MillernTon
·20. Juni 2025
Wer ist Mathias Pereira Lage? – Ein Spielerprofil

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Mit Mathias Pereira Lage hat der FC St. Pauli einen weiteren temporeichen Offensivspieler verpflichtet, der flexibel einsetzbar ist. Er dürfte dem Team sofort weiterhelfen.(Titelfoto: Jasmin Walter/Getty Images/via OneFootball)
Ablösefrei kommt Mathias Pereira Lage von Stade Brest zum FC St. Pauli. Und auch der Sommer-Neuzugang Nummer vier bei den Feldspielern des FCSP ist einer, der mit hoher Geschwindigkeit besticht, so wie auch Arkadiusz Pyrka, Jannik Robatsch und Ricky-Jade Jones (hinzu kommt noch Torhüter Simon Spari). Aber Pereira Lage kann noch mehr, als sich „nur“ schnell auf dem Platz fortzubewegen.
Im November 1996 wurde Mathias Pereira Lage im Clermont-Ferrand geboren. Die mittelgroße Stadt liegt im Zentralmassiv, ganz in der Nähe des – der Radsport-begeisterten Leserschaft natürlich bekannten – Vulkans Puy de Dôme.Für Clermont Foot lief Pereira Lage in der Saison 15/16 erstmals in der Ligue 2 auf, erzielte in der Saison auch direkt seinen ersten Treffer im Herrenbereich. In der gleichen Liga spielte er auch in den drei Folgejahren: In der Saison 16/17 agierte er dabei zumeist im zentralen Mittelfeld (27 Spiele, zwei Treffer, drei Vorlagen). Im Jahr darauf rückte er vermehrt ins linke Mittelfeld, erzielte in 38 Spielen zehn Treffer und hatte damit maßgeblichen Anteil daran, dass Clermont die Saison im oberen Tabellenbereich abschloss.
Seine guten Leistungen blieben nicht verborgen: Im Frühherbst 2018 debütierte Mathias Pereira Lage für die U21 Portugals. Pereira Lage besitzt die portugiesische und die französische Staatsbürgerschaft. Auf drei Einsätze brachte er es in dieser Zeit, mehr kamen nicht mehr dazu. In der Ligue 2 spielte er aber weiter eine gewichtige Rolle für Clermont. Als Stammspieler war er an elf Treffern direkt beteiligt. Im Sommer 2019 ging es für ihn dann in die Ligue 1 zu SCO Angers. Dort angekommen feierte er den perfekten Einstand: In seinem ersten Ligaspiel war er mit Tor und Vorlage maßgeblich am 3:1-Erfolg gegen Girondins Bordeaux beteiligt. Für Pereira Lage kam in der Saison (in der er wieder vermehrt im zentralen Mittelfeld spielte) kein Treffer mehr hinzu. In der Folgesaison wurde er durch eine Schulterverletzung etwas ausgebremst, Stammspieler war er aber trotzdem, wenn er fit war. Zumeist auf der Außenbahn eingesetzt, erzielte er vier Ligatreffer. Obwohl er in der Saison 21/22 dann seinen Stammplatz anfangs nicht mehr innehatte, war er mit sieben Torbeteiligungen weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Teams.
Im Sommer 2022 wechselte Mathias Pereira Lage dann zu Stade Brest. Beim Club aus der Hafenstadt in der Bretragne war er anfangs Stammspieler, eine Sprunggelenksverletzung sorgte aber für eine längere Ausfallzeit (24 Spiele, vier Torbeteiligungen). Brest hielt am Saisonende die Klasse und sollte im Folgejahr einer der aufregendsten Clubs Europas sein. Mit Pereira Lage als Linksaußen und zumeist Stammspieler (30 Spiele, 3 Treffer, 2 Vorlagen) schaffte es Stade Brest auf Rang drei und qualifizierte sich sensationell für die Champions League.
In dieser kam Mathias Pereira Lage dann auf ganze neun Einsätze. Stade Brest überstand nach Siegen gegen Graz, Salzburg (da erzielte er einen Treffer), Prag und Eindhoven die Gruppenphase, musste sich in der Zwischenrunde aber dem späteren Titelträger Paris Saint-Germain geschlagen geben. In der Ligue 1 konnte sich Brest nach schleppendem Saisonstart dank einer guten Phase gegen Saisonende, auch dank sechs Torbeteiligungen in sechs Spielen von Pereira Lage (zumeist als offensiver Außenbahnspieler eingesetzt), noch in die obere Tabellenhälfte schieben.
