteur dieser U21-EM. Denn: Auch das 2:1 von Nelson Weiper legte Woltemade mit einer – vermutlich eher weniger geplanten – Kopfballvorlage auf.
Die Italiener, die zu diesem Zeitpunkt bereits in Unterzahl spielten, machten sich das Leben selbst schwer und waren nach einer gelb-roten Karte wegen doppelten Meckerns plötzlich nur noch zu neunt. In der allerletzten Minute der Nachspielzeit erhielten die Azurblauen jedoch einen Freistoß in mustergültiger zentraler Position. Und Giuseppe Ambrosino nutze diese Chance, die ihm ein erneuter Fehler von Collins und ein ungestümes Einsteigen von Eric Martel ermöglichten: Traumhaft traf er ins rechte obere Toreck, wobei über das Stellungsspiel von Noahb Atubolu zumindest diskutiert werden muss.
Die deutsche Mannschaft beraubte sich so also eines früheren Feierabends und musste gegen neun giftig auftretende Italiener weitere qualvolle 30 Minuten überstehen. Im Hinblick auf das Halbfinale gegen die Franzosen hätte Di Salvo auf diese halbstündigen Nachschlag nur allzu gerne verzichtet. Die DFB-Youngster gingen nach einer langen Saison in ihren Vereinen spürbar auf dem Zahnfleisch und mussten zu allem Überfluss auch die Verletzungen von Abwehrchef Max Rosenfelder und Kapitän Martel in Kauf nehmen.
Bei ihm habe „alles zugemacht“, erklärte Martel später. „Ich muss erstmal gucken, dass ich wieder fit werde. Ich bin mausetot!“ Etwas besser dagegen sieht es bei Freiburg-Talent Rosenfelder aus, der aufgrund von Problemen am hinteren Oberschenkel ausgewechselt werden musste. „Ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist. Aber es dürfte alles okay sein“, gab Di Salvo jedoch vorsichtige Entwarnung.
Das erlösende 3:2 erlebten sowohl Martel als auch Rosenfelder daher von der Bank aus. Der eingewechselte Merlin Röhl, ebenfalls beim SC Freiburg aktiv, traf in der 117. Minute mit einem satten Abschluss in die kurze Ecke und sorgte damit für wahre Jubelstürme im schwarz-rot-goldenen Lager. „Ich persönlich genieße es sehr. Einfach ein schöner Moment mit der Mannschaft zusammen“, freute sich der Matchwinner aufrichtig.
Foto: Getty Images
Röhl bewahrte die deutsche Mannschaft damit vor einem enttäuschenden Turnier-Ausgang, der angesichts der starken Vorrunde auch nicht verdient gewesen wäre. Und trotzdem: Im Duell mit den Italienern bekamen die Di-Salvo-Schützlinge ganz klare Schwächen aufgezeigt.
Das Mittelfeld-Zentrum, bestehend aus Martel und seinem unermüdlich kämpfenden Gladbacher Partner Rocco Reitz, weist trotz beeindruckender Lauf- und Zweikampfstärke durchaus Mängel im Spiel mit dem Ball auf. Gegen das teils sehr energische gegnerische Pressing fehlten den Deutschen über weite Strecken der Partie schlicht und ergreifend die Lösungen! Ein Spielertyp wie Caspar Jander wäre hier zumindest eine denkbare Alternative gewesen.
Auch das Kreativzentrum um Paul Nebel und Brajan Gruda erwischte gegen Italien einen gebrauchten Tag. Gruda leitete mit seinem Ballverlust das 0:1 ein und konnte sich auch anderweitig kaum in Szene setzen. Und auch der bislang so starke Nebel fand zu keinem Zeitpunkt in die Begegnung – die Auswechslungen in der 62. Minute waren folgerichtig! Gegen das defensiv anfällige Frankreich werden sich beiden Edeltechnikern allerdings ausreichend Möglichkeiten bieten, um die schwächere Leistung aus dem Viertelfinale vergessen zu machen.
Viel Zeit bleibt dem DFB-Tross derweil nicht. In nur zwei freien Tagen müssen die U21-Stars wieder auf ein körperliches Level kommen, das den Franzosen gefährlich werden kann. Di Salvo gab daher schon wenige Minuten nach der überstandenen Schlacht von Dunajská Streda die Marschroute vor: „Regenerieren, gut essen, gut schlafen. Wir werden alle Körner sammeln“, stellte der Bundestrainer klar. „Wir hatten einige Jungs, die Krämpfe hatten. Ich muss mit dem Ärzteteam sprechen, mit den Jungs sprechen – und dann werden wir gut vorbereitet in das Halbfinale gehen.“
Für Reitz, der gegen Italien trotz einiger Ungenauigkeiten im Spielaufbau der wahrscheinlich beste Mann auf dem Platz war, besteht die perfekte Regeneration hingegen aus „Eistonne und Pizza“.
So oder so steht fest: Neben körperlicher Erholung wird die deutsche Mannschaft gegen Frankreich vor allem eine klare Leistungssteigerung brauchen. Knüpft man an die hervorragende Form der Hinrunde an, so ist man gegen die Équipe Tricolore der leichte Favorit. Ein erneuter Auftritt wie gegen Italien dürfte jedoch gleichbedeutend mit einem jähen Ende aller Titelträume sein.