Matze de Behler: "Leider keine Videos mehr aus der West" | OneFootball

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Treffpunkt Betze

·29. September 2022

Matze de Behler: "Leider keine Videos mehr aus der West"

Artikelbild:Matze de Behler: "Leider keine Videos mehr aus der West"

Neu auf Treffpunkt Betze, der Dreierpack: Klaus Toppmöller erzielte am 03. März 1978 innerhalb von 11 Minuten den schnellsten Hattrick der FCK-Geschichte. Ganz so rasant sind wir nicht, aber wir arbeiten dran. Drei Fragen, drei Antworten, ein Dreierpack auf Treffpunkt-Betze-Art - und das alle zwei Wochen.

Matze de Behler betreibt den Youtube-Kanal Matzes Daily Madness mit rund 30.000 Abonnenten. Dort sind aktuell weit über 800 Videos zu finden, die sich größtenteils um Fussball, jedoch speziell um den 1. FC Kaiserslautern drehen. Dort geht er auch sehr offen mit seiner Erkrankung um. Matze leidet an einer Netzhautauflösung und hat gegenwärtig nur noch 4% Sehfähigkeit, die er künftig weiter verlieren und entsprechend erblinden wird. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, seinen FCK physich und medial zu begleiten und auch zu Themen wie Homophobie oder Rassismus Position zu beziehen.


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Professionell? Es gibt kein fehlerfreies Video von mir

Treffpunkt Betze: Matze, im Lautrer Umfeld dürfte dich so ziemlich jeder kennen, was im Besonderen am Content deines Youtube-Kanals liegt, der sich hauptsächlich um den FCK dreht. Was ist dein Antrieb - gerade unter deinen gesundheitlichen Voraussetzungen - soviele Stunden in dieses Hobby zu investieren?

Matze de Behler: Die tatsächliche Leidenschaft dafür ist dann eher durch Faulheit entstanden, weil ich im Urlaub keine Postkarten schreiben wollte. Da habe ich einfach ein Video hochgeladen und den Leuten den Link geschickt. Dabei ist mir aufgefallen, dass es mir sehr viel Spaß macht und den Leuten, die es sehen, scheinbar auch. Das wurde dann über die Jahre hinweg immer aufwändiger, immer professioneller. Allerdings würde ich mich selber nie als 'professionell' betiteln. Ich glaube, es gibt kein einziges Video, in dem nicht mindestens ein Fehler drin ist.

Alles fing bei einem Auswärtsspiel in Köln an, bei dem ich das erste Fußballvideo gemacht habe. Da habe ich zwei Leidenschaften wunderbar miteinander verbinden können. Für mich ist es jetzt noch schöner, wenn ich von anderen lese: „Ich bin eigentlich Fan von XY, aber durch deine Videos hast du mir den FCK etwas näher gebracht. Seitdem ist mir der Verein sympatischer.“ Dass ich gleichzeitig dem Verein, den ich liebe, auch noch irgendwie helfe, bekannter oder sympathischer zu machen, ist eigentlich eine Win-Win-Situation. Aber natürlich braucht das viel Zeit. Eine Minute des Vorberichtes entspricht ungefähr einer Stunde Arbeit. Da spielt die Sehbeeinträchtigung natürlich eine Rolle, weil Dinge eben länger dauern. Das nehme ich jedoch gerne in Kauf. Und wenn ich beispielsweise 31 Minuten lang die Vereinshistorie des FC Magdeburg vorstelle, dann nimmt das halt soviel Zeit in Anspruch - was aber auch ok ist, solange die Leute daran Freude haben. Für mich ist die Fanszene eines Vereins immer wesentlich relevanter als z.B. irgendwelche Spielerstatistiken.

Ich kusche doch nicht vor Rassisten

Treffpunkt Betze: Auf deinen Social-Media-Kanälen setzt du dich aktiv für Toleranz und gegen Rassismus und Homophobie ein, was leider keine Selbstverständlichkeit ist. Provokant gefragt: Warum muss ein Fußball-Youtuber überhaupt solche Themen besprechen?

Matze de Behler: Warum tun es andere Youtuber nicht? Es gab neulich eine Umfrage, in der etwa zwei Drittel der Zuschauer geäußert haben, nicht zu wollen, dass sich Influencer - wobei ich mich nicht als Influencer bezeichnen würde - politisch äußern. In meinen Videos und Streams bin ich der, der ich bin. Ob die Kamera an oder aus ist, da bin ich identisch. Der einzige Unterschied ist: Ich versuche vor der Kamera mehr hochdeutsch zu sprechen. Im Privatleben bin ich strikt gegen jegliche Form von Diskrimierung. Deswegen kann ich das in meinen Videos nicht ausblenden. Und wenn ich Diffamierungen sehe, dann weise ich darauf hin.

Auch wenn das Konsequenzen hat, wie damals bei der Stickersache*. Da hat die rechtsextreme Partei III. Weg angefangen, Dinge wie meine Adresse zu leaken. Es gab auch 'Hausbesuche' und bei meinem Vater wurden die Reifen am Wagen plattgestochen. Das hat mich aber eher darin bestärkt weiterzumachen. Ich kusche doch nicht vor irgendwelchen Rassisten. Deswegen stelle ich mich immer ganz offen, um vielleicht auch andere Menschen zu ermutigen, sich zu positionieren. Menschen die intolerant sind, muss ich nicht tolerieren. Zum Glück sind Ausländerfeindlichkeit und Homophobie im Stadion weitestgehend verschwunden. Aber wenn ich in meinem Umfeld derartiges höre, sage ich auch etwas. Man muss manchmal im Stadion einfach das Maul aufmachen, um andere zu animieren, das Gleiche zu tun.

In der Westkurve darf ich nicht mehr filmen

Treffpunkt Betze: Wie ist generell das Feedback aus der organisierten Lautrer Fanszene auf deine Videos? Ultra-Szenen gelten ja generell eher als „kamerascheu“.

Matze de Behler: Kurz gesagt: Ich darf in der Westkurve nicht mehr filmen. Das ist die Quintessenz aus mehreren Gesprächen mit den FCK-Ultras. Der Kompromiss lautet wie folgt: „Du darfst nicht mehr aus der West filmen, der Rest ist uns weitestgehend egal.“ Schon beim Aufstieg in Dresden gab es aus dem selben Grund kein Video. Da kann man halt nichts machen. Es gab da ein Gespräch und wir haben uns geeinigt. In anderen Stadien hätte es wahrscheinlich kein Gespräch gegeben. Da wären wohl eher ein paar Mann gekommen, hätten die Kamera zerstört oder mich verprügelt. Über die Kommunikationsart bin ich tatsächlich zufrieden. Obwohl es natürlich auch schade ist.

Quelle: Treffpunkt Betze

* Damals bezog Matze eindeutig Stellung zu Aufklebern aus der FCK-Fanszene, welche Fans des 1. FC Saarbrücken in antisemitischer Form, analog zu anti-jüdischen-Karikaturen während der NS-Zeit, diffamierten. Daraufhin wurde er von der rechtsextremen Partei III. Weg offen angefeindet - unter anderem wurde seine Privatadresse veröffentlicht.

[Anm. d. R.: Der 'Dreierpack' erscheint ab sofort im Zwei-Wochen-Rhythmus, der nächste am 13. Oktober.]

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