Karlsruher SC vs. FC St. Pauli 2:1 – Kleine Fehler, große Wirkung | OneFootball

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MillernTon

·7. April 2024

Karlsruher SC vs. FC St. Pauli 2:1 – Kleine Fehler, große Wirkung

Artikelbild:Karlsruher SC vs. FC St. Pauli 2:1 – Kleine Fehler, große Wirkung

Der FC St. Pauli zeigte eine starke Leistung gegen den Karlsruher SC. Doch für drei Punkte fehlte anfangs die nötige Geduld, teils Genaugikeit, am Ende ein Quäntchen Glück – und ein funktionierendes Schiedsrichtergespann.(Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images/via OneFootball)

Vorweg: Aufgrund eines medizinischen Notfalls eines FCSP-Anhängers während der Anreise gab es keinen organisierten Support im Gästebereich. Im Heimbereich wurde zwar aktiver Support organisiert, aber auch dort zeigte man Anteilnahme, indem man in der ersten Halbzeit das Banner mit der Aufschrift „Wichtiger als das Spiel ist das Leben – Ultras für immer!“ zeigte.Wir vom MillernTon hoffen sehr, dass alles wieder gut wird!


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Die Aufstellung

Für einen Startelfeinsatz von Dapo Afolayan hat es nicht gereicht. Er musste auf der Bank Platz nehmen. Somit gab es nur zwei Veränderungen in der Startelf: Elias Saad durfte nach überstandener Gelbsperre wieder von Beginn an rein und Adam Dźwigała ersetzte den gelbgesperrten Eric Smith.

Beim Karlsruher SC gab es gar keine Veränderungen in der Startaufstellung. Das Team agierte in einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Im Vorbericht hatte ich Jerome Gondorf übrigens auf die Zehn gesetzt. Das war ein Relikt aus dem Hinspiel, als der KSC ebenfalls mit einer Mittelfeldraute agierte (Gondorf war damals nicht dabei, ich hatte aber vergessen, nicht nur die Namen zu ändern, sondern auch die Formation anzupassen). Eigentlich wollte ich das zu einem flachen 4-4-2, also mit einer Doppelsechs, ändern. Und dann spielten sie aber doch mit einer Mittelfeldraute.

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Aufstellung beim Spiel Karlsruher SC gegen FC St. Pauli

KSC: Drewes – Jung, Franke, Beifus, Herold – Jensen, Gondorf, Nebel, Wanitzek – Matanovic, Zivzivadze

FCSP: Vasilj – Dźwigała, Wahl, Mets – Saliakas, Irvine, Kemlein, Ritzka – Hartel, Eggestein, Saad

Ungelduldig und unachtsam

Der Start in die Partie war aus FCSP-Sicht denkbar beschissen: Die erste KSC-Ecke landete am ersten Pfosten bei Gondorf. Dessen Kopfball konnte Nikola Vasilj zwar parieren, jedoch waren seine Abwehraktion und auch der folgende Klärungsversuch von Adam Dźwigała derart unglücklich, dass Marcel Franke bereits in der zweiten Minute zum 1:0 einschieben konnte. Klassischer Kackstart für den FCSP.

In den folgenden Minuten wurde es auch nicht wirklich besser. Der KSC agierte wie im Hinspiel und stellte das Zentrum dicht. Die beiden Stürmer stellten sich vor Mets und Dźwigała auf, sodass einfache Pässe ins Zentrum verhindert wurden. Paul Nebel gesellte sich zu Hauke Wahl, wodurch der FC St. Pauli oft gezwungen wurde, auf die Außenbahn zu spielen. Dort wurde zumindest Manos Saliakas oft direkt von Marvin Wanitzek unter Druck gesetzt, der ihn von seiner linken Halbposition in der Mittelfeldraute aus anlief.