Obwohl seine Leistungen es verdient hätten, gibt es von Mathias Pereira Lage keine „Skills & Goals“-Video. Seine Treffer müsstet ihr euch mühevoll zusammenklicken. Oder ihr wartet einfach auf die Treffer, die er (hoffentlich) für den FC St. Pauli erzielen wird. Dass es keine solche Zusammenstellung gibt, ist durchaus ungewöhnlich für einen Offensivspieler, der mit inzwischen 28 Jahren auch schon einiges an Erfahrung vorzuweisen hat. Interessant: Pereira Lage wird von der gleichen Agentur betreut wie Morgan Guilavogui und, die hartgesottenen Transfergerüchte-Junkies werden zusammenzucken, Aurélien Scheidler.
Um Mathias Pereira Lage etwas besser kennenzulernen, habe ich ein paar Fragen an Quentin vom Podcast „Brest On Air“ stellen dürfen. Quentin sorgte bei mir erstmal für Entspannung meiner Finger, weil er den Namen Mathias Pereira Lage mit MPL abkürzt, sehr angenehm.
Moin Quentin, Mathias Pereira Lage wechselt zum FC St. Pauli. Was sind seine Stärken auf dem Platz?Die offensichtlichste Eigenschaft, die er hat, ist, dass er auf dem Spielfeld 110 % für sein Team gibt. Bei den Ausdauertests zu Beginn der Saison belegte er immer den ersten Platz, außerdem ist er ziemlich schnell, auch wenn er nicht wirklich so aussieht. Er ist vor allem ein Flügelspieler, der viel rennt, zurückläuft und gut verteidigt, eine gefährliche Waffe für eine Mannschaft, die auf Konter aus ist. „MPL“ ist auch ein guter – wenn auch etwas unregelmäßiger – Freistoßschütze. Er ist in der Lage, einige erstaunliche Dinge auf dem Spielfeld zu tun, er hat seine Momente, aber nicht sehr oft. Seine Tore, die er für Brest erzielt hat, sind ziemlich gut, aber es fehlt ihm an der Regelmäßigkeit. Die Bundesliga und der ziemlich wilde Stil von St. Pauli passen zu ihm. Ich kann nicht sagen, dass er Stammspieler wird, der regelmäßig zu Toren und Assists beiträgt. Aber er wird ein nützlicher Spieler sein, weil er fit ist, sich nicht oft verletzt und viele Positionen auf dem Platz spielen kann. Außerdem ist er ein sehr guter Mann für die Umkleidekabine. Er hat sich nie beschwert, wenn er nicht in der Startelf stand, und ich glaube, dass er sich mit allen im Verein gut versteht.
In welchen Bereichen kann er sich noch verbessern? Und was können wir nicht von ihm erwarten?Ich glaube nicht, dass er sich in seinem Alter noch verbessern wird. Vielleicht kann ihm aber eine neue Art des Trainings helfen. Am wichtigsten ist, dass es ihm an Potenzial fehlt. Man hat das Gefühl, dass er mit seinen Qualitäten bereits das Beste aus seiner Karriere macht. MPL war nie ein Stammspieler bei Brest, er hat nie Konstanz gefunden, außer ganz am Ende seiner Zeit hier. Man könnte argumentieren, dass er es getan hat, um einen besseren Vertrag in Brest oder anderswo zu bekommen, es wäre nicht das erste Mal, dass wir so etwas sehen. Wenn man sich die Reaktionen der Fans in Brest zu seinem Abgang beachtet, hätten die meisten lieber gesehen, dass er bleibt, weil seine letzten Spiele für uns gut waren. Für diejenigen, die kein Kurzzeitgedächtnis haben: Er war zwar ein nützlicher Spieler für uns, aber er war nie ein Spielveränderer, eher ein Spieler, den man einsetzt, wenn vermeintlich bessere Spieler nicht spielen. Er ist kein sehr begabter Spieler, kein sehr technischer Spieler, nur ein durchschnittlicher, wie ich es gerne nenne, „Ligue 1,5-Spieler“. Jemand, der für eine Mannschaft aus der unteren Ligue 1 oder der oberen Ligue 2 spielen kann, eine Art von Verein, die Brest trotz der jüngsten Erfolge ist, wie St. Pauli auch. Es ist nur die fehlende Beständigkeit, die Probleme bereitet.
