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·18. Mai 2024

Historische Duelle mit Deutschen: Das Jahrhundertspiel gegen Frankfurt

Artikelbild:Historische Duelle mit Deutschen: Das Jahrhundertspiel gegen Frankfurt

Der 18. Mai 1960 ist ein besonderer Tag in der Geschichte Real Madrids, aber auch des europäischen Fußballs. Im Finale des Europapokals der Landesmeister 1959/60 standen sich im Hampden Park zu Glasgow der bereits vierfache Titelträger aus der spanischen Hauptstadt und die Frankfurter Eintracht gegenüber. Es handelte sich dabei um das erste Aufeinandertreffen des Weltklubs aus Madrid gegen eine deutsche Mannschaft überhaupt. Und es sollten später viele weitere, teilweise große und unvergessliche Spiele der Madrilenen gegen Bundesligisten folgen, doch keines konnte jemals den Mythos von Glasgow übertreffen.

Ein Spiel der Rekorde, ein Spiel für die Ewigkeit.


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So erinnert Real Madrid an das “beste Endspiel des Europapokals”

Zuschauerrekord so oder so

Offiziell 127.621 Zuschauer wurden Augenzeugen eines unvergesslichen Spektakels. Die damalige Berichterstattung sprach sogar von knapp 135.000 Menschen, womit ein Zuschauerrekord im Europapokal aufgestellt wurde, der bis heute Bestand hat und auf unabsehbare Zeit unerreicht bleiben wird. Die Fans zahlten die höchsten Preise, die (damals) je für Fußball verlangt wurden und doch reichte das Fassungsvermögen des Glasgower Fußballtempels nicht aus. Viele tausende Fans, die kein Ticket ergattern konnten, versammelten sich also vor dem Stadion, um wenigstens in der Nähe des Geschehens zu sein.  Die Geräuschkulisse aus dem Stadion während der 90 Minuten ließ sie erahnen, was an diesem Tag passierte – das laut Real Madrid „beste Endspiel des Europapokals“.

Das schier unbesiegbare „Weiße Ballett“ um den argentinischen Regisseur Alfredo Di Stéfano und seinen kongenialen ungarischen Sturmpartner Ferenc Puskás reiste mit vier Titeln in Folge im erst 1955 gegründeten Wettbewerb im Gepäck nach Glasgow und galt als haushoher Favorit gegen den deutschen Meister vom Main. Der fünfte Triumph war also nur noch Formsache, darin waren sich alle einig.

Davon war in den ersten Minuten des Spiel aber wenig zu sehen. Nachdem die Frankfurter zunächst nur das Gehäuse des Real-Torwarts Rogelio Domínguez trafen, brachte Richard Kress die Deutschen in der 18. Minute in Führung. Sollte sich hier etwa eine Sensation anbahnen? Nein, es war nur der Auftakt für eine Aufholjagd und eine einmalige Gala der Mannschaft von Trainerlegende Miguel Muñoz. Der hatte die Mannschaft erst im Sommer übernommen, gewann somit seinen ersten Europapokal als Trainer (er gewann diesen zuvor drei Mal als Spieler) und ist bis heute mit 14 Trophäen der meist dekorierte Trainer in Madrids Geschichte.

„La Saeta Rubia“ mit dem ersten Streich – Foto: imago images / ZUMA Press/Keystone

Torrekord nach Rückstand

In der 27. Minute glich Di Stéfano nach Vorarbeit des brasilianischen Rechtsaußen Canario aus, um nur drei Minuten später zum 2:1 abzustauben, nachdem der Frankfurter Torwart Loy einen Außenrist-Schuss Canarios nicht festhalten konnte.

Der Widerstand der Eintracht war gebrochen. Fortan beherrschte Madrid das Spiel, es wimmelte nur noch von Doppelpässen und Kombinationen durch Di Stefáno, Gento, del Sol, Santamaría, Puskás und Kollegen. Der ungarische Bomber war es dann auch, der mit einem unnachahmlichen Linksschuss unter die Latte in der 45. Minute den berühmt-berüchtigten “Hampden Roar“ zur Extase brachte.

Nach der Pause ging die Gala der Königlichen weiter. 56., 60. und 71. Minute und es stand 6:1 für das Starensemble aus Chamartín! Torschützen? Puskás, Puskás und Puskás! Per Elfmeter, per Kopf, mit links. Nichts und niemand konnte das Wunderteam um Di Stéfano aufhalten. „La Saeta Rubia“ (der blonde Pfeil) markierte dann in der 73. Minute auch den siebten Treffer für Real, flankiert von zwei Frankfurter Toren durch Erwin Stein, die nichts anderes als Ergebniskosmetik sein sollten.

Real Madrid sieben, Eintrach Frankfurt drei. Zehn Tore für die Ewigkeit. Bis heute fielen in keinem Europapokalendspiel mehr Treffer. Das hatte Glasgow, das hatte die Insel noch nicht gesehen. Nein, das hatte die Welt noch nicht gesehen.

