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·31. Dezember 2024
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Manchester United hatte sich für das Heimspiel gegen Newcastle am Montagabend viel vorgenommen. Die fünfte Ligapleite im Monat sollte verhindert werden. Das gab es letztmals übrigens vor der Mondlandung. Umso surrealer, dass am Ende wieder eine Niederlage resultierte.
Zwar ist Newcastle eine gute und vor allem auch formstarke Mannschaft, doch die Art und Weise der Pleite war es, die den United-Anhängern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben dürfte. Was sich in den ersten 30-35 Minuten auf dem Platz des Old Trafford abspielte, war besorgniserregend.
Ruben Amorim brachte bei seinem Amtsantritt die Hoffnung zurück zu Manchester United. Auf eine Stabilisierung, eine Trendwende. Das Projekt Erik ten Hag war endgültig gescheitert, als der Portugiese übernahm. Dass sich der Vorgänger aus den Niederlanden überhaupt so lange hielt, war überraschend. United fehlte und fehlt es an Struktur. Auf dem Platz, aber auch hinter den Kulissen. Der Kader ist nicht homogen genug, einige Spieler sind über ihrem Zenit, andere lösen ihr Zukunftsversprechen nicht ein.
Die Hoffnung der zahlreichen Anhänger der Red Devils lag darin, dass es Amorim schaffen könnte, frischen Wind reinzubringen. Klar, dass sein Fußball, der bei Sporting sehr erfolgreich war, mit dem aktuellen Kader nicht leicht umzusetzen sein wird, war von Beginn an ersichtlich, Wohl auch für ihn selbst. Bei Manchester United setzte man aber alles daran, dass erste Erfolgserlebnisse wie ein Brustlöser dienen können, damit man zunächst eine Art Trainereffekt entstehen lässt, auf dessen Basis sich dann fußballerische Fortschritte entwickeln können.
Doch das entspricht nicht der Realität. Amorim dürfte in seinen wenigen Wochen bei den Red Devils schon um Jahre gealtert sein. Was hat er erlebt? Nun, abgesehen von den historischen fünf Liganiederlagen im Dezember gab es die Kaderverbannung von Marcus Rashford, die Suche nach Maulwürfen innerhalb des Teams, die Aufstellungdetails nach außen trugen, einen undichten Presseraum, wodurch die Pressekonferenz verregnet wurde und auch noch eine, kein Witz, Mäuseplage im Stadion. Willkommen bei Manchester United!
Wie instabil die Mannschaft ist und wie sehr ihr die Bausteine für die Kontinuität fehlen, zeigte sich nach den Erfolgen. Ein 4:0 gegen Everton sorgte nicht für Sicherheit, selbst der Derbysieg bei den Skyblues von Manchester City entfachte einfach gar nichts. Manchmal will das Team und kann nicht, manchmal könnte es, will aber nicht – und zwischendurch kommt mal ein Sieg dabei herum. Das ist alles kein Zufall, sondern ein Ergebnis der Fehler der letzten Jahre.
(Photo by Stu Forster/Getty Images)
Die vermeintlichen Toptransfers wie Antony erwiesen sich als Komplett-Flop und trieben die Kaderkosten nach oben, erfahrene Spieler, die als Führungsfiguren auftreten sollten, gehen teilweise unter, junge Spieler, die nach oben drängen und sich beweisen wollen, finden ein Konstrukt vor, das komplett fragil ist. Und ein Rückschlag sorgt sofort wieder für Verunsicherung. Hinzu kommen taktische Defizite. Matthijs de Ligt, Manuel Ugarte und co. haben sich noch nicht als Verstärkungen erwiesen, stehen bei Gegentoren teilweise komplett im Nirgendwo, was für die vorher schon vorhandenen Defensivakteure aber ebenso gilt. Es gibt so viele Probleme, man weiß nicht, wo man anfangen soll.
Nun aber zurück in die Aktualität, in das Old Trafford, am Montagabend. Newcastle United war von Beginn an griffig und zeigte auf, welches Team hier Selbstvertrauen hatte und welches in der Krise steckte. Das 0:1 von Alexander Isak nach nur dreieinhalb Minuten zeigte, wie die Rollen hier verteilt sind. Joelinton legte noch in der Anfangsphase das 0:2 nach, Isak scheiterte einmal freistehend und schoss ein Abseitstor, Sandro Tonali traf den Pfosten, Joelinton schoss über das kurze Eck. Es waren nicht nur die Chancen, die Newcastle hatte, sondern auch die Art und Weise, wie das Spiel lief.
Verlor Newcastle mal den Ball, war er sofort wieder da. Die Gastgeber führten kaum Zweikämpfe, hatten in den ersten 25 Minuten keine Ballberührung im gegnerischen 16er, liefen nur hinterher. Ganz ehrlich: So vorgeführt wurden die Red Devils in den letzten Jahren selten bis nie. Es war erschreckend. Die Idee, Casemiro, der seit Monaten komplett hilflos wirkt und wohl keinem Team in der Premier League in der aktuellen Form auch nur irgendetwas geben könnte, gemeinsam mit Christian Eriksen gegen ein sehr dynamisches und physisches Mittelfeld zu stellen, erwies sich wenig überraschend als Desaster.
(Photo by Carl Recine/Getty Images)
Old Trafford war nicht nur still, sondern es war eine gespenstische Atmosphäre zu spüren. So als glaubten die Fans nicht, was auf dem Platz passiert. Bis zur Anpassung Amorims, der Joshua Zirzkee für Kobbie Mainoo runternahm, um überhaupt mithalten zu können, hatte man das Gefühl, hier tritt eine Freizeitmannschaft gegen Profis an. Und besagte Freizeitmannschaft hatte sich den Abend vorher noch zu einer Runde Kaltgetränken im lokalen Pub getroffen.
Und was nun? Was kann United machen? In erster Linie akribisch arbeiten und versuchen, im Winter zwei, vielleicht drei neue Impulse auf dem Transfermarkt zu setzen. Ballast loszuwerden. Der gesamte Kader von Manchester United gehört generalüberholt, aber das wird im Winter nicht möglich sein. Im besten Fall stabilisiert sich die Mannschaft und spielt noch eine solide Runde, wird vielleicht Achter. Im schlimmsten Fall wird Ruben Amorim noch in der Rückrunde verbrannt und im Sommer muss erneut an mehreren Fronten gearbeitet werden. Wenn nicht sogar der Abstiegskampf noch einmal ein Thema wird. Da hört sich ein undichtes Dach im Stadion im Vergleich gar nicht mal so übel an.
(Photo by Carl Recine/Getty Images)