TSG Hoffenheim
·13. November 2024
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·13. November 2024
Wenn von „Relegation“ die Rede ist, denkt das TSG-Umfeld reflexartig an das Stebbach-Spiel von 1989: Eine bittere Niederlage nach Verlängerung, die den Abstieg in die A-Klasse besiegelte, und doch ursächlich für den Höhenflug der Folgejahre war. Oder es kommt einem 2013 in den Sinn, als die TSG gegen den Zweitliga-Dritten 1.FC Kaiserslautern den Bundesliga-Verbleib sicherte. Es gab aber noch ein drittes Duell, das mittlerweile in Vergessenheit geraten ist. Wir erinnern uns an einen dramatischen K.o. nach Elfmeterschießen.
Es hätte so schön sein können. Im Juli 1999 sollte die TSG Hoffenheim ihren 100. Geburtstag feiern, einen Monat später würde aus genau diesem Anlass der große FC Bayern München im gerade fertiggestellten Dietmar-Hopp-Stadion vorbeischauen. Da hätte die Meisterschaft in der Verbandsliga Nordbaden und der damit verbundene Aufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg ganz gut dazu gepasst. Aber es kam anders. Als die „Roten“ am 19. August zum Einweihungsspiel die Silbergasse herauffuhren, war die TSG noch immer Verbandsligist.
Die TSG Weinheim hatte sich im Endspurt in der Saison 1998/99 als zu stark erwiesen. Mit sechs Punkten Vorsprung auf Hoffenheim gingen die Bergsträßer als Verbandsliga-Meister durchs Ziel. Doch noch war der Traum von der Oberliga nicht ausgeträumt. Das Hintertürchen „Relegation“ stand noch offen. Zwischen der TSG und den anderen Vizemeistern aus Südbaden (SV Linx) und Württemberg (VfR Heilbronn) sollte noch ein vierter Aufsteiger ermittelt werden. Das Los brachte Linx und Hoffenheim zusammen, der Sieger sollte es dann mit Heilbronn zu tun bekommen.
Hinter der TSG lag ein aufregendes Jahrzehnt. Exakt zehn Jahre zuvor hatte sie nach einem 2:4 nach Verlängerung gegen den 1.FC Stebbach den bitteren Gang in die A-Klasse antreten müssen, drei Aufstiege später stand sie nun an der Schwelle zur vierthöchsten Liga. Die Vorbereitung auf die Saison hatte Trainer Raimund Lietzau noch auch dem Sportplatz am Großen Wald bestritten, das zu diesem Zeitpunkt aber bereits eine Baustelle war. Denn um das Spielfeld herum entstand nach und nach das Dietmar-Hopp-Stadion, für dessen Haupttribüne das alte Vereinsheim Platz machen musste.
Im Januar wich die erste Mannschaft auf den gerade fertiggestellten Kunstrasen aus, der hinter dem Sportplatz aus dem Boden gestampft worden war, zwei Monate später musste Lietzau gehen. Für ihn übernahm Günter Hillenbrand, der das Team punktgleich vor dem SV Spielberg auf Rang zwei führte. Jetzt also der SV Linx, der ebenfalls ein Jubiläum feierte, das Fünfzigste.
Vor 1.000 Zuschauern im Hölzelstadion schien das Hinspiel zunächst den erwarteten Verlauf zu nehmen. Die TSG drückte aufs Gaspedal, Nebojša Đurić, Thorsten Müller oder Marc Rapp verfehlten das von Daniel Jilg gehütete Gehäuse jeweils knapp. Mit einem 0:0 ging es in die Pause. Linx kam wie ausgewechselt aus der Kabine. „Die erste Viertelstunde der zweiten Hälfte haben wir regelrecht verschlafen“, sollte Hillenbrand schließlich sagen, nachdem Daniel Seifert zwei Mal frei zum Kopfball gekommen war und Hoffenheims Keeper Stefan Pister keine Chance gelassen hatte. Mit einem ernüchternden 0:2 im Gepäck traten die Hoffenheimer also die Heimreise an, drei Tage später stand im straffen Terminplan bereits das Rückspiel auf dem Programm. „Wir haben schon öfters in dieser Saison drei Tore geschossen“, gab sich Co-Trainer Alfred Schön optimistisch.
