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·16. Dezember 2024

Strittige Szenen am 18. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Artikelbild:Strittige Szenen am 18. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Mannheim (2), Bielefeld, Saarbrücken und Stuttgart II, das 1:1 für Bielefeld, die Strafstöße für Saarbrücken und Köln, die Platzverweise gegen Stiefler, Kourouma und Kozuki, die gelbe Karte gegen Rossipal sowie Foulspiele von Simakala. Am 18. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de 13 strittige Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 54-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.


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Szene 1: Im Strafraum kommt Lukas Klünter (Mannheim) nach einem Schuss im Duell gegen Jonas Oehmichen (Dresden) zu Fall. Einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Felix Wagner nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Nachdem Klünter auf das Tor geschossen hat, kommt Oehmichen etwas zu spät, will den Ball blocken und schmeißt sich vor den Angreifer. Dabei kommt es eher zu einem Zusammenprall und weniger zu einem Foulspiel von Oehmichen. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu pfeifen.

Szene 2: Abseits des Balles wird Maximilian Thalhammer (Mannheim) im Strafraum von Tony Menzel (Dresden) gehalten und geht zu Fall. Erneut zeigt Wagner nicht auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 1:57:15]

Babak Rafati: Auch, wenn die Aktion abseits des Balles geschieht, liegt ein klares Festhalten und zu Boden reißen vor und damit ein Foulspiel. Der Schiedsrichter hat offensichtlich den Blick auf diesem Zweikampf und lässt dennoch weiterspielen. Hier liegt kein Zweikampf um den Ball vor, vielmehr ist die Intention von Menzel, seinen Gegenspieler Thalhammer am Weiterlaufen zu hindern – und das um jeden Preis. Sein Blick ist auch nur zum Gegenspieler und nicht zum Spielgeschehen gerichtet. Dadurch, dass der Ball im Spiel ist, hätte es folgerichtig einen Elfmeter geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu geben.

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Szene 3: Isaiah Young (Bielefeld) setzt sich im Mittelfeld gegen Sebastian Maier (Unterhaching) durch, der liegenbleibt. Schiedsrichter Konrad Oldhafer lässt weiterlaufen, und aus dem Angriff fällt das 1:1. [TV-Bilder – ab Minute 14:50]

Babak Rafati: Young wird im Mittelfeld angespielt, dabei kommt Maier im Rücken von Young angerannt und setzt selbst den Fuß im Zweikampf ein, sodass keine Initiative von Young ausgeht, vielmehr von Maier. Dabei verletzt sich Maier am rechten Fuß/Bein und bleibt liegen. Wenn man genau hinschaut, könnte Young wenn überhaupt den linken Fuß von Maier im Zweikampf getroffen haben, was dann immer noch kein Foulspiel wäre. Diesen Zweikampf weiterlaufen zu lassen und den anschließenden Treffer anzuerkennen, ist eine richtige Entscheidung.

Szene 4: Im Strafraum kommt Mael Corboz (Bielefeld) bei einem Laufduell mit Manuel Stiefler (Unterhaching) zu Fall und fordert einen Elfmeter, den Oldhafer aber nicht gibt. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]

Babak Rafati: Bei diesem Laufduell wird Corboz im Strafraum angespielt und ist in der besseren Position zum Ball als Gegenspieler Stiefler. Dabei will Corboz den Ball in die Mitte passen, allerdings wird er von Stiefler am Trikot gehalten und nach hinten gezogen, sodass der Angreifer in Rückenlage gerät, den Ball nicht mehr kontrolliert spielen kann und in der Folge zu Fall kommt. Das ist ein Foulspiel, und es hätte einen Elfmeter geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt, weiterspielen zu lassen. Sicherlich ist die Sicht des Schiedsrichters aufgrund seiner Position versperrt und deshalb entgeht ihm diese Regelwidrigkeit. Wäre er weiter nach links gerückt, wäre das Vergehen deutlich besser erkennbar gewesen.

