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·12. Juli 2024

Traumtorschütze und Zwischen-den-Linien-Leser: 90 Minuten mit Xavi Simons

Artikelbild:Traumtorschütze und Zwischen-den-Linien-Leser: 90 Minuten mit Xavi Simons

Der Fußballgott meinte es an diesem Abend nicht gut mit ihm: Trotz seines frühen Traumtores musste Xavi Simons am Ende als Verlierer vom Platz gehen. Dabei stellte der 21-Jährige über 90 Minuten einmal mehr sein enormes Potenzial zur Schau. 90PLUS-Reporter Michael Bojkov war beim Halbfinale zwischen den Niederlanden und England (1:2) in Dortmund vor Ort und hat den 21-Jährigen Offensivkünstler von Oranje unter die Lupe genommen.

Turnier-Aus für die Niederlande: An Xavi lag es am wenigsten

Es war ein Wechselbad der Gefühle für Xavi Simons. Das Tor zum Finale stieß er höchstpersönlich und mit ganz viel Stil auf, entsprechend frenetisch fiel auch sein Jubel aus. In der Folge musste der mittlerweile Ex-Spieler von RB Leipzig jedoch mit ansehen, wie die Engländer immer stärker wurden und den Ausgleich erzielten. Denkbar bitter wurde es kurz vor Schluss, als die Three Lions erneut zustachen und sich damit den späten 2:1-Sieg sicherten. Auch wenn er das aufgrund des so bitter verpassten Endspiels kaum hören wollen wird: Xavi zeigte auch in dieser Partie, welch großartiger Fußballer er trotz seines jungen Alters jetzt schon ist.


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Xavis Partie gegen England im Zeitstrahl

7. Minute: Keine sieben Minuten sind in Dortmund von der Uhr und Xavi Simons feiert seinen Traumeinstand. Rund 35 Meter halbrechts vor dem Tor luchst er dem eigentlich so pressingresistenten Declan Rice den Ball ab und macht dann das, was er liebt: Mit Tempo auf die letzte gegnerische Kette zumarschieren. Kurz vor dem Strafraum nimmt der erneut als Zehner startende 21-Jährige Maß und überwindet Jordan Pickford mit einem satten und platzierten Schuss ins linke obere Eck zum frühen Führungstreffer für die Niederlande. Ein Traumtor!

10. Minute: Starkes Wechselspiel zwischen Xavi und Teamkollege Memphis Depay. Der nominelle Stürmer lässt sich immer wieder weit zurückfallen, während Xavi versucht, in den frei gewordenen Raum zu stoßen. England hat damit durchaus noch seine Probleme.

20. Minute: Mittlerweile hat sich England von dem frühen Schock erholt, vom Punkt durch Harry Kane ausgeglichen (18.) und kontrolliert das Spiel. Interessant zu beobachten: Xavi hält sich stets im Dunstkreis von Rice auf, dem er vor seinem Traumtor den Ball abgeluchst hatte. Andersherum ist es genauso: Gewinnt Oranje den Ball, orientiert sich Rice am Ex-Leipziger. Die beiden mögen sich heute (nicht).

26. Minute: Das kleine Privatduell geht weiter: Xavi versucht es aus der Distanz, bleibt aber am Sechser der Gunners hängen.

27. Minute: Xavi bringt einen Eckball von rechts präzise zu Denzel Dumfries, der per Kopf das Aluminium trifft.

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Während einer kurzen Unterbrechung holt sich Xavi Simons noch ein paar Anweisungen von Coach Ronald Koeman. (Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

35. Minute: Depay wird ausgewechselt und durch Joey Veerman ersetzt. Da Oranje mit ihm, Jerdy Schouten und Tijjani Reijnders nun drei zentrale Mittelfeldspieler auf dem Platz hat, orientiert sich der bislang eher zentrumsorientierte Xavi etwas mehr Richtung rechten Flügel. An seiner Rolle ändert das aber nichts. Weiterhin lauert die Nummer 7 der Niederländer zwischen den Linien.

36. Minute: Xavi attackiert seinen Lieblings-Gegenspieler Rice im Spielaufbau, seine Grätsche geht jedoch ins Leere – eine Ausnahme. Zwar agiert der Leipziger Offensivmann wie seine Teamkollegen gegen den Ball eher zurückhaltend, wenn Xavi aggressiv auf den Gegner geht, hat er damit in der Regel aber auch Erfolg – siehe der Zweikampf gegen Rice vor dem 1:0.

45. Minute + 1: Schon über die gesamte Halbzeit auffällig: Immer, wenn die Niederlande im Ballbesitz sind, versucht Xavi sich aus dem Deckungsschatten des Gegenspielers – in den meisten Fällen Rice – zu lösen, um sich zwischen den Linien als Anspielstation anzubieten und anschließend entweder selbst auf die letzte Kette zuzudribbeln oder einen Mitspieler in Szene zu setzen. Kurz vor der Halbzeit hat der 21-Jährige im linken Zwischenlinienraum meterweit Platz und fordert wild gestikulierend den Ball, doch Virgil van Dijk sieht ihn nicht und entscheidet sich für den risikoärmeren Pass zu einem näher postierten Mitspieler.