SV Linx – TSG Hoffenheim 2:0 (0:0)Linx: Jilg – Panter (78. Heissler), Stöcklin, Soppo-Din, Falk, Tayebi, Higueras, Suffner, Seifert, Schallon (88. Stotz), Klieber. – Trainer: Baumann.Hoffenheim: Pister – Rapp, Lahr, Stoll, Scholl, Müller, Stieber (63. Pukallus), Andorfer, Đurić, Baumgärtner (49. Kombal), Spieler (72. Rupp). – Trainer: Hillenbrand.Tore: 1:0 Seifert (52.), 2:0 Seifert (62.). Zuschauer: 1.000.Rheinau, Hölzelstadion, 3. Juni 1999
Am 6. Juni 1999 brannte die TSG Hoffenheim tatsächlich ein Feuerwerk ab. 1.500 begeisterte Zuschauer wurden auf der Anlage des FC Zuzenhausen, wohin das Spiel verlegt worden war, Augenzeugen, wie Schöns Vorhersage zutraf – und das bereits in der ersten Halbzeit. Kristian Baumgärtner hatte nach 16 Minuten das 1:0 erzielt, René Lahr nach einer knappen halben Stunde auf 2:0 erhöht und German Scholl mit dem Pausenpfiff das 3:0 nachgelegt. Die TSG war auf Kurs, und Heilbronns Trainer – der frühere Nationaltorwart Eike Immel – machte fleißig seine Notizen.
Doch nach der Halbzeit kippte die Begegnung. Der SV Linx verkürzte durch Stéphane Soppo-Din, einer von vier Franzosen in der Elf von Trainer Michael Baumann, auf 3:1 – etwas glücklich, denn dem Innenverteidiger war der Ball eigentlich über den Spann gerutscht. Bei diesem Resultat sollte es trotz des folgenden offenen Schlagabtauschs bleiben. Die damals noch bestehende Auswärtstorregel kam in der Relegation nicht zur Anwendung, so dass es bei einem Gesamtergebnis von 3:3 in die Verlängerung ging, die jedoch torlos blieb. Elfmeterschießen.
Das Drama schien sich zum Guten zu wenden, als Soppo-Din gleich zum Auftakt nur den Pfosten traf. Doch dann scheiterte Marc Rapp an Keeper Jilg, der nun über sich hinauswuchs und zwei weitere Hoffenheimer Elfer parierte. Scholl traf zwar zum zwischenzeitlichen 1:1, aber nachdem Jilg die Versuche von Meik Spieler und Lahr entschärft hatte, platzte der Oberliga-Traum schlagartig.
Hillenbrand war nicht ansprechbar. Schön kommentierte: „So grausam kann Fußball sein.“ Die Spieler lagen derweil enttäuscht auf dem Rasen. Nach der Meisterschaft hatten sie nun auch den Aufstieg verpasst. „Hoffenheim war zielstrebiger und kraftvoller, aber der SV Linx hat die feineren Fußballer“, analysierte Immel, der nun seinen kommenden Gegner kannte.
Wieder war die TSG in einem Relegationsspiel gescheitert, wie schon zehn Jahre zuvor. Doch diesmal stieg sie deswegen nicht ab. Allerdings auch nicht auf. Wie die Geschichte weiter ging? Linx verpasste wenige Tage später nach einem 0:2 in Heilbronn und einem 4:3 (n.V.) zu Hause ebenfalls den Aufstieg. In der darauffolgenden Saison wurde die TSG schließlich Meister und schaffte es ein Jahr später also doch noch in die Oberliga, während Linx erneut – diesmal gegen die von der TSG auf der Zielgeraden abgefangenen SV Waldhof Amateure – in der Relegation die Segel strich.
In der Oberliga Baden-Württemberg traf dann die TSG Hoffenheim unter anderem auf den VfR Heilbronn. Und mit einem 3:1 im Heilbronner Frankenstadion machte die TSG am letzten Spieltag den Durchmarsch in die Regionalliga perfekt. Aber das ist eine andere Geschichte.
TSG Hoffenheim – SV Linx 3:1 (3:1, 3:0), 1:3 i.E.Hoffenheim: Pister- Scholl, Rapp, Meyer, Lahr, Andorfer, Müller, Đurić (78. Rupp), Kombal (93. Čiernik), Baumgärtner, Pukallus (62. Spieler).Linx: Jilg – Panter, Stöcklin, Soppo-Din, Falk, Tayebi, Higueras (115. Schumacher), Suffner (107. Heissler), Schallon, Seifert, Klieber (87. Radisavljevic).Tore: 1:0 Baumgärtner (16.), 2:0 Lahr (29.), 3:0 Scholl (45.), 3:1 Soppo-Din (58.) / Elfmeterschießen: (Soppo-Din), (Rapp), 0:1 Tayebi, 1:1 Scholl, 1:2 Schumacher, (Spieler), 1:3 Radisavljevic, (Lahr). Zuschauer: 1.500.Zuzenhausen, Häuselgrund, 6. Juni 1999
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