MillernTon
·6 January 2025
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Das einzige Testspiel der Winterpause verliert der FC St. Pauli in Braunschweig, darf sich aber über einen „Neuzugang“ und wichtige Erkenntnisse freuen.(Titelfoto: Stefan Groenveld)
Wenn nach diesem Spiel nicht die Regel „Testspiele nicht überbewerten“ gelten würde, dann hätten wir beim MillernTon wohl schon mit voller Wucht auf den Panik-Knopf gehauen. Auf eine durchschnittliche erste Halbzeit folgte ein blutleerer Auftritt im zweiten Abschnitt, an dessen Ende eine verdiente 1:2-Niederlage gegen den Tabellen-17. der 2. Bundesliga stand. Doch die nachvollziehbaren Gründe „Wetter“ und „Kader“ sorgen dafür, dass der Panik-Knopf weiterhin in einer Schublade sein tristes Dasein fristet. Zuletzt benutzt wurde er, als Jos Luhukay noch FCSP-Trainer war. Davon sind wir ja glücklicherweise weit entfernt.
Kommen wir also zu einem der Gründe: Der Kader des FC St. Pauli war für das Testspiel bei Eintracht Braunschweig ziemlich ausgedünnt: Neben den bereits länger verletzten Spielern Elias Saad, Karol Mets, Connor Metcalfe, Simon Zoller, Robert Wagner, Sascha Burchert und Sören Ahlers fehlten auch Hauke Wahl, Eric Smith, Philipp Treu und Jackson Irvine in Braunschweig. Zudem war auch Neuzugang Abdoulie Ceesay nicht mit dabei, der an diesem Tag 21 Jahre alt geworden ist.
Mit im Kader waren hingegen die anderen beiden Nezugänge des Winters, James Sands und Noah Weißhaupt. Zudem erhielten auch einige Nachwuchsspieler die Möglichkeit sich zu zeigen. Marwin Schmitz, Emil Staugaard (spielte als einziger Spieler 90 volle Minuten), Max Herrmann und Romeo Aigbekaen waren mit auf dem Platz und hinterließen teilweise mächtig Eindruck.
In den ersten Abschnitt startete der FC St. Pauli mit Nikola Vasilj im Tor und als Kapitän des Teams. Davor formierte sich eine Viererkette (von rechts nach links) bestehend aus Manos Saliakas, David Nemeth, Emil Staugaard und Erik Ahlstrand(!). Auf der Doppelsechs positionierten sich James Sands und Marwin Schmitz. Davor agierte das Team mit zwei klaren Außenbahnspielern (Morgan Guilavogui rechts, Dapo Afolayan links) und zwei Spitzen, Romeo Aigbekaen und Andreas Albers. Der FC St. Pauli spielte also in einem 4-2-2-2, einer bisher nicht praktizierten Formation. Das geschah natürlich ein bisschen aus Verlegenheit, weil es an Innenverteidigern im Kader mangelte, aber viele Offensivspieler mit dabei waren. Doch Alexander Blessin erklärte nach Abpfiff, dass es sich bei dem 4-2-2-2 nicht nur um eine Notformation gehandelt habe, dass man das schon auch neu einstudieren wollte.
Die ersten Minuten der Partie gehörten klar dem FC St. Pauli. Das Team zeigte sich vor allem in den Momenten direkt nach Ballgewinnen sehr aktiv und hatte besonders über die eigene linke Seite viele gute Offensivaktionen (dort wo Ahlstrand und Afolayan agierten). Das erste Ausrufezeichen setzte dann aber Aigbekaen, der nach sechs Minuten mit einem Dribbling in rasender Geschwindigkeit fast die gesamte Hintermannschaft der Braunschweiger richtig alt aussehen ließ.
Sowieso war Aigbekaen der auffälligste Spieler auf dem Platz, hatte mehrere gute Szenen. Blessin wollte nach Abpfiff nicht von einem „Highlight-Spiel“ sprechen, erklärte aber auch, dass Aigbekaen einen sehr positiven Eindruck hinterließ. Der U23-Spieler, im Sommer aus Düren gekommen, hatte bereits beim Spiel gegen Werder Bremen im Kader des FC St. Pauli gestanden, ist seit Wochen Teil des Team-Trainings und hat sich diesen Platz mit guten Leistungen in der U23 auch verdient (dort in 17 Spielen sechs Treffer – davon vier in den letzten vier Spielen – und zwei Vorlagen). Er ist ein Spieler, der enorm viele direkte Duelle sucht (ist übrigens auch im Futsal aktiv gewesen). Unter allen Offensivspielern sämtlicher Regionalligen in Deutschland gibt es nur einen, der durchschnittlich mehr Zweikämpfe pro Spiel führt als Aigbekaen.
Davon war in Braunschweig einiges zu sehen. Die Offensive des FC St. Pauli konnte im ersten Abschnitt immer wieder mit ihrem Tempo glänzen, auch dank Aigbekaen. Der erste Treffer gelang dann aber einem Verteidiger des FCSP – zur Führung der Braunschweiger, Manos Saliakas traf ins eigene Tor. Doch kurz danach gelang bereits der Ausgleich: Den Kopfball von Afolayan konnte der Braunschweiger Torhüter noch parieren, doch im Rückraum zog Aigbekaen einmal humorlos durch und traf zum 1:1. Trotz weiterer Gelegenheiten des FCSP blieb es bis zur Pause beim Unentschieden.
