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·9. Dezember 2024
WM-Vergabe in dieser Woche: „Katar 2.0“ in Saudi-Arabien?

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·9. Dezember 2024
In den nächsten Tagen wird die offizielle Vergabe der WM 2034 an Saudi-Arabien erwartet. Wie schon zum Turnier in Katar 2022 gibt es viele kritische Stimmen, die bereits jetzt auf Missstände hinweisen und Parallelen zur vergangenen Weltmeisterschaft herstellen.
Im Laufe der Woche wird die FIFA bestätigen, dass Saudi-Arabien die Fußball-WM 2034 ausrichten wird. Der Wüstenstaat ist der einzige Bewerber auf das Turnier. Menschenrechtsorganisationen kritisieren „schwere und weit verbreitete Rechtsverletzungen“ in dem Land. Es gebe viele Parallelen zur vergangenen Weltmeisterschaft in Katar.
In Saudi-Arabien leben mehr als 10 Millionen Gastarbeiter aus Afrika und Asien, die bereits jetzt auf Hochtouren das Projekt „WM 2034“ realisieren sollen. Gefährliche Arbeitsverhältnisse, illegale Anwerbegebühren und unbezahlte Löhne gehören zu ihrer Realität. Der Nahost-Staat weist diese Unterstellungen zurück. Stephen Cockburn, Leiter des Bereichs Arbeitsrechte und Sport bei Amnesty International, betont gegenüber The Guardian: „Es besteht kein Zweifel daran, dass es Arbeiter gibt, die unter unsicheren Bedingungen arbeiten, ohne den nötigen Schutz. Wenn Saudi-Arabien ein Problem leugnet, dann werden sie auch keine Lösung finden.“
Viele der Arbeiter stammen aus Bangladesch. Manche von ihnen werden nie wieder in ihre Heimat zurückkehren: Es gibt schon jetzt viele Todesfälle, die mit der WM 2034 zusammenhängen. Nach Angaben des südasiatischen Landes starben zwischen Januar und Juli 2024 887 Bangladescher in Saudi-Arabien. Dort wurden 80% der Todesfälle auf „natürliche Ursachen“ zurückgeführt. Ein Angehöriger eines Verstorbenen beklagte gegenüber Human Rights Watch: „Wie können wir sagen, ob der Tod natürlich war oder nicht? Er ist in Saudi-Arabien gestorben und wir haben ihn nicht gesehen.“
(Photo by Adam Pretty/Getty Images)
Zuletzt war es Saudi-Arabien wichtig, sein Image aufzubessern. Dazu wurden unter anderem konservative Gesetze wie das Fahrverbot für Frauen verabschiedet. Dr. Maryam Aldossari, saudische Aktivistin und Dozentin an der Royal Holloway University of London, sagt: „Jetzt scheint das Regime diese Strategie auf den Sport auszudehnen und die Fußballweltmeisterschaft als Instrument zu nutzen, um seine erschreckende Menschenrechtsbilanz zu beschönigen. […] Wanderarbeiter werden systematisch ausgebeutet und abweichende Meinungen werden mit rücksichtsloser Effizienz unterdrückt.“ Sie konkludiert: „Das ist keine Modernisierung, das ist Sportswashing.“
Cockburn räumt dem Weltverband noch minimal Zeit ein: „Wir kennen die Lehren aus der Weltmeisterschaft in Katar. Es sollte möglich sein, Reformen bei den Rechten und Freiheiten der Arbeitnehmer voranzutreiben. […] Die Weltmeisterschaft könnte ein Katalysator für Veränderungen sein. Sobald die Entscheidung getroffen ist, trägt die FIFA die Verantwortung für das, was danach kommt.“ Im Bewerbungsbericht des Verbands heißt es, Saudi-Arabien habe sich verpflichtet, die international anerkannten Menschenrechte zu respektieren, zu schützen und zu erfüllen.
(Photo by Darrian Traynor/Getty Images)