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·12. April 2025
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Der wieselflinke Dribbler, die Pferdelunge auf der Außenbahn oder der bissige Terrier im Mittelfeld: Über viele Jahrzehnte der Fußballberichterstattung hat sich das Tierreich in unserem Lieblingssport festgefloskelt. In den meisten Fällen dürfen animalische Assoziationen dabei von den betroffenen Akteuren als Lob verstanden werden. Doch sobald es um tierisches Essverhalten geht, sind solche Vergleiche in der Regel nicht mehr ganz so schmeichelhaft. Stichwort: Nagetierernährung.
Denn dann ernährt sich das Eichhörnchen im Abstiegskampf nur mühsam. Ebenfalls ein Hinweis darauf, dass irgendetwas falsch läuft, ist aber offenbar auch das Rekurrieren auf die Leibspeise des Kaninchens: “Für jedes Törchen ein Möhrchen”.
So erfasste die ‘Bild’ in der letzten Woche nämlich die Vertragssituation, auf die Werder-Stürmer Oliver Burke gerade wohl zusteuert. Die Karottenanalogie will sagen: Burke wird einen sehr, sehr leistungsbezogenen Vertrag bekommen. Mit einem auf nur eine oder höchstens zwei Spielzeiten angelegten und stark prämienabhängigen Arbeitspapier soll er “hungrig gehalten werden.” Ganz sicher scheint man sich bei dem in den letzten Wochen vom notorischen Joker zum Stammspieler avancierten Schotten also nicht zu sein.
Auf den ersten Blick ist das nur verständlich. Mehr noch: Der “Karottenvertrag”, den Burke dem Bericht zufolge auch “schlucken” werde, ist für Werders bärtiges Kaninchen gewissermaßen fast ein Festmahl, weil es sehr lang danach aussah, als sei ab dem 1. Juli - zumindest vertraglich gesehen - das Hungertuch angesagt.
📸 Cameron Howard - 2023 Getty Images
Nach einer mehr als erfolglosen Leihe zu Birmingham City kehrte Burke im vergangenen Sommer mit null Toren aus 21 Spielen im Gepäck zurück nach Bremen, wo eigentlich jedem klar war, dass die Spielzeit 2024/25 auch die letzte bei Werder sein sollte. Die ersten Monate nach der Rückkehr lieferten dazu keinen allzu großen Widerspruch.
Über die gesamte erste Saisonhälfte stand der 28-Jährige nicht ein einziges Mal in der Startelf (in den ersten fünf Partien nicht einmal im Kader) und wurde stets nur kurz vor Schluss für wenige Minuten eingewechselt. Wer genauer auf die Einsatzzeiten schaut, kann allerdings schon für diesen Abschnitt eine Entwicklung ausmachen. Während Burke nach seinen ersten vier Einwechslungen nie länger als zehn Minuten auf dem Platz stehen durfte, weitete Trainer Ole Werner die Kurzeinsätze des Stürmers in den folgenden Wochen immer weiter aus. Tore sprangen dabei zwischen Oktober und Februar nur magere zwei heraus, trotzdem vertraute Werner ihm am 1. März zum ersten Mal in der Startelf, wo seinen Platz seitdem fast schon sicher zu haben scheint.
Zwar hat Ollie Burke nun am letzten Wochenende gegen Eintracht Frankfurt endlich seinen ersten Startelftreffer erzielt, bei jetzt insgesamt drei Toren in 20 Spielen kann es aber dennoch kaum allein der Torriecher des vor Jahren in Leipzig gescheiterten Stürmers sein, der Ole Werner dazu bewegt, ihn immer wieder aufzustellen. Was also macht den gar nicht mal so torgefährlichen Stürmer für Werder gerade so wichtig?
📸 FABIAN BIMMER - AFP or licensors
Einen Hinweis auf Burkes entscheidende Qualität gab zuletzt Felix Agu, als er behauptete, mit der 1,88-Kante den womöglich schnellsten Spieler der Bundesliga als Teamkollegen zu haben: “Der Typ läuft 36 km/h. Dazu hatte er im letzten Spiel in 60 Minuten, glaube ich, 35 Sprints. Ich weiß nicht, wo es so etwas in der Bundesliga nochmal gibt”, so der Rechtsverteidiger auf einer Pressekonferenz.
Warum diese Geschwindigkeit für Werders Offensivspiel so wichtig sein kann, erklärte wiederum Niklas Stark schon im März während einer Medienrunde, als er auf das Sturmduo Silva/Burke angesprochen wurde. „Die Kombination aus beiden ist heikel zu verteidigen, da der eine sehr ballsicher ist und der andere – wenn man als Verteidiger nicht aufmerksam genug ist – durch seine Sprintstärke schnell entwischen kann“, so der Abwehrroutinier. „Dadurch entsteht die Schwierigkeit, ob man eher nach vorne verteidigt oder doch lieber die Tiefe sichert. Das stellt viele Abwehrketten vor Probleme.“
Nun hat André Silva seitdem zwar nicht so richtig überzeugen können, das, was Stark sagt, passt aber fast noch besser auf den mittlerweile wieder richtig fitten Marvin Ducksch. Der ist ebenso ballsicher und verstärkt den von Stark angesprochenen Effekt noch zusätzlich, indem er sich oft ins Mittelfeld fallen lässt. Wenn Burke gleichzeitig einen Sprint hinter die Abwehr androht, kann die Geschlossenheit einer Abwehrkette schnell auf harte Proben gestellt werden.
Weil Werder dieses Element, abgesehen von Justin Njinmah vielleicht, in der Offensivabteilung ziemlich fehlt, macht es durchaus Sinn, dass eine Verlängerung von Burke mittlerweile als wahrscheinlich gilt. Weil es aber eben gerade nicht nur Tore sind, die Werder von ihm braucht, wäre ein Törchen-Möhrchen-Vertrag sicherlich nicht ganz fair. Ein Haken schlagender Hase ist Ollie Burke als Spielertyp ohnehin nicht. Glaubt man Felix Agu, müsste man ihn eher bei sehr schnell rennenden Raubtieren einsortieren. Und vielleicht sollte man ihm deshalb auch eher einen Vertrag mit Sprint- als Torprämien geben. Möhren mögen Geparden ja sowieso nicht.
📸 FABIAN BIMMER - AFP or licensors