Selten Lösungen gegen Mittelfeldraute

Eine Lösung gegen dieses Verhalten des Karlsruher SC gab es ab und an auf der anderen Seite zu sehen: Denn dort machte sich Aljoscha Kemlein immer mal wieder nach vorne auf, um sich im Rücken von Leon Jensen (rechte Halbposition) zu positionieren. Hinter die Halbpositionen zu kommen, ist grundsätzlich immer das Ziel, wenn man gegen eine Mittelfeldraute spielt. Denn wenn Kemlein sich weiter vorne positionierte, musste entweder Gondorf seine Position auf der Sechs verlassen (= Raum für „Zehner“ Eggestein), Jensen musste tiefer fallen (= Raum für Ritzka) oder Franke vorrücken (= Raum für Saad). Vermutlich ließ sich das Team vom intensiven Anlaufen des KSC und auch der Atmosphäre im Stadion beeindrucken. Jedenfalls erarbeitete sich der FC St. Pauli diese Räume in den ersten 25 Minuten viel zu selten. Fabian Hürzeler hat nach Abpfiff sicher irgendwann erklärt: „Wir waren nicht gut in der Positionierung“ und meinte damit genau dieses Verhalten gegen die Mittelfeldraute.

Insgesamt war das Aufbauspiel des FC St. Pauli oft zu überhastet. Es wurden Räume gesucht, die (noch) nicht vorhanden waren, zu schnell wurden die Bälle nach vorne gespielt. Die große Stärke des FCSP – das geduldige Warten auf den richtigen Moment – war in der ersten Phase des Spiels nur selten zu sehen. Wenn dann aber etwas Ruhe einkehrte ins Aufbauspiel des FC St. Pauli, dann wurde es auch sofort richtig gut. Die Sequenz vor dem Lattenkracher von Saliakas in der 12. Minute ist ein Beispiel dafür, wie man gegen so eine zentrumslastige Formation auch im letzten Drittel spielt. Denn zentrumslastig bedeutet eben auch Raum auf den Außenbahnen, wenn man schnell verlagert. Das geschah von rechts nach links, ehe der Ball zurück zu Saliakas kam. Der Angriff hätte einen Treffer verdient gehabt.

Airvine erweckt den FC St. Pauli

So brauchte es ein Erfolgserlebnis, um das Team überhaupt richtig in diese Partie hineinzuholen. Das passiert am besten mit einem eigenen Tor. Die einstudierte Eckballvariante hatte aber auch einen Treffer verdient gehabt. Mets, Wahl und Eggestein hatten beim Eckball in der 37. Minute keine andere Aufgabe, als den Raum für Jackson Irvine freizublocken – und Marcel Hartel hat einen solch goldenen Fuß, der ihn befähigt, die Flanke auch genau in diesen Raum zu schlagen.

Mit diesem Treffer nach einem Eckball (übrigens der zweite dieser Rückrunde, anders als es während der Übertragung behauptet wurde – Saliakas traf gegen Hertha nach einer einstudierten Variante), veränderte sich das gesamte Spiel. Plötzlich war der FC St. Pauli wieder da, mit all seinen Stärken. Das Team spielte sich wieder geduldig den Gegner zurecht, hatte das Spiel unter Kontrolle. Und wurde dann im zweiten Abschnitt richtig gefährlich für den KSC.

Druckphase ohne Treffer – dafür mit Bacher im Fokus

Zur zweiten Halbzeit nahm der FCSP kleinere taktische Anpassungen vor. Marcel Hartel war nun konsequent auf der rechten Offensivseite zugegen. Im ersten Abschnitt fiel er gerne ins Zentrum, nun kratzte er fast durchgehend an der rechten Außenlinie, wie auch Elias Saad auf der Gegenseite. Und in dem Raum, den Hartel in der ersten Halbzeit oft suchte, den hinter Wanitzek nämlich, nistete sich nun Irvine ein. Der FC St. Pauli versuchte, die Mittelfeldraute nun noch viel konsequenter unter Druck zu setzen. Das gelang.

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Positionierung des FC St. Pauli gegen den Karlsruher SC

Links: In der ersten Halbzeit agierte der FCSP zumeist mit einer Doppelsechs. Nur selten gelang es, (und wenn dann nur durch Kemlein) den Raum hinter den Achtern des KSC zu finden und dadurch Druck zu erzeugen.

Rechts: In der zweiten Halbzeit positionierte sich Jackson Irvine oft klarer im Raum hinter Wanitzek und Marcel Hartel blieb auf der rechten Außenbahn. Dadurch wurde der Druck auf den KSC sehr groß.

