🔮 Was wäre eigentlich, wenn die Uefa die Superliga einführen würde? | OneFootball

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Jan Schultz·2. August 2020

🔮 Was wäre eigentlich, wenn die Uefa die Superliga einführen würde?

Artikelbild:🔮 Was wäre eigentlich, wenn die Uefa die Superliga einführen würde?

Seit Jahrzehnten geistert immer wieder eine Idee durch die Köpfe der ganz großen Klubbosse: Eine eigenständige Superliga, losgelöst von den nationalen Meisterschaften und gespickt mit der Crème de la Crème des europäischen Spitzenfußballs.

Bisher mündeten solche Ansätze immer „nur“ in Reformationen des Europapokals der Landesmeister, heute der Champions League. Was aber, wenn die Uefa dem Druck der fußballerischen Großmächte endgültig nachgibt und letztlich auch aus eigenem, von Finanzen getriebenen Interesse eine Superliga einführt?


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Das ist natürlich keine Entscheidung, die von einem auf den anderen Tag fällt – geschweige denn derart fix umgesetzt wird. Deswegen springen wir zwei, von anhaltenden Diskussionen getriebene Jahre in die Zukunft, in den Sommer 2022. Der FC Bayern hat gerade seine zehnte Meisterschaft in Folge eingefahren, Juventus jubelt gar das elfte Mal in Serie. Und die Uefa lädt zu einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz.

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Auf dieser verkündet Aleksander Čeferin dann, was sich bereits über Monate abgezeichnet hat: Champions League, Europa League und die noch junge Europa League 2 werden abgeschafft, an deren Stelle tritt eine Superliga für die 22 international erfolgreichsten Vereine der letzten zehn Jahre. Deren Teilnehmer steigen allesamt aus den nationalen Wettbewerben aus, um sich voll und ganz dem Turnier der Superlative zu widmen.

Die Uefa begründet die Entscheidung vor allem mit den Folgen der Coronakrise, welche die Umsätze der Top-Vereine dramatisch gesenkt habe. So gaben die klammen Kassen von Real Madrid, Manchester City und Co. in den letzten Jahren pro Sommer jeweils nur noch einen Transfer im dreistelligen Millionenbereich her. Manch einer musste gar ablösefreie Spieler holen.

Der neue Wettbewerb soll durch die Top-Besetzung noch attraktiver sein als je zuvor, echte Spitzenspiele gibt es von nun an schließlich jede Woche in Hülle und Fülle. Und das macht sich direkt bei der Rechtevergabe bemerkbar, denn allein in Deutschland sichern sich mit Sky, DAZN, Netflix und Amazon Prime vier Anbieter die heiß begehrten Pakete.

Sky und Co. drehen den Geldhahn auf

Sky bekommt jeden zweiten Mittwoch und jeden dritten Sonntag des Monats ein Spiel mit deutscher Beteiligung. Netflix und Amazon bekommen die restlichen Mittwochspartien und Begegnungen des Wochenendes. Eine Runde Würfeln entscheidet jede Woche, wer das Erstzugriffsrecht bekommt. DAZN holt alle Spiele des Dienstags und verkauft noch eine Sublizenz an Disney Plus.

Die Sender und Streaming-Plattformen lassen die Kassen der Uefa und der Top-Klubs damit so richtig klingeln. Obendrein haben alle Klubs nun denselben Dachverband – und der macht ohne 50+1-Regel den Weg frei für Investoren.

Karl-Heinz Rummenigge kauft sich zur Feier des Tages direkt ein Dutzend neuer Luxusuhren. Zuletzt war für den Bayern-Boss nur eine pro Monat drin gewesen. FCB-Ernährungsberater Franck Ribéry spendiert indes jedem Teammitglied ein Goldsteak.

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In den nationalen Verbänden stößt die Entscheidung indes aufgrund des Verlusts der vermeintlichen Zugpferde nicht gerade auf Gegenliebe. DFL, DFB, FA und Co. sind letztlich aber machtlos. In Deutschland zeichnet sich für den gemeinen Fan aber immerhin schnell ein positiver Nebeneffekt ab. Da die großen Anbieter all ihre Ressourcen in die Superliga investiert haben, landen die Rechte für sämtliche nationale Wettbewerbe bei den Öffentlich-Rechtlichen. Bundesliga, DFB-Pokal und Co. laufen von nun an also bei ARD, ZDF und den regionalen Anbietern.

Die Superliga hält in der ersten Spielzeit das, was sie versprochen hat. Die zahlreichen Spitzenspiele, die über die komplette Woche verteilt zu elf verschiedenen Anstoßzeiten stattfinden, werden gerne und oft geschaut. In der Tabelle bleibt es bis zum Ende spannend, PSG entscheidet das Kopf-an-Kopf-Rennen erst in einem Herzschlagfinale am letzten Spieltag gegen den FC Audi Bayern, Barcelona und Manchester City für sich.

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Für Klubs wie Arsenal, Ajax, Donezk und Valencia zeichnet sich indes frühzeitig ab, dass sie auf dem allerhöchsten Niveau Woche für Woche nicht mithalten können. Das ändert sich auch in den beiden darauffolgenden Spielzeiten nicht. Während Barça und City den Titel einfahren, bleiben die vier Kellerkinder Kanonenfutter.

Alle vier verlassen die Superliga nach der Spielzeit und kehren in ihre nationalen Verbände zurück. Dort dürfen sie aber nicht in der obersten Spielklasse starten, weil aus keinem der Länder ein Nachrücker in die Elite aufsteigt. Stattdessen finden sich nur noch zwei Vereine, die in den anfangs so heiß begehrten Wettbewerb wollen: Inter Suning Mailand und RB Leipzig, das im Kreise der Superreichen nun auch endlich unter dem Namen Red Bull firmieren darf.