Die fünf-fachen Champions von Real Madrid – Foto: imago images / United Archives International

Ein Spiel der Superlative

Die größte Kulisse – niemals zuvor und nie wieder danach fand ein europäisches Spiel vor mehr Menschen statt. Die meisten Tore. Der schönste Fußball.

In diversen Umfragen einschlägiger Fachmagazine oder des Weltverbands FIFA nach dem besten Fußballspiel aller Zeiten wurde dieses Spiel von Experten immer wieder auf Platz eins gewählt. „Als Wettkampf war das Finale schon zur Pause vorbei“, schrieben John Motson und John Rowlinson in der „History of the European Cup“, “aber als Darbietung der höchsten Kunstfertigkeit, die der Fußball anzubieten hat, ist es zu einem Sammlerstück geworden.“

Erinnerungen an eine legendäre Partie – Foto: REAL TOTAL

Englands Fußball-Idol Sir Bobby Charlton erzählte später: „Mein erster Gedanke war, dieses Spiel ist ein Schwindel, geschnitten, ein Film, weil diese Spieler Dinge taten, die nicht möglich sind!“

Jimmy Greaves, damaliger englischer Nationalspieler, der das Spiel mit seinen Mannschaftskollegen vor dem Fernseher verfolgte, berichtete: „Wir haben niemals so etwas wie das gesehen. Real war wie von einem anderen Planeten. Wir haben alles mit offenen Mündern verfolgt.“

Und sogar Trainerlegende Sir Alex Ferguson schaute sich als 18-Jähriger das Spiel live vor Ort in seiner Heimatstadt an. Später gab er an, die Darbietung im Hampden Park habe ihn dermaßen fasziniert, dass er sich entschied, einer Profikarriere als Fußballer nachzugehen.

Dieses Spiel und der Triumph Reals Madrids markierten den Höhepunkt einer Ära, der wohl größten Fußballmannschaft aller Zeiten. Das ZEIT-Magazin schwärmte noch 1973: „Canario – Del Sol – Di Stéfano – Puskás – Gento. Nie wieder wird es einen solchen Sturm geben. Zehn Superfüße, 100 Hyperzehen. Um das in einer anderen Dimension zu verdeutlichen, muss man sich vorstellen, Bach, Mozart, Beethoven, Haydn und Händel hätten alle zusammen für den Fürstbischof von Salzburg komponiert. Zur gleichen Zeit, das gleiche Concerto, am gleichen Klavier. Mit Brahms auf der Reservebank.“ Nie wieder würde ein Team den Fußball derart dominieren wie die Weltauswahl von Real Madrids Präsidenten Santiago Bernabéu.

Das Finale von Glasgow ist aber auch deshalb so groß, weil der Gegner mitspielte. Die Eintracht war zwar spätestens zur Halbzeit hoffnungslos unterlegen, wessen sich die Deutschen auch vollkommen bewusst waren. So sagte Friedel Lutz 2010 dem Kicker: „Wir hätten sogar 3:0 führen können, und doch hätten wir verloren.“ Trotz dessen steckten die Hessen nie auf und boten den Zuschauern mehr als nur einen angeknockten Sparringpartner für die Startruppe aus Madrid.

All die Rekorde, Zahlen der Superlative und Aussagen der Zeitzeugen lassen nur ein Urteil über diese Begegnung zu: Das beste Spiel aller Zeiten.

Das Jahrhundertspiel im Detail

Real Madrid – Eintracht Frankfurt

18. Mai 1960 in Glasgow (Hampden Park)

Ergebnis: 7:3 (3:1)

Zuschauer: 135.000

Real Madrid: Rogelio Domínguez –  Marquitos, José Santamaría, Pachín – José María Zárraga (Kapitän), José María Vidal – Canario, Luis del Sol, Alfredo Di Stéfano, Ferenc Puskás, Francisco Gento Trainer: Miguel Muñoz

Eintracht Frankfurt: Egon Loy – Friedel Lutz, Hermann Höfer – Hans Weilbächer, Hans-Walter Eigenbrodt, Dieter Stinka – Richard Kress, Dieter Lindner, Erwin Stein, Alfred Pfaff (Kapitän), Erich Meier Trainer: Paul Oßwald

Tore:

  1. 0:1 Richard Kreß (18.)
  2. 1:1 Alfredo Di Stéfano (27.)
  3. 2:1 Alfredo Di Stéfano (30.)
  4. 3:1 Ferenc Puskás (45.)
  5. 4:1 Ferenc Puskás (56., Elfmeter)
  6. 5:1 Ferenc Puskás (60.)
  7. 6:1 Ferenc Puskás (71.)
  8. 6:2 Erwin Stein (72.)
  9. 7:2 Alfredo Di Stéfano (73.)
  10. 7:3 Erwin Stein (75.)

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