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William Laing·18. Dezember 2022

Spieler des Tages: Zwei WM-Teilnehmer, die niemand auf der Rechnung hatte

Artikelbild:Spieler des Tages: Zwei WM-Teilnehmer, die niemand auf der Rechnung hatte

Das war es also: das Spiel um die goldene Ananas. Das Spiel der Halbfinalverlierer. Das Spiel um Platz 3. Kroatien gegen Marokko. Naja, hätten sich die meisten wohl vor dem Turnier gedacht. Ob es sich lohnt, a) das Spiel um Platz 3 überhaupt anzuschauen und b) dann auch noch ausgerechnet bei einer Partie zwischen diesen beiden Nationen einzuschalten? Die Antwort ist witziger Weise gestern bereits vor dem Anpfiff ja. Und nach dem Abpfiff ist sie es noch mehr.



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Denn natürlich ist das Spiel um Platz 3 nur ein Trostpflaster. Eine Partie, die keiner braucht, würde man meinen. Doch dass das Blödsinn ist, sollte man gerade in Deutschland wissen. Wie versöhnlich war doch der Sieg gegen Portugal im Spiel um Platz 3 bei der WM 2006 nach dem schmerzhaften Aus gegen Italien im Halbfinale? Wie wichtig war ein abschließender Sieg für das Gefühl einer ganzen Nation? Richtig! Enorm wichtig.

Und so war es gestern auch. Kroatien sicherte sich den dritten Rang bei der WM 2022. Die Teufelskerle aus Zagreb, Split oder Dubrovnik haben es wieder getan. Nach dem Vizeweltmeistertitel 2018 gab es dieses Mal ’nur‘ die Bronzemedaille. Gefeiert wurde sie wie Gold.

Denn auf dem Schirm hatte die Kroaten trotz ihres beachtlichen Turniers vor etwas mehr als vier Jahren mal wieder keiner. Zumal damalige Schlüsselspieler wie Mario Mandžukić schon lange nicht mehr zum Kader der Osteuropäer zählen. Und Ex-Weltfußballer Luka Modrić ist mittlerweile eben auch 37. Was konnte man von so einem Team also erwarten?

Die Antwort: eine ganze Menge. Der Turnierstart war ein 0:0 gegen Marokko, es folgte ein dominantes 4:1 gegen Kanada und ein 0:0 gegen Belgien. Dann zeigten die Kroaten im Achtel- und Viertelfinale, was sie so stark macht. Japan und Top-Favorit Brasilien wurden im Elfmeterschießen eliminiert. Keeper Dominik Livaković avancierte zweimal zum Helden.

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Schluss war gegen Argentinien, das Kroatien im Halbfinale recht früh den Zahn zog. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte das Team schon alle Kritiker Lügen gestraft und sich mit Disziplin, Ausdauer und Nervenstärke unter die Topmannschaften des Turniers gespielt. Das Spiel um Platz 3 war die Krönung einer fantastischen WM des Teams von Zlatko Dalić.

Wie es das Schicksal so wollte, schloss sich ausgerechnet in dieser Partie auch noch der Kreis. Nicht nur für Kroatien, sondern eben auch für Gegner Marokko. Denn wie eben schon erwähnt, hatten beide Teams zum Turnierauftakt bereits gegeneinander gespielt.

Marokko war aus der gemeinsamen Gruppe F als Gesamtsieger hervorgegangen. Nach dem Remis gegen Kroatien gab es ein 2:0 gegen Belgien, Kanada wurde mit 2:1 niedergerungen. Dann wurden die Nordafrikaner zum Favoritenschreck. Spanien schaffte es, im Achtelfinale keinen einzigen Treffer im Elfmeterschießen gegen Torhüter Bono zu erzielen. Im Viertelfinale beendete Marokko den Traum von Cristiano Ronaldo, mit Portugal einen WM-Titel zu holen.

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Historisch war das. Denn Marokko wurde damit das erste afrikanische Team, das bei einer WM das Halbfinale erreichen konnte. Gedacht hätte das niemand. Außer vielleicht Ex-Kamerun-Star Samuel Eto’o, der tatsächlich vor dem Turnier auf das Halbfinale Frankreich gegen Marokko getippt hatte.

Der Weltmeister kegelte stark kämpfende Marokkaner am Ende mit 2:0 aus dem Wettbewerb. Und so standen sich die beiden Mannschaften aus Gruppe F gestern wieder gegenüber. Mit dem besseren Ende für Kroatien. Obwohl: Was heißt hier eigentlich schon besser?

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„Das ist unglaublich, was hier passiert ist. Da können wir nur stolz sein“, sagte Marokko-Keeper Bono nach der Partie. Seine Mannschaft hatte gerade mit 1:2 verloren. Na und? Ein fantastisches Turnier hat sie trotzdem gespielt. Und gehört verdient zu den besten vier Teams der WM.

„Klar, wir gehören immer zu den Geheimfavoriten“, sagte wiederum Kroatien-Star und Bayern-Defensivmann Josip Stanišić. „Aber dass wir es am Ende trotzdem noch holen, ist wirklich Wahnsinn.“ Die Kroaten hatten sich also irgendwie nicht mal selbst auf dem Schirm. Oder irgendwie doch. Aber dann eben nicht so ganz. Und deswegen freuten sie sich gestern auch so, als wären sie Weltmeister geworden.

Und die Marokkaner auch. Weil sie das Turnier bereichert haben. Weil sie die leidenschaftlichsten Fans hatten und weil sie fußballerisch alles auf dem Platz gelassen haben. Auch gestern. Bis zum Schlusspfiff. Davor kann man nur den Hut ziehen. Chapeau an Marokko und an Kroatien. Chapeau an zwei WM-Teilnehmer, die niemand auf der Rechnung hatte.