Erwartungsgemäß wechselte der FC St. Pauli zur zweiten Halbzeit richtig durch. Einzig Emil Staugaard blieb auf dem Platz, alle anderen Spieler hatten Feierabend. Im Tor feierte Ben Voll nach langer Verletzungspause sein Comeback. Willkommen zurück! Die Viererkette bestand aus Fin Stevens, Adam Dzwigala, Emil Staugaard und Lars Ritzka. Davor bildeten Max Herrmann und Carlo Boukhalfa die Doppelsechs. Auf den Außenbahnen waren Scott Banks (rechts) und Noah Weißhaupt (links) aktiv und im Angriffszentrum agierten Johannes Eggestein (Kapitän des Teams) und Maurides. Wie auch in der ersten Halbzeit eine personelle Aufstellung, die es so wohl nie wieder geben wird.
Das letzte Spiel des FC St. Pauli im Stadion von Eintracht Braunschweig? Endete mit einem gerissenen Kreuzband von Scott Banks. Verletzungen dieser Art gab es am Sonntag trotz schlechter Platzverhältnisse glücklicherweise nicht. // (c) Peter Boehmer
Dieser zweite Abschnitt ist mit „gruselig“ noch würdevoll beschrieben. Die ersten 30 Minuten plätscherten vor sich hin, eigentlich ohne nennenswerte Aktionen. Als der FC St. Pauli dann gegen Spielende wieder etwas zwingender vorne wurde, fing man sich das Gegentor zum 1:2, das Spiel ging verloren. War der Auftritt in der ersten Halbzeit noch offensiv in Momenten ansprechend, so war es im zweiten Abschnitt ein ganz, ganz zähes Ding. Blessin fand dafür deutliche Worte: „Die zweite Halbzeit war zu wenig, zu mau. Es wurde nur defensiv gedacht, gab keine vorwärtsverteidigenden Aktionen. Waren auch nicht mutig, haben immer wieder vor die Kette gespielt, hatten keinen Tiefgang.“
Womit wir dann relativ direkt zu Romeo Aigbekaen und den beiden Neuzugängen kommen: Denn alle hatten durchaus großen Einfluss auf das Spiel. Das Tempo (auch defensiv) und die Radikalität von Aigbekaen fehlte im zweiten Abschnitt. Es scheint so als würde es beim FC St. Pauli noch einen weiteren „Neuzugang“ im Kader geben. Romeo Aigbekaen gibt dem Team in der Offensive ein Element, welches sonst fehlen würde. Sollte seine Entwicklung weiter so temporeich voranschreiten, wäre es nicht verwunderlich, wenn er auch in der Rückrunde das ein oder andere Mal Teil des Spieltagskaders ist.
Von den „richtigen“ Neuzugängen kamen am Sonntag Noah Weißhaupt und James Sands zum Einsatz. Bei Weißhaupt habe man die Qualitäten aufblitzen sehen, so Blessin, doch fehlte es an „Tiefe“, wie auch dem Rest der FCSP-Offensive. Bei Sands hatte Blessin ausgemacht, dass dieser „etwas verhalten in den Zweikämpfen“ gewesen sei, betonte aber, dass es insgesamt gut aussah, was der 24-jährige Neuzugang im defensiven Mittelfeld angeboten habe. Nicht im Kader mit dabei war Neuzugang Abdoulie Ceesay. Der nun 21-jährige (hatte Sonntag Geburtstag) wirkte bis zum Testspiel an keiner Trainingseinheit mit dem Team mit. Ein Einsatz am Sonntag kam daher zu früh, so Blessin.
Während Weißhaupt in dieser Saison zwar wenig Spielzeit im Trikot des SC Freiburg sammelte, hat der offensive Außenbahnspieler aber zumindest bis kurz vor Weihnachten regelmäßiges Team-Training gehabt. Das ist bei Sands und Ceesay nicht der Fall gewesen, die jeweils im November die letzten Pflichtspiele mit ihren Clubs hatten. So muss – unabhängig davon ob beide Spieler den FC St. Pauli mit ihren fußballerischen Qualitäten stärker machen – gefragt werden, wie wahrscheinlich es ist, dass sie dem Team bereits in den ersten Wochen nach der Winterpause helfen können.
Die nun kommende Trainingswoche wird Antworten dazu liefern. Sie steht ganz im Zeichen der Vorbereitung auf dann folgenden drei Spiele in sieben Tagen. Hierbei wird es zwar keine große Comeback-Welle geben, doch mit Treu, Smith, Wahl und Irvine werden vier Stammspieler auf den Platz zurückkehren. Sie werden dringend benötigt, damit der FC St. Pauli gut aus der kurzen Winterpause herauskommt. Und das ist dann doch eine deutlich positive Nachricht vom Testspiel am Sonntag: Niemand hat sich verletzt und der Kader ist mit Weißhaupt, Sands, Ceesay und Aigbekaen um vier Optionen reicher.
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