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SV Werder Bremen

·29. Mai 2025

"Ich habe viele Menschen lieb gewonnen in dieser Zeit"

Artikelbild:"Ich habe viele Menschen lieb gewonnen in dieser Zeit"

Thomas Horsch war seit April 2021 Cheftrainer der Werder-Frauen (Foto: WERDER.DE).

Trainer Thomas Horsch im Abschiedsinterview nach acht Werder-Jahren

In den vergangenen acht Jahren hat Thomas Horsch verschiedene Teams des SV Werder als Trainer begleitet. Was bei der U23 anfing und bei der Männer-Bundesligamannschaft als Co-Trainer weiterging, führte im April 2021 zur Übernahme der Werder-Frauen als Cheftrainer. Dort etablierte Horsch die Werderanerinnen im Bundesliga-Mittelfeld und holte in seiner letzten Spielzeit als Werder-Coach die Silbermedaille im DFB-Pokal. Im Abschiedsinterview spricht der gebürtige Bremer über seine verschiedenen Werder-Kapitel, die Pokalreise und was er dem Frauenfußball für die Zukunft wünscht.


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WERDER.DE: Heute heißt es ein letztes Mal: Moin Thomas. Acht Jahre Werder Bremen in unterschiedlichen Rollen gehen für dich zu Ende. Mit was für einem Gefühl beendest du dieses Kapitel?

Thomas Horsch: Ich kann es noch gar nicht so richtig greifen. Für mich ist es aktuell noch wie am Ende jeder Saison. Der Akku ist leer, weil die Saison anstrengend war und irgendwann am Ende des Sommers kommt dann das Gefühl, dass es wieder kribbelt und es wieder losgehen kann. Das fühlt sich für mich noch ein bisschen surreal an, dass es dann eben nicht wieder losgeht und dass ich viele Menschen dann erstmal nicht wieder treffen werde. Nichtsdestotrotz beende ich diese Zeit mit sehr, sehr viel Zufriedenheit mit dem, was wir gemacht haben, was wir gemeinsam erreicht haben. Aber ja, ein Stück weit ist man logischerweise auch traurig. Ich habe viele Menschen lieb gewonnen in dieser Zeit.

WERDER.DE: Für dich ging es nicht direkt mit der Cheftrainer-Position bei den Werder-Frauen los, sondern deine allererste Station beim SVW war die U23. Woran erinnerst du dich?

Thomas Horsch: Ja, die U 23 war mein Beginn hier bei Werder. Das war für mich quasi der Übergang vom DFB in das Vereinsleben. Das war für mich damals ein großer Schritt das zu machen. Aber ich hatte nach den Gesprächen mit Björn Schierenbeck, Florian Kohfeldt und Frank Baumann dann auch ein richtig gutes Gefühl und war froh, dass ich diese ganzen Menschen in der U23 kennengelernt habe. Dann den Übergangsbereich zwischen Fast-Profi zum Bundesliga-Profi und auch so Karrieren wie von Ole Käuper miterleben zu dürfen, war wirklich schön. Es war einfach toll, diese jungen Leute zu begleiten und so die Reise bei Werder zu beginnen. Dass es nach einem Jahr dann schon eine Etage höher für mich ging, war gar nicht der Plan.

WERDER.DE: Du sprichst deine nachfolgende Stelle als Co-Trainer von Florian Kohfeldt bei den Bundesliga-Männern schon an. Was hast du aus deiner Zeit dort mitgenommen? Auch für deinen weiteren Weg und die spätere Position dann als Cheftrainer bei den Frauen.

Thomas Horsch: Dass auch Männer-Bundesligaprofis nur ganz normale Menschen sind. Ich habe unter anderem mit Nuri Sahin, Claudio Pizarro und Davy Klaassen zusammengearbeitet. Es geht einfach um Fußball, und das habe ich auf jeden Fall mitgenommen, egal ob ich mich mit Claudio Pizarro oder Jasmin Sehan unterhalten habe. Eine Riesengeschichte, die ich für mich tatsächlich auch mitnehmen konnte ist, dass du in der Männer-Bundesliga als Co-Trainer immer noch auf der Ersatzbank in einem etwas geschützten Raum sitzt. Der Cheftrainer steht dann vorne an der Linie unter Feuer und der Druck im Männerfußball ist natürlich immens und nochmal größer als im Frauenfußball. Aber ich habe auch versucht, auch im Männerbereich immer eine gewisse Ruhe und eine Gelassenheit auszustrahlen. Und das habe ich absolut auch versucht, in die Position des Cheftrainers im Frauenfußball mit rüberzunehmen. Das strahlt letztendlich auf eine Mannschaft ab und gerade auch bei den Spielen in der Männer-Bundesliga im Abstiegskampf oder letztendlich dann ja sogar Relegation, da war es auch immer ganz gut, wenn man irgendwo noch einen gewissen Anker hatte, einen gewissen Ruhepol, wo man dann vielleicht auch mal über andere Dinge sprechen konnte als über Fußball. So konnte man vielleicht einen Ludwig Augustinsson und einen Philipp Bargfrede auch nochmal beruhigen.

"Das ist ein riesiger Akt der Wertschätzung"

WERDER.DE: Machen wir den nächsten Sprung, rüber zu deinem darauffolgenden Werder-Auftrag, der Cheftrainer-Position bei den Werder-Frauen. Wenn du an diese gesamte Zeit denkst, wie blickst du darauf zurück?

Thomas Horsch: Ja, darauf blicke ich sehr zufrieden zurück. Es ist schön, dass das dann auch in dieser Saison noch mit einem Pokalendspiel und einem solchen Halbfinalspiel belohnt wird. Zu sehen, wie eine Mannschaft sich immer wieder gegen gewisse Widerstände durchsetzt oder sich dagegen behauptet, macht einen auch sehr stolz.