„Es ist mir relativ egal, ob der Sieg verdient ist. Wir haben schwere Momente gehabt. Aber wie es entstanden ist, interessiert morgen keinen Mensch mehr,“ sagte KSC-Trainer Christian Eichner nach Abpfiff ins Sky-Mikro. Mit den „schweren Momenten“ dürfte er vor allem die Phase kurz nach Wiederanpfiff gemeint haben. Der FC St. Pauli war, auch aufgrund der taktischen Anpassung, wahnsinnig druckvoll und erspielte sich eine ganze Menge an Torgelegenheiten.

VAR nimmt Treffer zurück

Bei einer dieser Torgelegenheiten lag der Ball sogar im Netz. Aber Kemlein hatte zuvor im Abseits gestanden. Ob sich dann im weiteren Verlauf vor dem Torschuss von Irvine eine neue Spielsituation entwickelt? Nun, da reicht mein Schiedsrichterwissen nicht aus. Aber klar: Entscheidungen gegen den FC St. Pauli sind grundsätzlich falsch. Das gilt natürlich auch für den Zweikampf zwischen David Herold und Elias Saad im KSC-Strafraum in der 50. Minute. Dort trifft Herold ziemlich viel Fuß dafür, dass er den Ball maximal zärtlich streichelt – ohne FCSP-Brille aber sicher ok, dass sich da der VAR nicht einschaltete. Die Leistung von Schiedsrichter Michael Bacher war trotzdem denkwürdig. In beiden Richtungen, denn auch einige Situationen gegen den KSC waren mindestens diskutabel. Karlsruhes Trainer Eichner bezeichnete die Schiedsrichterleistung nach Abpfiff im Sky-Interview jedenfalls als „maximal unglücklich.“

Nach diesen beiden Entscheidungen zeigte der FC St. Pauli dann noch sein gesamtes Repertoire an Eckball-Varianten. Allesamt hätten sie einen Treffer verdient gehabt. Doch zweimal parierte KSC-Torwart Drewes stark, einmal köpfte Irvine freistehend drüber. Dass es 15 Minuten nach Wiederanpfiff immer noch 1:1 stand, war für die Karlsruher jedenfalls eine gute Nachricht. Die gute Nachricht für den FCSP ist, dass sie in dieser Phase eines der Top-Teams der Rückrunde im eigenen Stadion komplett an die Wand genagelt haben. Auch wenn keine Tore fielen, war es eine richtig starke Vorstellung des FC St. Pauli.

Artikelbild:Karlsruher SC vs. FC St. Pauli 2:1 – Kleine Fehler, große Wirkung

Ein Gemälde eines Kopfballs – Jackson Irvine trifft zum 1:1 für den FC St. Pauli gegen den KSC

(Christian Kaspar-Bartke/Getty Images/via OneFootball)

KSC bestraft Fehler konsequent

Wie gut der Plan mit dem Vorziehen von Irvine und der konsequenten Positionierung von Hartel ganz außen aufging, war in der 69. Minute klar zu erkennen. KSC-Linksverteidiger Herold wedelte hilflos mit den Armen Mitspieler heran, weil er recht allein und verlassen gegen Hartel und Irvine stand. Adam Dźwigała (dem auch in der ersten Halbzeit einige Pässe missrieten) entschied sich aber für einen alles andere als gelungenen Pass in Richtung Johannes Eggestein, hinein in den dicht mit KSC-Beinen besiedelten Zehnerraum. Wenige Sekunden später stand es 2:1 für den KSC. Ein zweifelsohne toller öffnender Pass von Wanitzek, ein perfekt ausgespielter Konter – aber dass man sich auswärts bei diesem Spielstand und angesichts der Spielsituation so auskontern lässt, tut natürlich richtig weh.