Hertha-Fans lehnen ‚Aufstieg‘ ab

Einen Aufstieg in die Superliga hatte auch Hertha BSC angepeilt. Nach dem Abschied von Bayern und Dortmund schien Lars Windhorsts Vision vom Big City Club schließlich wahr zu werden, fuhr der Hauptstadtklub in den drei Jahren doch eine Meisterschaft und einen Pokal-Sieg ein. DFL und DFB verlangten für den Ausstieg aus den nationalen Wettbewerben mittlerweile aber die Zustimmung der Vereinsmitglieder, 75 Prozent mussten dem Wechsel demnach zustimmen. Anders als in Leipzig, wo alle 19 Mitglieder mit „Ja“ votierten, scheiterte der Antrag in Berlin jedoch krachend.

Der blau-weiße Anhang argumentierte dabei nicht nur mit der Loslösung von lokalen Wurzeln, sondern vor allem auch mit zunehmend fan-unfreundlichen Anstoßzeiten, viel zu weiten Auswärtsreisen sowie absurden Ticketpreisen. Eben jene Argumente haben trotz der sportlichen Attraktivität auch die aktiven Fanszenen in München und Dortmund zu Widerstand gegen den eigenen Klub getrieben.

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Am neuen FCB-Präsidenten Philipp Lahm prallte diese Kritik aber ebenso ab wie an Hans-Joachim Watzke, der in der Euphorie um den Start der Superliga eine Regelung durchgedrückt hatte, wonach er in Dortmund nicht abgewählt werden kann.

Zuschauerrekord in der 3. Liga

Enttäuscht wenden sich daher große Teile der roten sowie schwarz-gelben Anhänger von den Profis ab und unterstützen künftig die zweiten Mannschaften, die in der 3. Liga verbleiben durften. Beim direkten Aufeinandertreffen stellen sie 2026 einen neuen Zuschauerrekord auf. Das Westfalenstadion, das aus Marketingmaßnahmen mittlerweile vier Sponsorennamen trägt, platzt aus allen Nähten.

Als die erste Mannschaft indes drei Tage später an derselben Stelle Julian Nagelsmanns FC Qatar Barcelona empfängt, herrscht gähnende Leere. Und das, obwohl Marco Reus endlich sein Comeback gibt, nachdem sich seine Muskelverletzung aus dem Frühjahr 2020 doch noch etwas länger hingezogen hatte. Lediglich 12.000 Zuschauer, vorrangig Touristen und VIP-Gäste, verirren sich in den einstigen Fußballtempel. Dessen frühere Gelbe Wand ist längst als Graue Wand bekannt, aber nicht mehr gefürchtet.

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Dieses triste Bild wird nicht nur in Dortmund von Woche zu Woche schlimmer, sondern auch in Manchester, Madrid oder Mailand. Die Fans an europäischen, asiatischen, amerikanischen und afrikanischen TV-Geräten stört das aber nicht. Moderne Techniken gaukeln ihnen im Fernsehen schließlich volle Ränge und eine stimmungsgewaltige Atmosphäre vor. Echtes Fußball-Feeling eben!

Die tatsächliche Trostlosigkeit, der Verlust von Sponsoren und die Abgänge von mehreren Top-Spielern führen nach zwei weiteren, jeweils titellosen Jahren letztlich doch zu einem Umdenken in München und Dortmund. Selbst Watzke gesteht Fehler ein und tritt ab.

An beiden Standorten sollen mit Thomas Müller und Kevin Großkreutz zwei ehemalige Fanlieblinge ihren Herzensklub als neue Präsidenten in die Zukunft führen. Dabei punkten beide nicht nur mit Sympathien, sondern auch mit Inhalten. So verspricht der Dortmunder etwa, dass es im Stadion künftig Döner gibt, Müller lockt mit kostenlosen Reitstunden auf seinem Anwesen.

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Beide Klubs dürfen in Deutschland anstelle ihrer mittlerweile in die Regionalligen abgestiegenen Zweitvertretungen starten. Dort ereilen den BVB und den FCB ohne die ganz großen Sponsoren und den Verlust der Investoren aber dasselbe Schicksal wie Alemannia Aachen, Hansa Rostock, Kaiserslautern und andere Traditionsklubs. Sie pendeln nur noch zwischen der Regionalliga und der 2. Bundesliga.

Jubel auf Schalke

Die Trauer hält sich in Fußballdeutschland aber in Grenzen, denn im Oberhaus geht es spannender denn je zu, entsprechend voll sind die Stadien. Die letzten fünf Jahre brachten ebenso viele verschiedene Meister hervor, selbst der mit einer hervorragenden Jugendarbeit ausgestattete FC Schalke schnappte sich unter der Leitung von Trainerfuchs Raúl einmal die Schale.

Weil indes weitere Mannschaften dem Vorbild von Bayern sowie Dortmund folgen und aus der Superliga austreten, muss die Uefa den Wettbewerb wegen der mangelnden Teilnehmerzahl für gescheitert erklären. Wobei offiziell von einer „revolutionären Idee“ die Rede ist: Zwei internationale Pokalwettbewerbe, die auf den Abschlusstabellen der nationalen Meisterschaften fußen.


Dieses Format soll dich in regelmäßigen Abständen in ein Paralleluniversum der Fußballwelt entführen. Du darfst dich also auf weitere Teile einer Serie von unterhaltsamen, lustigen oder sogar absurden Texten freuen.