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·10 July 2025

Hermann Gerland verabschiedet sich vom Fußball

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Wenn man Hermann Gerland fragt, würde er wahrscheinlich sagen, sie waren ein Geschenk Gottes: seine Augen. Dieser außergewöhnliche Blick dafür, wer wirklich ein Talent ist und wer nicht. Wer es nach oben schafft. Und wer nicht. Gerland hat diesen Blick.

1990 kam er erstmals zum FC Bayern, übernahm die Amateure. Nach Stationen in Nürnberg, Berlin, Bielefeld und Ulm kehrte er 2001 an die Säbener Straße zurück – und sollte von da an eine Ära prägen. Acht Jahre lang, ab 2009, war er Co-Trainer bei den Profis und arbeitete mit Jupp Heynckes, Louis van Gaal, Pep Guardiola und Carlo Ancelotti zusammen. Später leitete er das Nachwuchsleistungszentrum. „Wenn er Spiele für uns beobachtet, kann ich mich hundertprozentig auf sein Urteil verlassen. Seine Analysen sind oft ein Genuss“, sagte Ex-Bayerntrainer Hansi Flick einmal.


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Auf Asche geboren, mit Asche gekämpft

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Vier Wochen vor dem WM-Finale von 1954 war Gerland als Ältestes von vier Geschwistern in einer Bergarbeitersiedlung geboren worden, sein Vater starb mit 39 Jahren an einem Herzinfarkt, Sohn Hermann war neun Jahre alt. „Wir waren sehr, sehr arm“, erzählte Gerland einmal, „von da an musste ich auf meine Geschwister aufpassen.“ Der jüngste Bruder war zwei. Abgetragene Fußballschuhe bekam er von seinem Freund und wenn der in den großen Ferien wegfuhr, brach für Hermann Gerland vorübergehend eine Welt zusammen: Martin besaß den einzigen Fußball. Mit dem ging es jeden Tag hinaus auf die Wiese bis abends, wenn die Sonne wieder unterging.

Als später die Freunde aus der Bergarbeitersiedlung feiern gingen, blieb Gerland lieber zuhause. „Ich will Profi werden“, war er sich sicher. Aufgewachsen auf Asche war es weniger die Technik als vielmehr seine Hartnäckigkeit und Härte, die diesen Traum verwirklichte: Regelmäßig, erzählte Gerland, schrubbte seine Oma ihm unter teuflischen Schmerzen die Asche aus den offenen Wunden, weil Hermann als beinharter Verteidiger wieder offene Knie hatte. 1972 aber wuchs er bis in den rußigen Himmel des Ruhrgebiets hinauf, als ihn Trainer Heinz Höher beim VfL Bochum das erste Mal einwechselte: Bundesliga, Abstiegskampf, Castroper Straße - alles war wie gemacht für Hermann Gerland. Es folgten weit über 200 Bundesligaspiele für den VfL.

Er blieb der große Bruder

Danke, Tiger! Legende Hermann Gerlands Karriere in Bildern

In der Galerie findet Ihr die besten Bilder von Hermann Gerland, der zuletzt Co-Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft war und nun seine Karriere beendete. Über mehr als zwei Jahrzehnte prägte der Tiger auch den FC Bayern.

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Der Beschützer, der große Bruder blieb Gerland sein Leben lang auch auf dem Fußballplatz, die Kollegen dort nannten ihn „Eiche“. Weil er stehen blieb, wenn andere umfielen. Der „Tiger“ wurde er erst später, erfunden von einem Bochumer Journalisten. Warum, weiß Gerland bis heute nicht. Vielleicht wegen der Art, wie er sich in Zweikämpfe warf.

Bis 1984 stand die Eiche in Bochums Defensive, dann entdeckte Gerland sein besonderes Auge im Trainerjob. In der Saison 1987/88 verpasste er als Coach mit Bochum nur denkbar knapp den größten Triumph der Vereinsgeschichte. Im DFB-Pokalfinale unterlagen die Blau-Weißen der Frankfurter Eintracht mit 0:1. Ein Titelgewinn mit seinem VfL blieb ihm somit verwehrt – später in München sollten aber zahlreiche Trophäen folgen: unter anderem acht Deutsche Meisterschaften, fünf DFB-Pokalsiege und zwei Champions League-Titel.

Im Juli 1990 kam er zu den Amateuren des FC Bayern, später wurde er zum Co-Trainer der Profis befördert. Auf dem Platz standen damals: Toni Schumacher, Hansi Pflügler, Jan Wouters und Alan McInally. In seiner langen Zeit beim Rekordmeister entdeckte und formte Gerland viele Talente: Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Holger Badstuber, Thomas Müller, Mats Hummels, David Alaba, Piotr Trochowski, Zvjezdan Misimovic und jüngst Jamal Musiala - sie alle durchliefen seine Schule, geprägt von Leidenschaft, klarer Kante, Kopfballpendel und kernigen Sprüchen.

„Dann werde ich Wasserballtrainer“

Er forderte viel. Mehr als andere. Und erkannte früh: „Ich hab einen, der ist 15, aber spielt wie 30.“ Gemeint war Philipp Lahm. Kein Bundesligatrainer wollte ihn ausleihen. Gerland sagte zu seiner Frau: „Gudrun, wenn das kein Superspieler wird, geb ich meine Lizenz zurück und werde Wasserballtrainer.“ Sein Blick trog selten. Beim jungen Leon Goretzka zögerte er kurz. Doch Peter Herrmann beruhigte ihn: „Hermann, deine Augen sind in Ordnung.“

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Profitieren von seiner Erfahrung wollte zuletzt der Deutsche Fußball-Bund. 2022 fuhr Hermann Gerland als Co-Trainer erstmals zu einer WM nach Katar, holte vor wenigen Wochen als Assistent der U21 Silber bei der Europameisterschaft. Jetzt, mit 71 Jahren, hat Hermann Gerland einen Schlussstrich unter den Fußball gezogen. „Ich freue mich, jetzt mehr Zeit für meine Frau und meine Enkelkinder zu haben, die sollen von ihrem Opa noch was haben. Und ganz sicher werde ich dem Fußball verbunden bleiben. In diesem Sinne: Glück auf!“, sagte er zur Verabschiedung und hat am Mittwoch den Bayerischen Verdienstorden entgegengenommen.

Gerland prägte den deutschen Fußball als Trainer wie kaum ein anderer. Mit seiner Art, mit seiner Arbeit, mit seinem Gespür und seinen Augen. Jetzt möchte er nicht mehr auf dem Trainingsplatz stehen: „Jetzt will ich mit meinen Enkeln Trekker fahren.“

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