Szene 5: Für ein Foulspiel an Stefano Russo (Bielefeld) sieht der bereits verwarnte Manuel Stiefler (Unterhaching) die gelb-rote Karte. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]

Babak Rafati: Bei diesem Kopfballduell nimmt Stiefler den linken Arm heraus und trifft Russo ins Gesicht. Das ist ein Foulspiel, und dadurch, dass das Foulspiel rücksichtslos ist und eine Verletzung in Kauf nimmt, liegt eine richtige Entscheidung vor, dem bereits gelb-verwarnten Stiefler die gelb-rote Karte zu zeigen. Dort oben hat der Arm nichts zu suchen. Gut zu sehen, wo der rechte Arm von Stiefler ist, nämlich in einer natürlichen Position im Gegensatz zum linken Arm, der nur eingesetzt wird, um den Gegenspieler 'aus dem Spiel zu nehmen' und keine Chance zu lassen, an den Ball zu kommen. Eine rote Karte ist deshalb nicht angemessen, da kein Schlag vorliegt, vielmehr der Arm als sogenanntes "Werkzeug" (FIFA Regeln "tool") und nicht als Waffe ("weapon") eingesetzt wird.

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Szene 6: Der bereits gelb-verwarnte Ba-Muaka Simakala (Osnabrück) foult Jimmy Kaparos (Essen), kommt aber mit einer Ermahnung davon. [TV-Bilder – ab Minute 1:25:05]

Babak Rafati: Simakala wird angespielt und verpasst den Ball. Dann zieht er das Bein hoch, um womöglich seinen Gegenspieler zu hindern, an den Ball zu kommen. Hierbei trifft er Kaparos brutal mit offener Sohle in die Beine, über dem Knöchel. Wenn man das Trefferbild sieht, hätte es für diese Spielweise, die die Gesundheitsgefährdung des Gegenspielers billigend in Kauf nimmt, die rote Karte geben müssen. Eine Fehlentscheidung, lediglich auf Foulspiel zu entscheiden und die fällige Karte nicht zu geben. Dass noch nicht einmal eine gelbe Karte gezeigt wird, die zu einer gelb-roten Karte geführt hätte, ist nicht nachvollziehbar, zumal der Schiedsrichter freie Sicht auf den Vorgang hat.

Szene 7: Nach einem Gerangel an der Torauslinie sieht Mustafa Kourouma (Essen) nach einem Duell mit Marcus Müller (Osnabrück) die gelb-rote Karte. [TV-Bilder – ab Minute 2:45]

Babak Rafati: Bei dieser Aktion an der Torlinie kommt es zu einem Gerangel zwischen Kourouma und Müller. Dabei ist Müller der Verursacher, indem er provoziert und den Ball nicht hergibt und auf Zeit spielt. Daraufhin will sich Kourouma den Ball schnappen, und das nimmt Müller zum Anlass, sich theatralisch fallen zu lassen, um eine Tätlichkeit vorzutäuschen. In dieser Szene hätte es entweder für beide Spieler eine Strafe geben müssen oder für beide keine Strafe. Nur Kourouma eine gelbe Karte zu zeigen, der bereits zuvor die gelbe Karte gesehen hatte und folglich die gelb-rote Karte bekommt, ist eine Fehlentscheidung und eine uneinheitliche Regelauslegung.

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Szene 8: Im Strafraum geht Kai Brünker (Saarbrücken) im Duell mit Mika Hanraths (Aachen) zu Fall, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 53:20]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf hat Hanraths natürlich den Arm am Körper von Brünker, aber das ist eine Zweikampfführung, wie sie einfach erlaubt ist und zu wenig für ein Foulspiel wäre. Dass Brünker diesen Kontakt dankend annimmt, ist genauso branchenüblich, wie der Zweikampf zuvor. Dieses 'Hand-anlegen' bringt einen Spieler wie Brünker mit seiner Statur ganz bestimmt nicht aus dem Gleichgewicht, sodass die Spielweise von Hanraths nicht ursächlich für den Faller von Brünker ist. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen und nicht auf Elfmeter zu entscheiden.

Szene 9: Simon Stehle (Saarbrücken) kommt gegen Marcel Johnen (Aachen) im Strafraum zu Fall, es gibt Elfmeter. [TV-Bilder – ab Minute 2:05]

Babak Rafati: Stehle wird im Strafraum angespielt, und es kommt zu einem Zweikampf mit Keeper Johnen. Dabei ist Stehle zuerst am Ball. Der Keeper greift ins Leere, und beim Ausstrecken der Arme kommt es zu einem Kontakt mit Stehle, der diesen zu Fall bringt – auch, wenn dieser es dankend annimmt, wie so oft bei Stürmern. Nichtsdestotrotz muss der Keeper einfach vorsichtiger agieren, sodass ein Foulspiel vorliegt. Eine richtige Entscheidung, auf Elfmeter zu entscheiden.

