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·31. Juli 2024

Hertha BSC, die Hoffnung auf den Aufstieg & die dringend benötigten Veränderungen

Artikelbild:Hertha BSC, die Hoffnung auf den Aufstieg & die dringend benötigten Veränderungen

Der Sommer 2024 war für Hertha BSC ein Sommer der Veränderung. Ein neuer Trainer steht an der Seitenlinie, fußballerische Anpassungen waren die Folge. Und nicht nur das, auch im Kader hat sich einiges getan.

Nach einer Saison mit Höhen und Tiefen, in der es einige zähe Phasen und am Ende einen neunten Platz gab, soll wieder angegriffen werden. Dem eigenen Selbstverständnis nachjagend ist ein Angriff gleichbedeutend mit der Zielsetzung Aufstieg. Die Frage ist aber: Wie realistisch ist das?


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Hertha BSC: Alles neu macht der Sommer

Schauen wir uns zunächst einmal an, was sich bis dato konkret getan hat. Die On-Off-“Beziehung” mit Trainer Pal Dardai wurde mal wieder beendet, diesmal dürfte das aber von Dauer sein. Sein Nachfolger ist Cristian Fiel, der zuvor beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag stand. Dort überzeugte er mit seinem Team nicht restlos, behauptete sich aber in einem nicht immer leichten Umfeld und förderte junge Spieler, was ein großer Teil der Aufgaben ist, mit denen er auch in Berlin konfrontiert wird.

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Anpassungen wurden auch im Kader vorgenommen. Kein Wunder, fehlte es diesem doch an der nötigen Homogenität in der Vorsaison. Suat Serdar, der nach einer Hellas-Leihe auf permanenter Basis abgegeben wurde, brachte wichtige Einnahmen. Die Leihe von Aymen Barkok endete, er machte ebenso Platz im Kader wie die Legende Peter Pekarik. Sein Vertrag wurde nicht verlängert.

Der Abgang von Bence Dardai nach Wolfsburg ist aufgrund dessen Anlagen bitter, aber die Alte Dame hat sich insbesondere im Mittelfeld schon ordentlich verstärkt: Michael Cuisance kam aus Venedig, Kevin Sessa aus Heidenheim und Diego Demme aus Neapel. Schließlich wurde noch Luca Schuler, ein Stürmer aus Magdeburg, nach Berlin gelotst.

Cristian Fiel: Der Anti-Dardai stellt alles auf den Kopf

Nun, da die Vorbereitung zu einem großen Teil vorüber ist, lohnt sich der Blick auf die Anpassungen von Trainer Cristian Fiel. Dabei wird schnell klar: Die Alte Dame der neuen Saison wird mit dem Team der letzten Spielzeit nicht mehr viel zu tun haben. Personell auf einigen Positionen schon, fußballerisch aber nicht. Ließ Dardai noch sehr bieder und reaktiv spielen, will der neue Coach eine komplett neue Spielidee entwickeln und sozusagen eine Revolution ausrufen. Und zwar eine, die zum vorhandenen Personal im Kader passt.

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(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)

Wir haben vor dem Saisonstart mit Marc Schwitzky (Hertha BASE & rbb) unter anderem über die Eindrücke aus der Vorbereitung gesprochen. Das Fazit fiel dabei positiv aus: “Man hat schon schnell erkannt, wohin die Reise unter Fiel gehen soll. Die Grundausrichtung ist das 4-3-3, die sich durch die gesamte Vorbereitung gezogen hat. Der Fußball ist ein wenig inspiriert von Guardiola und Bielsa, es gibt aber auch Elemente, die de Zerbi geprägt hat, also es geht viel um Spielkontrolle. Es ist quasi die komplette Abkehr von dem, was Dardai hat spielen lassen.“

Besser spät als nie, aber der “moderne Fußball” scheint endlich bei Hertha angekommen zu sein. In der Vorbereitung sah man Außenverteidiger nicht versehentlich, sondern als Teil des Plans einrücken. Ein 3-2-Aufbau, eine hohe, flexible Offensivlinie und riskantes, aber auch intensives Gegenpressing gehören mittlerweile zum Grundrepertoire der Mannschaft. Das wird zwar noch nicht in Perfektion ausgeführt, aber es sind auch erst einige Trainingswochen vergangen.

Was Fiel will, liegt jedenfalls auf der Hand. Nämlich die maximale Kontrolle und gleichzeitig die größtmögliche Flexibilität auf dem Feld. Und das alles so intensiv wie möglich, was natürlich das Risiko der Konteranfälligkeit birgt. Schnelle Verteidiger sind da Pflicht, diese hat die Alte Dame aber im Kader. Und einen der besten Stürmer er Liga, namentlich Haris Tabakovic, der ein Vollstrecker ist, den man im Strafraum nicht aus den Augen lassen darf. Dass er von einem offensiveren, dominanteren System wird profitieren können, versteht sich von selbst.

