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Matti Peters·2. Juni 2024

Wie konnte das passieren? Bayern "verschenkt" Kroos quasi an Real

Artikelbild:Wie konnte das passieren? Bayern "verschenkt" Kroos quasi an Real

Das letzte große Konzert auf Klubebene von Toni Kroos endete, wie es sich für einen Weltklasse-Dirigenten gehört - mit stehenden Ovationen.

Beim Champions-League-Finale im Wembley führte einer der erfolgreichsten deutschen Fußballer aller Zeiten sein Sinfonieorchester ein letztes Mal bis hin zur Reprise.


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Nach einem Jahrzehnt mit unzähligen Erfolgen beim ruhmreichsten Verein der Welt klappt der begnadete Taktgeber von Real Madrid nun zumindest im Vereinsfußball seine Partitur endgültig zu. Eine Sinfonie, die vor zehn Jahren mit einem Paukenschlag begann, weil sein altes Orchester in ihm nur die zweite Geige statt den Dirigenten sah.

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Der Wechsel von Toni Kroos vom FC Bayern zu Real Madrid im Jahr 2014 wird vielerorts als größtes Schnäppchen bezeichnet und stößt auch zehn Jahre danach noch vielen Anhängern des deutschen Rekordmeisters sauer auf. Immerhin wurde Kroos fast an die Blancos "verschenkt".

Für Real-Präsident Florentino Pérez war es laut Kroos-Berater Volker Struth sogar der "Jahrhunderttransfer" der Königlichen und wenn selbst Uli Hoeneß sich viele Jahre später eingestand, dass es "vielleicht die falsche" Entscheidung war Kroos gehen zu lassen, dann ist auch 2024 noch die Frage relevant: Wie konnte das passieren?

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Über viele Jahre bewies die Führungsriege des FC Bayern um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge ein hervorragendes Gespür fürs Geschäft. Der Klub wäre ohne ihre Weitsicht nicht da, wo er heute ist. Doch dieser Geschäftsgedanke stand ihnen vermutlich bei Toni Kroos im Weg.

Für einen Spieler, der sich seit dem Sprung zu den Münchener Profis Jahr für Jahr steigerte und ein wichtiges Puzzleteil in Pep Guardiolas Gedankenspielen für Bayerns Mittelfeld war, wollte der Klub seine Gehaltsstruktur nicht aufbrechen, wie die 'SZ' damals in ihrer Meldung zum sich anbahnenden Kroos-Abschied bei den Bayern spekulierte.

Konkret ging es dabei um knapp vier Millionen Euro, wie dessen Berater Volker Struth in seiner Biographie "Meine Spielzüge" offenbarte. Er hätte dabei zwischen September 2013 und Januar 2014 in drei Verhandlungsgesprächen mit Karl-Heinz Rummenigge klar gemacht, dass sie von ihrer Forderung von zehn Millionen Euro Jahresgehalt nicht abrücken werden.

Rummenigge war hingegen der Auffassung, dass die angebotenen sechs Millionen ein "faires Gehalt für Tonis Stellenwert" seien. In der letzten Verhandlunsgrunde legten die Bayern dann "als Geste ihrer Wertschätzung" noch satte 500.000 Euro oben drauf. Es blieb bei der Uneinigkeit und das rote Band, welches beide Parteien zusammen hielt, war zerschnitten.

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Die Münchner Klubbosse reagierten auf ihre ganz eigene Art. Hoeneß schnappte sich Kroos nach einer Bundesliga-Partie im Februar 2014 noch im Kabinengang und polterte mit hochrotem Kopf und ohne Einleitung: "Fang mal deinen Berater ein! Das, was er fordert, ist eine absolute Frechheit. Du kriegst hier nie zehn Millionen!", schilderte Struth in seinem Buch. Kroos bestätigte diesen Vorfall in seinem Podcast 'Einfach mal Luppen' und lieferte auch seine persönliche Reaktion in dem Moment: "Es ist Ihre Meinung. Aber um es klarzustellen. Es sind nicht seine Forderungen, sondern unsere. Entweder man einigt sich oder eben nicht", so der damals 23-Jährige.

Dem Vorwurf der Geldgier seines Schützlings wollte Struth im gleichen Gespräch ebenfalls abriegeln: "Selbst wenn Toni unterschrieben hätte, wäre er nicht unter den Top 5 oder 6 gewesen. Es kam mir in der Öffentlichkeit immer so vor, als wenn wir es überreizt hätten - aber dem war nicht so. Es war damals ein marktgerechtes und leistungsgerechtes Thema."

Kroos-Kumpel und ehemaliger Teamkollege bei Bayer Leverkusen, Stefan Reinartz, gab zudem gegenüber dem 'Bleacher Report' zu verstehen, dass es Kroos sowieso nicht einzig und allein um das Geld ging: "Er brauchte das Vertrauen. Er wusste, dass er ein Weltklasse-Spieler war, aber Karl-Heinz Rummenigge sagte zu Toni: 'Wir zahlen Dir nicht mehr als zehn Millionen Euro, denn Du bist kein Weltklasse-Spieler. Das war der entscheidende Punkt'", erklärte Reinartz die Geschichte aus seiner Sicht.

"Guardiola hat alles probiert. Er ist schier verrückt geworden, als die Bayern Kroos' Vertrag nicht verlängerten. Aber es war wegen des Machtworts von Rummenigge nicht möglich. Es war ein No-Go", führte er weiter aus.

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In einer Zeit, in der sich der FC Bayern in Person von Uli Hoeneß auf einer Jahreshauptversammlung öffentlich damit brüstete ein "Käuferverein und kein Verkäufer-Verein" zu sein, mussten die Münchner Kroos also nach schwierigen Verhandlungen für kolportierte 25 Millionen Euro Ablöse ziehen lassen, um nach dem Anbrechen des letzten Vertragsjahres nicht gänzlich leer auszugehen.

Jahre später gab sich selbst Bayerns Patron Uli Hoeneß in Bezug auf den Härtefall Kroos selbstkritisch: "Ein Verein muss manchmal harte Entscheidungen treffen - und das war eine harte, vielleicht die falsche", sagte er im Dokumentationsfilm "Kroos", der 2019 veröffentlicht wurde.

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Ein Eingeständnis, dem Hoeneß weitere fünf Jahre später eventuell sogar das "Vielleicht" entziehen würde. Denn es war eine unternehmerische Entscheidung, die sehr wahrscheinlich auch Einfluss auf die sportliche Entwicklung hatte, wenn man Kroos' Werdegang nach dem Wechsel betrachtet. Während Bayern mit Startrainer Pep Guardiola in den Folgejahren immer ein Stück an den ganz große Zielen vorbeischrammte, sammelte Kroos fleißig Henkelpötte mit den Königlichen.

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Und auch wenn das bayerische Staatsorchester um Hoeneß und Rummenigge nach dem Kroos-Debakel viele weitere hochgradig besetzte und erfolgreiche Bayern-Kader formte, blieb diese eine ganz spezielle Sinfonie in München aus. Die Reprise wird wohl auf ewig lauten: "Ach, hätten wir doch mal…". In Madrid hingegen hat man der zweiten Geige das Vertrauen gegeben zum großen Taktgeber und Dirigenten aufzusteigen.