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Szene 10: Für ein Foulspiel gegen Maximilian Krauß (Cottbus) sieht Alexander Rossipal seine fünfte gelbe Karte in dieser Saison. [TV-Bilder – ab Minute 1:31:25]

Babak Rafati: Rossipal bügelt den Fehler seines Mitspielers mit einem sauberen Tackling aus, indem er im Zweikampf mit Krauß sauber den Ball spielt. Danach kommt Krauß über das ausgestreckte Bein von Rossipal, mit dem er kurz zuvor sauber den Ball gespielt hatte, zu Fall. Der Schiedsrichter wird sich womöglich durch die Art und Weise des Zufallkommens von Krauß beeinflusst haben lassen, allerdings ist die Flugbahn des Balles nach der Grätsche von Rossipal eindeutig, sodass kein Foulspiel vorliegt. Eine klare Fehlentscheidung, auf Foul und Freistoß zu entscheiden und zudem Rossipal die gelbe Karte zu zeigen.

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Szene 11: Für ein Foulspiel an Yari Otto (Verl) sieht Soichiro Kozuki (1860) von Schiedsrichter Felix Bickel die rote Karte. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]

Babak Rafati: Kozuki verliert den Ball an Otto und grätscht dann zum Ball. Dabei spielt er ein wenig den Ball, trifft aber gleichzeitig mit den Stollen voraus seinem Gegenspieler Otto über dem Knöchel in brutaler Weise, sodass die Gesundheitsgefährdung des Gegenspielers billigend in Kauf genommen wird. Auch, wenn Kozuki sicherlich den Ball spielen wollte, ist sein Einsatz einfach überhart, sodass die rote Karte die einzig richtige Entscheidung ist. Kompliment (!) an den Schiedsrichter, diesen Vorgang unmittelbar zu erkennen und ruhig und konsequent vergehensgerecht zu ahnden. Auch die Außenwirkung für alle Beteiligten ist sehr souverän und effizient.

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Szene 12: Said El-Mala geht im Strafraum im Duell mit Tim Walbrecht (Hannover II) zu Fall, Schiedsrichterin Fabienne Michel gibt Elfmeter. [TV-Bilder – ab Minute 2:55]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf dringt El Mala in den Strafraum ein. Walbrecht kommt im Zweikampf hinzu und streckt den Fuß zunächst Richtung Ball aus. Als er sieht, dass der Ball bereits an ihm vorbeigelegt wurde, zieht er den Fuß unmittelbar wieder zurück. Daraufhin, in der Annahme dass es einen möglichen Kontakt mit dem Verteidiger geben könnte, kommt El Mala zu Fall, obwohl es überhaupt keine Berührung gibt. Die Schiedsrichterin gibt einen Elfmeter, obwohl es für diese Spielweise stattdessen einen Freistoß für die verteidigende Mannschaft und die gelbe Karte gegen El Mala wegen einer Schwalbe hätte geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor. Wäre die Schiedsrichterin (ab Minute 2:57 im Video) in der Vorwärtsbewegung gleich auf die linke Seite ausgewichen, anstatt sich erstmal in die Mitte zu orientieren, wäre sie schneller und somit näher zum Geschehen gewesen und hätte den Vorgang besser sehen können. Sie zieht aber erst nach rechts und hat dadurch einen Umweg. Das zeigt, wie wichtig die richtigen Laufwege bei Schiedsrichtern für die Entscheidungsfindung sind.

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Szene 13: Nach einem Freistoß bekommt Justin Butler (Dortmund II) den Ball im Strafraum von Dominik Nothnagel (Stuttgart II) an den Arm geköpft, Schiedsrichter Martin Wilke lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:01:00]

Babak Rafati: Auch, wenn Butler den Ball nach einem Kopfball von Nothnagel aus kurzer Distanz an den Arm bekommt, ist das ein strafbares Handspiel, weil der Arm unnatürlich zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt wird. Das ist ein in-Kauf-nehmen, und der Ball wird tatsächlich auch mit dem Arm geblockt. Somit liegt trotz der kurzen Distanz Absicht vor, sodass es in dieser Situation einen Elfmeter hätte geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung. Man sieht zudem sehr gut, dass der andere (linke) Arm in natürlicher Weise in Bewegung ist, im Gegensatz zum rechten Arm.

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