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·28. Oktober 2024

Strittige Szenen am 12. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Artikelbild:Strittige Szenen am 12. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Das 1:0 für Saarbrücken, die Elfmeter für Saarbrücken und Aachen, die verwehrten Strafstöße für Essen (2), Rostock, Aachen, Verl und Stuttgart II, die Platzverweise gegen Engelhardt und Otto, das 1:0 für Wiesbaden, 2:2 für Mannheim, sowie Foulspiele von Krohn und Bohdanov. Am 12. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de 14 strittige Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 54-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.


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Szene 1: Nach einem Pass von Kai Brünker ist Sebastian Vasiliadis (Saarbrücken) frei durch und trifft zum 1:0. Osnabrück reklamiert Abseits, Schiedsrichter Dr. Max Burda gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:35]

Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Zuspiels von Brünker auf Mitspieler Vasiliadis steht dieser knapp im Abseits. Das erkennt man an der Rasenmarkierung, sodass der Abstand vom anschließenden Torschützen näher zur nächsten Rasenmarkierung ist als der Verteidiger. Somit hätte der Treffer aufgrund der Abseitsposition nicht zählen dürfen. Eine Fehlentscheidung, das anschließende Tor anzuerkennen.

Szene 2: Timo Beermann (Osnabrück) bringt Simon Stehle (Saarbrücken) an der Strafraumgrenze zu Fall, Burda gibt Elfmeter für Saarbrücken. [TV-Bilder – ab Minute 3:00]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf liegt unstrittig ein Foulspiel vor, weil Stehle zuerst am Ball ist, sich diesen vorlegt, Beermann etwas zu spät kommt, nur noch Stehle am Fuß trifft und ihn zu Fall bringt. Der Fußtreffer passiert kurz vor der Strafraumlinie, sodass es einen Freistoß statt eines Elfmeters hätte geben müssen. Eine Fehlentscheidung, diesen Elfmeter zu geben. Hierbei kann nur der Assistent helfen, weil er einen seitlichen Blick zum Geschehen hat. Womöglich wird Beermann in dieser Szene aber den Blick des Assistenten versperrt haben, da er mit dem Rücken zum Assistenten steht. Zudem sei angemerkt, dass lediglich eine gelbe Karte in Betracht kommt und keine rote Karte, Gyamfi zumindest noch stören kann und somit keine glasklare Torchance vorliegt.

Szene 3: Für ein Foulspiel am Mittelfeld an Simon Stehle (Saarbrücken) sieht Erik Engelhardt die rote Karte. [TV-Bilder – ab Minute 2:45]

Babak Rafati: Engelhardt begeht im Mittelfeld gegen Stehle ein Foulspiel, das gelbwürdig ist. Ein Tritt auf den Fuß, der im Zweikampf passiert. Diese Spielweise ist keinesfalls brutal oder unverhältnismäßig, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt, eine rote Karte zu zeigen.

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Szene 4: Joseph Boyamba (Essen) kommt im Strafraum gegen Dario Gebuhr (Rostock) zu Fall. Statt Elfmeter zeigt Schiedsrichter Felix Wagner wegen einer vermeintlichen Schwalbe Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 1:24:20]

Babak Rafati: Boyamba legt sich den Ball an Gebuhr vorbei und kommt zu Fall. Dabei nimmt der Verteidiger zwar das Bein heraus, um womöglich den Ball spielen zu wollen, verfehlt das Spielgerät allerdings. Er zieht das Bein auch schnell wieder zurück, um eben kein Foulspiel zu verursachen. Einen wirklich entscheidenden Kontakt gibt es dann auch nicht. Wenn es einen leichten Kontakt gegeben haben sollte, dann liegt das daran, dass Boyamba kurz vorher abhebt und selbstverschuldet gegen das Bein des Verteidigers aufläuft. Das Ganze wirkt aus Schiedsrichter-Sicht von hinten wie ein Elfmeter, allerdings offenbart die seitliche Einstellung, dass tatsächlich eine Schwalbe vorliegt, womöglich weil sich der Angreifer den Ball etwas zu weit vorgelegt hat. Eine richtige und starke Entscheidung durch den Schiedsrichter, auf Schwalbe zu entscheiden, da er eben diesen Blick von hinten auf das Geschehen hat, der naturgemäß, aber nicht optimal ist. Die größte Aussagekraft über die Richtigkeit der Entscheidung durch den Schiedsrichter hat anschließend das Verhalten von Boyamba, der sich zumindest nach der Aktion sehr fair und korrekt verhält. Tolle Aktion!