Mathias Pereira Lage hat auf vielen Positionen in Brest gespielt – wo ist er am stärksten?Ich würde sagen, er ist als Flügelspieler am besten geeignet. Er ist technisch nicht gut genug, um im Zentrum zu spielen. Letzte Saison hat er auch als Linksverteidiger ausgeholfen, weil wir eine Verletzungsmisere hatten, er hat dort sogar ein Champions-League-Spiel gegen Shakhtar begonnen (es lief aber nicht gut für ihn – wie für die ganze Mannschaft, man kann ihm nicht wirklich einen Vorwurf machen). Als Flügelstürmer kann er seine Schnelligkeit nutzen, vielleicht an seinem Gegenspieler vorbeikommen. Er ist auch ziemlich gut darin, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Läufe zu machen, er kann ziemlich gefährlich sein, wenn er hinter die Abwehr kommt. Diese Qualität könnte als sehr gut angesehen werden, um als 8er oder 10er zu spielen. Aber er hat einfach nicht die technischen Fähigkeiten oder die Kreativität, um sich zu sehr in den Spielaufbau einzubringen.
Der FC St. Pauli hat einen Fokus auf das Umschaltspiel – passt Mathias Pereira Lage zu diesem Spielstil?Ja, das kann er am besten. Er ist sehr schnell und sprintet sehr oft. Er braucht den Platz, kann aber auch gut zurücklaufen. Ich würde sagen er ist der Prototyp eines Konterfußballers.
Warum wurde sein Vertrag bei Stade Brest nicht verlängert?Die Ligue 1 befindet sich insgesamt in einer sehr prekären finanziellen Lage, und Brest ist da trotz der Champions-League-Gelder keine Ausnahme. Wir haben ihm einen neuen Vertrag angeboten, aber mit einem geringeren Gehalt, also hat er sich für einen anderen Verein entschieden.Vielen Dank für die Einschätzung, Quentin!
In der abgelaufenen Saison hat Mathias Pereira Lage zumeist als offensiver Außenbahnspieler agiert. Daher habe ich mich entschieden, den Datenvergleich mit den anderen Ligue-1-Spielern auf dieser Position zu machen. Ich hatte aber auch länger überlegt, ob es überhaupt Sinn ergibt, die Daten aufzubereiten und zu vergleichen. Denn Pereira Lage hat eben auch auf anderen Positionen gespielt (und das lässt sich nur ganz schwer aus den Daten herausfiltern) und die Konkurrenz auf dieser Position ist allein schon mit den PSG-Spielern Barcola, Doué, Kvaratskhelia und nicht zuletzt Dembélé einfach pervers. Trotzdem zeigt die Pizza-Grafik extrem Interessantes:
Kern-Statistiken von Mathias Pereira Lage der Saison 24/25, dargestellt als Perzentile im Vergleich zu allen offensiven Außenbahnspielern der Ligue 1 in Frankreich. (Erklärung: Die Länge des dunkel gefärbten Teils des Pizzastücks zeigt, wie viele Prozent der anderen Spieler auf dieser Position schlechtere Werte oder oder maximal den gleichen Wert haben. Komplett dunkel heißt: Keiner ist besser. Zudem sind die Absolutwerte in Zahlen angegeben.)
Die Daten zeigen: Mathias Pereira Lage spielt zwar im Offensivbereich, ein klassischer Torjäger ist er aber nicht. Ich würde ihn eher als (extrem wichtigen) Verbindungsspieler und vor allem Umschaltspieler bezeichnen. Stade Brest agierte in der Saison mit einem klaren Zielspieler (Ludovic Ajorque, der zuvor in Mainz spielte). Dieser wurde von Pereira Lage oft erfolgreich mit Flanken gefüttert. Beim Stichwort Flanken fällt mir ein, dass ich auf eine Fähigkeit von Pereira Lage hinweisen möchte, die für einen 1,80m großen, technisch versierten Flügelflitzer ungewöhnlich ist: Er ist bemerkenswert kopfballstark, führt auf seiner Position nicht nur die meisten Duelle in der Luft, sondern hat auch die beste Erfolgsquote. Ebenfalls überdurchschnittlich erfolgreich ist er bei Dribblings, diesen geht er aber tendenziell eher aus dem Weg (gleich mehr dazu).
Auffällig ist die wohl größte Stärke von Mathias Pereira Lage: Im Gegenpressing ist er richtig, richtig gut. Das zeigt sich unter anderem bei der Anzahl an abgefangenen Pässen (Höchstwert auf seiner Position) und bei der Quote erfolgreicher Defensivduelle (Höchstwert). Auch zu erkennen ist die hohe Anzahl an Defensivzweikämpfen. Das lässt sich nicht dadurch erklären, dass Brest besonders viel in der Defensive gefordert wurde, sondern ist ein Ausdruck des Eifers, mit dem er auf Balljagd geht.