45. Minute + 2: Xavi setzt sich in diesen Minuten mal auf dem linken Flügel ab und fuchtelt immer wieder mit den Armen, signalisiert damit: Ich will den Ball! Einmal wird er auf links angespielt und setzt Nathan Aké in Szene, der Angriff versandet jedoch.

HALBZEIT

62. Minute: Gegen den Ball bleibt es dabei: Oranje und damit auch Xavi attackieren den Gegner erst spät, entsprechend hält sich der 17-fache Nationalspieler gegen den Ball auch zurück. Doch wenn er den Zweikampf sucht, dann häufig mit Erfolg. In dieser Szene hilft er mit nach hinten und trennt Luke Shaw sauber vom Ball.

63. Minute: Auch sehr auffällig: Er gibt ständig Anweisungen, kommuniziert und gestikuliert – auch wenn er den Ball mal nicht selbst fordert. Auch das zeigt: Xavi ist einer, der das Spiel liest. Wenn er die Kugel bekommt, orientiert er sich mittlerweile häufig etwas Richtung rechten Flügel. Damit kann er im Optimalfall Rice aus dessen Position ziehen und Räume für die drei zentralen Mitspieler hinter sich öffnen.

76. Minute: So richtig zur Geltung kommen die Niederlande nicht. Das liegt zum einen an taktisch sehr gut eingestellten Engländern, aber auch daran, dass im letzten Drittel die entscheidenden Läufe ohne Ball fehlen. Xavi ist im Grunde der Einzige in Oranje, der aktiv versucht, die freien Räume zu erschnüffeln.

77. Minute: Eine Flanke von Cody Gakpo landet über Umwege links im Strafraum bei Xavi, dessen Dropkick per Aufsetzer auf das Tor kommt, aber keine Probleme für Pickford darstellt. Es ist sein erster und bleibt sein einziger Abschluss nach dem frühen Traumtor, was aber keine Kritik an ihm ist. Oranje hat als Mannhaft schlichtweg zu wenig in die Offensive investiert.

78. Minute: Xavi trennt Shaw mit einer blitzsauberen Grätsche von der Kugel und unterstreicht damit einmal mehr sein defensives Arbeitspensum.

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Er kann und mag auch “Drecksarbeit”: Xavi Simons trennt Luke Shaw per Grätsche vom Ball. (Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

86. Minute: Noch immer steht es 1:1, doch Xavi will mehr. Er hilft dem auf dem Boden sitzenden Gakpo auf, animiert seine Mitspieler, noch einmal alles reinzuwerfen

90. Minute: Wie unfassbar bitter für Oranje und Xavi: Joker Ollie Watkins setzt sich stark im Strafraum durch und trifft zur späten Entscheidung für England.

90. Minute + 3: Xavi muss für Brian Brobbey das Feld räumen, kurz darauf ist Schluss. Endstation im Halbfinale für die Niederlande. Xavi verlässt sichtlich geknickt, aber gefasst die Ersatzbank und nimmt einen Schluck aus der Pulle.

Der 21-Jährige war heute der Beste seiner Mannschaft, hatte Oranje nach nicht einmal sieben Minuten per Traumtor in Führung gebracht. Umso bitterer gerade für ihn persönlich, dass sich davon am Ende niemand etwas kaufen konnte.

Koeman prophezeit Xavi eine “glorreiche Zukunft”

Dennoch unterstreicht die starke Leistung einmal mehr sein unglaubliches Potential. Xavi war ständig in Bewegung, suchte im dichten Gestrüpp des Gegners immer nach dem freien Raum und forderte den Ball. Was man bei ihm gerne vergisst, sind seine defensiven Qualitäten: Fünf von sieben gewonnen Zweikämpfen sind ein außerordentlich guter Wert für einen Offensivspieler, der eigentlich für den Hauch Magie im Spiel sorgen soll – und für Traumtore.

Auf Nachfrage von 90PLUS unterstrich auch Ronald Koeman auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, welchen Wert Xavi mittlerweile für die Nationalmannschaft habe: „Er hat gut gespielt. Er war gefährlich, hat ein großartiges Tor erzielt, hatte offensive Bewegungen und arbeitet immer hart.“ Dass es mit Ausnahme des Tores nicht zu mehr klaren offensiven Aktionen reichte, war starken Engländern und der eher zaghaften Herangehensweise der Niederländer geschuldet. „Ich denke, manchmal erwarten wir zu viel von einem jungen Spieler“, nahm Koeman Xavi in Schutz. “Ich bin sehr glücklich, ihn in unserer Nationalmannschaft zu haben. Er wird eine glorreiche Zukunft bei einem großen Klub und auch bei uns haben.“

Im Übrigen: Der große Klub könnte FC Bayern heißen. Offenbar bemühen sich die Münchner intensiv um die Dienste des flexibel einsetzbaren Offensivspielers, der nach seiner einjährigen Leihe bei RB Leipzig zunächst wieder zu PSG zurückkehren wird, wo er aktuell noch bis 2027 unter Vertrag steht. Wo auch immer Xavi seine Zukunft sieht: Mannschaft, Trainer und Fans werden großen Spaß an ihm haben.

(Photo by Alex Livesey/Getty Images)

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