Szene 5: Im Strafraum geht Nils Kaiser (Essen) im Duell mit Dario Gebuhr (Rostock) zu Fall, verletzt sich dabei und muss vom Platz. Einen Elfmeter gibt Wagner nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:09:35]

Babak Rafati: Bei dieser Aktion gehen Kaiser und Gebuhr zum Ball und spielen auch nur das Spielgerät. Zu dieser Verletzung von Kaiser kommt es sicherlich nur, weil der Rostocker den Körper hinter dem Bein hat und dadurch viel Druck aufkommt. Dieser Druck wird auf das Knie von Kaiser Einfluss gehabt haben, weil sein Bein wiederum eine andere Stellung zum Ball hat und kein Gegendruck mit dem Körper erzeugt. Vielmehr ist das Bein seitlich zum Körper frei beweglich, und an einer Stelle kommt durch diesen Druck eine starke Spannung zustande, in diesem Fall auf das Knie. Somit ist die Verletzung sehr unglücklich. Es liegt kein Foulspiel vor. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 6: Tim Krohn (Rostock) geht mit gestrecktem Bein und offener Sohle in einen Zweikampf mit Robbie D’Haese (Essen) und räumt ihn ab. Der Schiedsrichter belässt es bei Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 2:36:25]

Babak Rafati: D‘Haese läuft auf der rechten Angriffsseite und bringt den Ball in die Mitte. Dabei kommt Gegenspieler Krohn aus vollem Lauf mit gestreckten Bein und offener Sohle angerauscht, trifft D‘Haese von hinten in die Achillessehne und in den Knöchelbereich. Das ist eine brutale Spielweise, die die Gesundheitsgefährdung des Gegenspielers billigend in Kauf nimmt und folglich nur eine rote Karte nach sich ziehen kann. Eine grobe Fehlentscheidung, es nur bei der gelben Karte zu belassen. Hier muss der Schiedsrichter sofort abpfeifen und diese Spielweise unmittelbar unterbinden. Da hilft auch kein Ballbesitz zum Vorteil. Hier hätte aber auch unbedingt der Assistent visuell auf dem Zweikampf bleiben müssen und sich nicht so schnell davon abwenden sollen, damit er diesen bösen Tritt, der sich allein durch die Dynamik von Krohn anbahnt, sieht und entsprechend weitergibt. Ebenso ist der 4. Offizielle hier in der Verantwortung, da sich die Aktion auf der Trainerbankseite abspielt.

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Szene 7: Nach einer Ecke trifft Kaya zum 1:0 für Wiesbaden. Zuvor wurde Lukas Klünter (Mannheim) von Gino Fechner (Wiesbaden) zur Seite geschoben und moniert Foulspiel, der Treffer zählt aber. [TV-Bilder – ab Minute 0:50]

Babak Rafati: Nach einer Ecke kommt es zu den üblichen Zweikämpfen im Strafraum. In dieser Szene drückt Fechner seinen Gegenspieler Klünter mit dem Körper weg. Diese Spielweise ist gerade bei Standardsituationen handelsüblich und wird von Verteidigern und Stürmern gerne angewandt. Ein Foulspiel stellt das aber in dieser konkreten Szene nicht dar. Das ist ein "Stellen" und sich in "Position-Bringen", auch wenn der Ball nicht in unmittelbarer Spielnähe ist, um Räume freizumachen. Solch einen Zweikampf würde man auch nicht gegen einen Verteidiger unterbinden, der in der Folge zu einem Elfmeter führen würde. Somit liegt eine richtige Entscheidung vor, weiterspielen zu lassen und den anschließenden Treffer anzuerkennen.

Szene 8: Im Strafraum berührt Samuel Abifade (Mannheim) den Ball mit dem Arm, Schiedsrichter Felix Prigan pfeift nicht. Kurz danach fällt das 2:2 für Mannheim. [TV-Bilder – ab Minute 3:45]

Babak Rafati: Nach einer Flanke in den Strafraum ist der Ball lange in der Luft. Abifade nimmt den Arm aktiv und unnatürlich heraus, anschließend springt der Ball an diesen Arm. Dieses Handspiel ist allerdings strafbar, sodass das Tor nicht hätte zählen dürfen. Dadurch, dass der Ball lange in der Luft war, hätte Abifade genug Zeit gehabt, den Arm wegzuziehen. Stattdessen geht er sogar aktiv mit dem Arm zum Ball und berührt beziehungsweise stoppt das Spielgerät mit diesem Arm. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen und das Handspiel nicht zu ahnden.