Mit dem letzten Absatz habe ich bereits die Datenlage mit dem visuellen Eindruck verbunden. Mathias Pereira Lage ist ein Spieler, der extrem laufstark ist. Er ist für Mittelfeld und Innenverteidigung anspielbar, ist jemand, der den Ball haben möchte. Ist er auch immer „online“ wie Alexander Blessin es wohl nennen würde? Hmm, nach meinem Eindruck könnte er noch deutlich aktiver sein. Ist der Ball in seinen Füßen, dann bleibt er aber nicht lange dort, was man an den geringen Werten bei der Anzahl an Dribblings und den progressiven Läufen erkennt. Pereira Lage ist viel eher am Kombinationsspiel interessiert.
Das ist auch eine gute Idee, denn in den direkten Duellen fehlt ihm etwas die Körperlichkeit, wenn es gegen robuste Verteidiger geht. Er ist aber sehr agil, hat einen tiefen Körperschwerpunkt und zeigt daher gute Bewegungen auf engem Raum. Diese Richtungswechsel nutzt er aber eher selten für Dribblings, sondern eher um bessere Winkel für Pässe zu den Teamkollegen zu erschaffen. Sein Passspiel ist gut, es ist nicht überragend, aber sicher auch keine Schwäche. Er ist aber sicher kein Zauberer am Ball, kein Zehner, der seine Mitspieler mit perfekten Schnittstellenpässen füttert. Er verfügt über eine saubere Technik, einzig der erste Kontakt ist manchmal unsauber. Besonders unter Druck wirkt er aber manchmal etwas wackelig, dann versagt ab und an auch die sonst saubere Technik.
Räume schafft Mathias Pereira Lage aber nicht nur durch gute Körpertäuschungen. Vielmehr ist er auch ein schneller und smarter Spieler. In Verbindung mit der Agilität schafft er es daher oft, sich von den Gegenspielern abzusetzen und für seine Teamkollegen anspielbar zu sein.Was in den letzten beiden Saisons nicht unbedingt seine Stärke war: Die Chancenverwertung. MPL gelingt es sehr gut, in gefährliche Räume vorzudringen. Er hat ein sehr gutes Gefühl für Räume. Das führt dazu, dass er auch im gegnerischen Strafraum immer wieder zu Gelegenheiten kommt. Diese wurden zuletzt aber nur bedingt auch in Tore umgemünzt: In den letzten beiden Spielzeiten war sein xG-Wert jeweils höher als die Anzahl an Treffern.
Mit Mathias Pereira Lage hat der FC St. Pauli einen Spieler verpflichtet, der in zwei Bereichen überragend gut in das Konzept des Teams passt: 1. Seine Bereitschaft zur Arbeit gegen den Ball und 2. seine körperlichen Fähigkeiten, die ihn zu einem sehr guten Umschaltspieler machen. Somit ist auch die fünfte Verpflichtung des Sommers eine, die auf den noch stärken Fokus des FCSP auf Umschaltmomente in der kommenden Saison hinweist.
Doch bei Mathias Pereira Lage ist die Situation anders als bei den Herren Jones, Robatsch und Pyrka: Er sollte eine Soforthilfe sein. Allerdings ist gar nicht so direkt klar, wo genau eigentlich. Allein das ist schon ein fettes Plus – denn diese Flexibilität ist für ein Team extrem wertvoll. Auf der anderen Seite bedeutet Flexibilität auch oft, dass sich ein Spieler auf einer Position nie so durchsetzen konnte, dass es „seine“ Position wurde. Ist Mathias Pereira Lage also ein Ergänzungsspieler? Womöglich nicht für den FC St. Pauli, aber das werden wir herausfinden müssen.
Zuletzt agierte MPL zwar zumeist auf der linken Offensivseite, doch von den Fähigkeiten her würde er auch ganz gut in die Rolle passen, die Danel Sinani gegen Ende der Vorsaison beim FC St. Pauli eingenommen hat (auch wenn Quentin das anders bewertet). Wie ich darauf komme? Weil es Pereira Lage besonders gut gelingt, sich von seinen Gegenspieler zu lösen, er ein gutes Timing und Gefühl für Räume und Situationen besitzt und im Kombinationsspiel gut ist (dabei hilft auch, dass er mit beiden Füßen gute Dinge machen kann). Zwar ist er kein klassischer Zehner, aber zusammen mit der eher nicht so ausgeprägten Fähigkeit in direkten Duellen (was für 1-vs-1-Duelle auf den Außenbahnen nachteilhaft ist), ist es zumindest denkbar, dass Mathias Pereira Lage direkt auch eine zentrale Rolle beim FC St. Pauli übernehmen kann. Im wörtlichen und im übertragenen Sinne.
Herzlich Willkommen am Millerntor, Mathias Pereira Lage!// Tim
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