Auch der Fuß von David Herold tat richtig weh. Nämlich dem linken Spann von Manos Saliakas. Eine Situation, die dem Schiedsrichter-Gespann – wie auch immer das passieren konnte – komplett entgangen sein muss. Denn andernfalls hätte es in der 77. Minute einen Elfmeter für den FC St. Pauli geben müssen. Das Urteil von Fabian Hürzeler war nach Abpfiff eindeutig: „Das war der klarste Elfmeter, der in dieser Saison übersehen wurde.“ Hürzeler hatte zu diesem Zeitpunkt schon wieder eine gelbe Karte gesehen. Ich persönlich wäre da übrigens schon auf die Tribüne verwiesen worden. Denn ebenfalls ein Elfmeter ist aus meiner (natürlich Braun-Weiß gefärbten) Sicht die Situation in der 66. Minute, als Hartel mit dem linken Arm von Herold umgestoßen wurde. Übrigens: Drei strittige Strafraumsituationen (eine davon sogar unstrittig), dreimal war David Herold beteiligt.

Dreifach-Bestrafung für den FCSP

Spätestens nach der auf das Foul an Saliakas folgenden Situation in der 77. Minute hätte ich vermutlich Stadionverbot bekommen. Denn anstatt auf einen Elfmeter für den FCSP zu entscheiden, lief die Situation weiter. Es kam zum Duell zwischen Igor Matanović und Hauke Wahl auf Höhe der Mittellinie an der Außenbahn. Wahl trifft Matanović, die TV-Bilder lösen nicht ganz auf, ob da der Ball vorher gespielt wurde (die Situation ist also so gesehen identisch zur Situation zwischen Herold und Saad im KSC-Strafraum). Für Schiedsrichter Bacher ein gelbwürdiges Vergehen. Angesichts der Dynamik des Zweikampfes, ist das vertretbar. Aber ein Eingreifen des VAR hätte den ersten Platzverweis in der Profikarriere von Hauke Wahl verhindern können, eigentlich sogar müssen. Edit: ganz sicher bin ich nicht, ob das wirklich so gewesen wäre oder ob es die skurrile Situation „Elfmeter, aber trotzdem zu zehnt weiterspielen“ gegeben hätte. Zur Situation und fehlenden Kommunikation von Bacher, habe ich auch einen Kommentar verfasst.

Hauke Wahl wollte nach Abpfiff am Sky-Mikro aus Gründen des Selbstschutzes nicht viel zur Schiedsrichterleistung sagen, gab sich aber auch selbstkritisch: „Bei der zweiten gelben Karte muss ich cleverer sein.“ Dass dieser Platzverweis aber nicht hätte zustande kommen dürfen, weil Saliakas kurz zuvor im KSC-Strafraum gefoult wurde, ist besonders ärgerlich. Der FCSP wurde in dieser Situation dreifach bestraft: Kein möglicher Ausgleich durch Elfmeter, stattdessen zu zehnt weiterspielen und dann auch noch eine Sperre für Wahl im kommenden Spiel.

Es brauchte viel, um den FCSP zu schlagen

Auswärts mit 1:2 in Rückstand und nur noch mit zehn Spielern auf dem Feld. Für den SC Paderborn war das Spiel gegen den FCSP letzte Woche damit gelaufen. Für den FC St. Pauli in Karlsruhe aber nicht. Von einer Unterzahl war auf dem Feld nichts zu spüren. Mit ganz viel Leidenschaft entwickelte das Team sogar nochmal eine richtige Druckphase. Klar, das Risiko war hoch und der KSC hatte auch einige Kontersituationen. Aber Marcel Hartel hatte in der Nachspielzeit noch eine richtig fette Chance, um in diesem Spiel zum Ausgleich zu kommen. Er wäre verdient gewesen.

Aber nein, es reichte nicht mehr. Der FC St. Pauli muss die dritte Niederlage der Saison hinnehmen. Erneut ist es ein Auswärtsspiel, welches verloren geht. Doch während das Team bei den Spielen in Magdeburg und vor allem auf Schalke auch keine gute Leistung zeigte, konnte man gegen den KSC größtenteils überzeugen. Es fehlten aber ein Quäntchen Glück in der Offensive und die nötige Konsequenz in zwei Situationen bei der Defensivarbeit. Themen, bei denen sich der FC St. Pauli an die eigene Nase fassen muss. Es fehlte aber leider auch ein funktionierendes Schiedsrichter-Gespann. So lautet das passende Fazit von Fabian Hürzeler: „Wir müssen so gut sein, dass der Schiedsrichter nicht unser Spiel beeinflussen kann. Das haben wir heute nicht geschafft.“

Immer weiter vor!// Tim

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