Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere | OneFootball

Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: OneFootball

OneFootball

Simon Schmidt·25. August 2024

Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere

Artikelbild:Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere

Über 1.000 Spiele als Trainer, mehr als 500 Siege, zahlreiche Titel - und ein bis heute beispielloser Absturz. Die Geschichte von Christoph Daum ist einzigartig. ~ Das sind die ersten Zeilen, die den Buchrücken seiner Autobiographie "Immer am Limit" zieren. Gestern ist der ehemalige Fußballtrainer im Alter von 70 Jahren nach einem langen Krebsleiden verstorben. Viele Fußballfans kennen Christoph Daum natürlich auch wegen seines Kokainskandals im Jahr 2000. Wir wollen nach dem Tod aber nochmal auf die sportlichen Erfolge des außergewöhnlichen Trainers mit noch außergewöhnlicheren Maßnahmen blicken. Und natürlich auf seine legendären Duelle mit Uli Hoeneß und dem FC Bayern München.

Während Christoph Daum als Spieler die große Karriere verwehrt geblieben ist - die höchste Liga, in der er spielte, war die Oberliga - rückte Daum als Trainer schnell in den Fokus vieler Fußballfans. Mit nur 32 Jahren war der Sport- und Erdkundelehrer auf einmal Bundesligatrainer. Daum wurde beim 1. FC Köln vom Co- zum Cheftrainer befördert und machte den FC wieder zu einem Titelanwärter. Nach einem zehnten Platz in der ersten Saison feierte Daum einen dritten Platz sowie zwei Vizemeisterschaften.


OneFootball Videos


Der ambitionierte Coach nahm in dieser Zeit vor Selbstbewusstsein strotzend kein Blatt vor den Mund. Zum Hauptkonkurrenten der Bayern geworden, schoss Daum öffentlich 1989 gegen den damaligen Trainer Jupp Heynckes und Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Das ganze gipfelte in einer legendären Ausgabe im aktuellen Sportstudio vor dem Spitzenspiel zwischen Daums Kölnern und dem FCB. Wortgefechte, die für immer in den Geschichtsbüchern der Fußball-Bundesliga stehen werden.

Größter Erfolg mit dem VfB Stuttgart

Am Ende seiner vierjährigen FC-Amtszeit hatte er einen herausragenden Punkteschnitt von 1,80 Punkten (Quelle: Transfermarkt.de). Es folgte jedoch die Entlassung beim FC am Ende der Saison 1989/90, für Daum brach damals eine Welt zusammen. Es dauerte aber nicht lange, da hatte der Jungcoach einen neuen Verein und neue Motivation gefunden. Der geborene Zwickauer wurde im November 1990 Trainer des VfB Stuttgart und prägte auch dort eine kleine Ära, die mit seinem größten Erfolg in der Bundesliga gekrönt wurde. 1992 wurde Christoph Daum überraschend Deutscher Meister mit den Schwaben und unterstrich so seinen Status als Top-Trainer.

In seiner Zeit bei Bayer Leverkusen, er trainierte die Werkself von 1996 bis zu seiner Kokain-Affäre im Oktober 2000, wurde Bayer innerhalb kürzester Zeit zum ärgsten Konkurrenten des FC Bayern. Die Werkself erreichte unter Daum drei Mal Platz zwei und ein Mal Platz drei. Und das mit oder vielleicht auch dank besonderer Trainings- und Motivationsmaßnahmen. Eines Tages ließ Daum sein Team barfuß über Glasscherben laufen, um zu zeigen, wie wichtig gedankliche Kräfte sind - mit Erfolg.

Die Entwicklung von Bayer Leverkusen ging am Branchenprimus aus München natürlich nicht spurlos vorbei, aber Bayern-Chef Uli Hoeneß und Christoph Daum lieferten sich nicht mehr so heftige, verbale Duelle wie zu den Zeiten als Daum Trainer des 1. FC Köln war. Es gab immer wieder Nickligkeiten, ihre gegenseitige Abneigung behielten beide aber eher für sich. Mahr oder weniger nach ihrer aktiven Karriere versöhnten sich die beiden Fußballfanatiker auch, wie die Worte des Bayern-Ehrenpräsidenten nach dem Tod seines einstigen Erzrivalen jüngst verdeutlichen.

Artikelbild:Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere

"Christoph Daum ist sein ganzes Leben keinem Disput aus dem Weg gegangen, aber wir beide haben vor langer Zeit unseren Frieden gemacht, und die Nachricht von seinem Tod macht auch mich sehr betroffen. Er hat tapfer gegen seine Krankheit gekämpft und dabei mit seinem offenen Umgang mit dem Thema auch vielen betroffenen Menschen Mut gemacht. Den letzten Kampf konnte er am Ende nicht gewinnen, aber der deutsche Fußball wird ihn als einen Menschen in Erinnerung behalten, der immer alles gegeben hat – für seine Vereine, seine Mannschaften und weit darüber hinaus."

Daum war immer ein Kämpfer und so kämpfte er sich nach dem Kokainskandal auch zurück auf die deutsche Fußballbühne, den 1. FC Köln führte die Trainerlegende 2007/08 zurück in die Bundesliga. Den einzigen sportlichen Abstieg in seiner Karriere musste Daum 2011 nach einem Intermezzo bei Eintracht Frankfurt verkraften, es war gleichzeitig seine letzte Trainerstation auf der deutschen Bühne.

Artikelbild:Hoeneß-Erzfeind und Bosporus-Held: Daums außergewöhnliche Trainerkarriere

Nicht nur in Deutschland war Grenzgänger Daum weit bekannt, auch im Ausland durfte der Coach tolle Erfolge feiern. So holte er 2002/03 das Double mit Austria Wien. Absoluten Legendenstatus hat Daum aber in der Türkei und vor allem in Istanbul. Das Besondere: Sowohl die Fans von Fenerbahçe als auch von Beşiktaş reden in höchsten Tönen von Daum, der in seiner Zeit in der Süper Lig übrigens auch Türkisch lernte, weil ihm die Nähe zu den Menschen immer wichtig war. Mit Beşiktaş feierte Daum 1993/94 den Pokalsieg und eine Saison später die Meisterschaft. Fener führte er 2003/04 und 04/05 zwei Mal zur türkischen Meisterschaft und gewann 2010 zudem den türkischen Superpokal.

Christoph Daum hatte nicht nur eine erfolgreiche Zeit als Fußballlehrer, sondern prägte auch mit Jürgen Klopp den wohlbekanntesten deutschen Trainer seiner Zeit, wie dieser in Daums Autobiographie aus dem Jahr 2020 untermalt: "Christoph Daum war zu Beginn meines Erwachsenen-Lebens sicher die schillerndste Persönlichkeit unter den Bundesliga-Trainern: innovativ, mutig, laut und unangepasst! Darüber hinaus galt er als der Inbegriff des Motivators. Als Spieler hätte ich super gerne mal mit ihm zusammengearbeitet. Leider war ich dafür nicht gut genug." Große Worte von einem Motivator zum anderen.