WERDER.DE: Teil dieses Zeitabschnitts sind auch die ersten Highlight-Spiele im Weserstadion. Wie wichtig war dieser Schritt von Werder der Frauenmannschaft diese Möglichkeit zu geben, auf einer größeren Bühne zu spielen?

Thomas Horsch: Besonders für die Bremer Spielerinnen wie Michelle Ulbrich, Reena Wichmann, Nina Lührßen, die direkt aus Bremen kommen und als sie anfingen Fußball zu spielen, wahrscheinlich nie damit gerechnet haben, mal im Weserstadion spielen zu dürfen, war das unbeschreiblich. Das ist ein riesiger Akt der Wertschätzung, dass das möglich ist und dass dann auch so viele Fans das annehmen und das auch zu so einem Spektakel machen, zeigt, dass die Stadt das angenommen hat und auch eine gewisse Fanbasis für das Team da ist. Das hat den Spielerinnen eine Menge bedeutet und ich war auch sehr stolz, dass ich der Trainer von der Mannschaft sein durfte.

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Thomas Horsch stand bei allen drei Highlight-Spielen der Werder-Frauen im Weserstadion an der Seitenlinie (Foto: Nordphoto).

WERDER.DE: Die Haupt-Heimspielstätte ist das Stadion „Platz 11“, wo du auch viel erlebt hast. Was verbindest du mit dem Stadion?

Thomas Horsch: Ja, mit Platz 11 verbinde ich natürlich meine Anfänge mit der U23 und einfach den Charme von Platz 11. Ich habe immer gesagt, Platz 11 ist eigentlich am besten im Herbst, wenn es dunkel ist, das Flutlicht an ist und es leichtes Nieselwetter ist und wir sozusagen Bremer Wetter haben. Dann kann das ein echter Heimvorteil sein. Außerdem hast du bei sämtlichen Angestellten um Platz 11 herum gemerkt, dass da eine gegenseitige Wertschätzung war, weil sie auch gemerkt haben, dass diese Mannschaft ehrlich abgeliefert hat.

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Thomas Horsch holte mit dem SVW die Silbermedaille im Pokalfinale (Foto: W.DE).

WERDER.DE: Werfen wir auch nochmal einen speziellen Blick auf diese Saison. Die wohl größten Momente in dieser Spielzeit gab es wohl wahrscheinlich bei der Pokalreise. Wie schaust du auf diesen Weg zurück, wie verrückt war er zum Teil vielleicht auch?

Thomas Horsch: Ja, der war total verrückt. Es begann eigentlich wie eine Pokalsaison immer beginnt, mit vermeintlich schwächeren Gegnern aus der Regionalliga, wo man dann auch von Pflichten sprechen muss. Dann ging es quasi richtig los mit Leverkusen. Da war eine richtige Pokalstimmung zu spüren und wir wussten, dass es ein Entscheidungsspiel ist. Wir wussten, wir haben in Leverkusen immer gut ausgesehen, bis auf dieses eine Spiel dann später in der Liga-Rückrunde. Wir haben uns dort letztendlich durch dieses schöne Kopfballtor von Larissa durchgesetzt und dann kam für mich das absolute Highlight dieser Saison, das Pokalhalbfinal-Derby in Hamburg. Viel mehr geht nicht. Ausverkauftes Haus und dann noch diese Dramaturgie. Und danach mit dieser Mannschaft ins Finale zu gehen, war auch ein emotionales Highlight, das einfach unvergesslich ist. Und auch der Empfang im Rathaus, ich habe mich da wirklich sehr geehrt gefühlt, dass die Stadt unsere Pokalreise auch so wertgeschätzt hat. Der Moment, wo du mit dem ganzen Team im Rathaus auftreten darfst, der war sehr, sehr ehrenvoll.

WERDER.DE: Und dann kam auch noch Vietnam…

Thomas Horsch: Ich weiß, dass du mit dieser Mannschaft überall einen guten Eindruck hinterlässt. Und das haben wir überall, wo wir in Vietnam aufgetreten sind, gemacht. Sei es in der Botschaft oder bei den zahlreichen sozialen Projekten. Ich freue mich, dass wir es dann auch sportlich in einem internationalen Spiel gegen eine Nationalmannschaft geschafft haben, unter wirklich schwierigen klimatischen Bedingungen nochmal alles rauszuholen und unseren fußballerischen Charakter zeigen konnten. Und es war schon sehr beeindruckend zu sehen, unter welchen Bedingungen die Menschen dort leben, wie zufrieden sie sind und wie gastfreundlich und hilfsbereit sie einfach auch waren.

WERDER.DE: Zum Abschluss: Was wünschst du dir für die Zukunft des Werder Frauenfußballs?

Thomas Horsch: Dass es weitergeht, dass weitere Momente, weitere Bilder entstehen, dass sich das Projekt weiterentwickelt und weiter ein gestandenes Mitglied der Bundesliga bleibt.  Man hat sich jetzt über die Jahre einen gewissen Vorteil, beziehungsweise Vorsprung erarbeitet, den muss man jetzt verteidigen und idealerweise ausbauen, um nicht von der größer werdenden Konkurrenz verdrängt zu werden. Und das wünsche ich der Mannschaft und dem Verein, dass man alles Mögliche tut, um in diesem Wettbewerb auch weiterhin gut zu bestehen.

WERDER.DE: Wir wünschen dir viel Erfolg auf deinem weiteren Weg und alles Gute für die Zukunft. Danke für alles, Thomas!

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