Hertha BSC hat das Problem erkannt und behoben

Im Sommer haben sich die Verantwortlichen bei Hertha BSC viele Gedanken gemacht, was den Kader angeht. Das Mittelfeldzentrum, in der letzten Saison sowohl in der Spitze als auch in der Breite nicht gut genug besetzt und oft ausgetauscht, wurde als Schwachstelle identifiziert.

Dass ein stabiles, homogenes Zentrum die Basis bildet und dem gesamten Team als Anker dienen kann, ist kein Geheimnis. Die Profile der drei Neuzugänge Cuisance, Sessa und Demme passen zusammen, zudem wurde – rein die Ablöse betrachtet – nicht viel Geld ausgegeben. Beim Gehalt sieht das natürlich angesichts der hohen Qualität anders aus. Hertha geht hier ein gewisses Risiko, muss das aber auch tun, weil dieser Verein sich die 2. Bundesliga im Grunde nicht lange leisten kann.

Insbesondere Demme hat in der Vorbereitung die leisen Zweifel, die ob seiner langen Zeit auf der Bank und der Tribüne in Neapel aufkamen, zerschlagen. Seine Auftritte entsprachen noch nicht seinem absoluten Topniveau von früher, aber bilden eine sehr solide Basis. Diese zieht sich durch den gesamten Kader, weitere Anpassungen sind zudem nicht ausgeschlossen, aber von Abgängen abhängig.

Gereifter Cuisance als Schlüsselfigur

Ein Spieler, der in der neuen Saison ganz besonders im Fokus steht, ist Michael Cuisance. Klar, Talente wie Tjark Ernst (21), Linus Gechter (20), Pascal Klemens (19) oder Ibrahim Maza (18) werden auf ihre Einsatzzeiten kommen und allesamt versuchen, den nächsten Schritt zu gehen. Aber Cuisance ist ein ganz spezieller Fall, denn er müsste, schaut man auf den Anfang seiner Karriere, schon einige Schritte weiter sein.

Zur Erinnerung: Aus der Nancy-Jugend wechselte er 2017 nach Mönchengladbach, zwei Jahre später zum FC Bayern. Von dort aus ging es auf Leihbasis nach Marseille, doch der große Durchbruch sollte nie folgen. Über den Umweg Venezia mitsamt Leihen zu Sampdoria und Osnabrück fand er den Weg zu Hertha BSC und wirkt plötzlich komplett verändert. Galt er früher mitunter noch als aufmüpfig, unreif und wenig kritikfähig, scheint er nun in Sachen Professionalität deutlich aufgeholt zu haben.

Artikelbild:Hertha BSC, die Hoffnung auf den Aufstieg & die dringend benötigten Veränderungen

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Das bestätigt auch Hertha-Experte Schwitzky: “Für mich ist Cuisance der Gewinner der Vorbereitung. Er wirkt viel reifer als früher, bewegt sich viel in den Spielen, läuft, zeigt Einsatz. Zudem hat er einen eigenen Koch, einen eigenen Personaltrainer, überlässt scheinbar nichts dem Zufall und will sein Potenzial ausschöpfen.” Gelingt ihm das tatsächlich und das auch noch konstant, könnte er zu einem der Toptransfers der gesamten Liga avancieren.

Hertha ein Aufstiegskandidat? Definitiv!

Die Alte Dame hat also deutlich bessere Voraussetzungen als vor der Saison 2023/24. Der Trainer lässt moderner spielen, der Kader ist ausgewogener und die Vorbereitungseindrücke sind durchweg positiv. Allerdings gilt es die offenen Fragen zu beantworten. Kann Fiel mit einem besseren Kader seine Ideen auch besser umsetzen? Wie verkraftet Hertha den Ausfall von Schlüsselspieler Fabian Reese, der einige Wochen ausfallen wird? Und wie schnell lernt die Mannschaft, eine gewisse Stressresistenz aufzubauen, wenn es mal nicht so gut läuft?

Die Antwort auf diese Fragen wird maßgeblichen Einfluss darauf haben, wo Hertha BSC am Ende der Saison landet. Die Konkurrenz schläft nicht, ist teilweise auch gut besetzt. Ein Aufstiegskandidat ist das Fiel-Team auf alle Fälle, findet auch Schwitzky: „Ich halte den Aufstieg für realistisch. Das heißt aber nicht, dass Stand jetzt schon alles top ist und man die Liga kaputt schießen wird. Ich mag den Ansatz von Fiel jedenfalls sehr, weil er vieles ausstrahlt, was ich bei Dardai vermisst hatte.“

Apropos vermissen: Die Fans der Alten Dame vermissen die Bundesliga. Nach den letzten Entwicklungen ist es wahrscheinlicher geworden, dass dieser Zustand in absehbarer Zeit endet. Wenn alles passt, dann schon zum Saisonende.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

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