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Szene 9: Eine Flanke von Nils Winter (Aachen) bekommt Louis Oppie (Bielefeld) im Strafraum an den Arm, Schiedsrichter Richard Hempel gibt Elfmeter für Aachen. [TV-Bilder – ab Minute 1:30]

Babak Rafati: Nach einer Flanke in den Strafraum durch Winter hat Oppie den rechten Arm weit heraus gefahren und damit vorab die Körperfläche vergrößert. Zudem geht er aktiv zum Ball und blockt das Spielgerät. Auch wenn die Distanz vom Ball zu Oppie kurz ist, liegt ein absichtliches Handspiel vor, sodass es eine richtige Entscheidung ist, auf Elfmeter zu entscheiden.

Szene 10: Im Strafraum bekommt Mael Corboz (Bielefeld) einen Schuss von Anton Heinz (Aachen) an die Hand. Das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 52:55]

Babak Rafati: Nach einem Schuss von Heinz bekommt Corboz den Ball aus kurzer Entfernung an den Arm. Allerdings hat er den Arm am Körper, sodass er angelegt ist und somit keine Absicht vorliegt. Daher eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen und keinen Elfmeter zu geben.

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Szene 11: Nach einem Zweikampf mit Jakob Lewald (Sandhausen) sieht der bereits verwarnte Yari Otto (Verl) von Schiedsrichter Felix Grund Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 1:55]

Babak Rafati: Bei diesem Laufduell Richtung Eckfahne kommt es zu einem Fußtreffer von Otto gegen Lewald, den man als Stürmerfoul werten kann, aber hierfür einfach keine Karte geben darf. Pfiff, Freistoß und fertig. Das wäre die richtige Entscheidung gewesen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt, den zuvor bereits gelb-verwarnten Otto mit der Ampelkarte vom Platz zu stellen.

Szene 12: Im Anschluss an eine Flanke geht Lucas Wolf (Sandhausen) im Duell mit Fabio Gruber (Verl) zu Fall. Kein Elfmeter, sagt Grund. [TV-Bilder – ab Minute 1:52:40]

Babak Rafati: Nach einer Flanke in den Strafraum holt Wolf zu einem Volleyschuss auf das Tor aus. Dabei kommt Gruber von hinten, nimmt das Bein heraus und trifft Wolf – wenn auch nicht mit diesem Bein – aber eben auch mit dem Körper in die Hüfte und bringt ihn dadurch entscheidend aus der Balance, so dass der Torschuss missglückt. Das ist ein Foulspiel, für das es einen Elfmeter hätte geben müssen. Eine Fehlentscheidung, diesen nicht zu geben und stattdessen weiterspielen zu lassen.

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Szene 13: Dmytro Bohdanov (Dresden) räumt Fynn Arkenberg (Hannover II) an der Seitenlinie ab, kommt bei Schiedsrichter Cristian Ballweg aber mit Gelb davon. [TV-Bilder – ab Minute 2:01:30]

Babak Rafati: Auf Höhe der Mittellinie an der Seitenlinie schlägt Arkenberg den Ball weit weg in die gegnerische Hälfte. Dabei kommt Bohdanov aus vollem Lauf mit gestrecktem Bein und offener Sohle, trifft Arkenberg vollkommen unkontrolliert und in brutaler Weise in den Knöchel-/Bänderbereich. Mit dieser Spielweise wird die Gesundheitsgefährdung des Gegenspielers billigend in Kauf genommen, sodass es die rote Karte hätte geben müssen. Das Trefferbild lässt nichts anderes zu. Für den Schiedsrichter ist es schwer, aus seiner Position dieses Trefferbild richtig wahrzunehmen und entsprechend einzuordnen. Der Assistent ist auch etwas zu weit weg, sodass man auch ihm keinen Vorwurf machen kann. Dennoch liegt eine Fehlentscheidung vor, diese Szene lediglich mit der gelben Karte zu sanktionieren.

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Szene 14: Nach einem Freistoß des VfB bekommt Steffen Nkansah (Aue) den Ball im Strafraum im Anschluss an einen Kopfball seines Mitspielers an den Arm, Schiedsrichter Yannick Rupert pfeift nicht [TV-Bilder – ab Minute 25:50]

Babak Rafati: Nach einem langen Ball in den Strafraum springt Nkansah in die Luft und verpasst das Spielgerät. Der Ball fliegt über ihn hinweg, und anschließend klärt sein Mitspieler, der hinter ihm steht, per Kopf, und von da aus fliegt der Ball zurück an den Arm von Nkansah. Dadurch, dass Nkansah vorher in die Luft gesprungen war und dabei mit dem Arm Schwung geholt hatte, um in die Luft zu steigen, ist der Arm in Bewegung. Als er wieder aus der Luft herunterkommt und auf dem Boden aufkommen will, ist der Arm noch in der Luft und in einer natürlichen Haltung, sodass die Ballberührung nicht absichtlich geschieht. Deshalb liegt kein strafbares Handspiel vor. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

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