FC Schalke 04 vs. FC St. Pauli 3:1 – Prädikat „ungenügend“ | OneFootball

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·1. März 2024

FC Schalke 04 vs. FC St. Pauli 3:1 – Prädikat „ungenügend“

Artikelbild:FC Schalke 04 vs. FC St. Pauli 3:1 – Prädikat „ungenügend“

Hochverdient verliert der FC St. Pauli gegen Schalke 04. Das Team fand keine Lösungen gegen mannorientierte, aber keineswegs überragende Schalker.(Titelbild: Peter Boehmer)

Das war zweifelsohne der bisherige Tiefpunkt einer ansonsten überragenden Saison des FC St. Pauli. Im Spiel gegen Schalke fehlte es mehr oder weniger an allem, was das Team bisher so stark machte. Unter diesen Voraussetzungen war der FCSP ein dankbarer Aufbaugegner für angeknockte Schalker und muss nun schnellstmöglich wieder zu alten Stärken zurückfinden.


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Die Aufstellung

Keine Veränderungen gab es in der Startelf des FC St. Pauli. Im Kader fehlten aber David Nemeth (muskuläre Probleme) und Simon Zoller. Auch Maurides, Erik Ahlstrand und Etienne Amenyido waren nicht mit dabei. Das Team startete also erneut mit Marcel Hartel als falsche Neun, sowie der Doppelacht bestehend aus Aljoscha Kemlein und Jackson Irvine.

Auf der Gegenseite wurde hingegen deutlich rotiert. Mit Simon Terodde, Brandon Soppy, Yusuv Kabadayi, Derry Murkin und Bryan Lasme standen gleich fünf neue Spieler in der Startformation. Etwas überraschend dabei: Ron Schallenberg, eigentlich ein gelernter Sechser, spielte in der Innenverteidigung. Das war aber Teil eines klaren Matchplans von Schalke-Trainer Karel Geraerts.

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Aufstellung beim Spiel FC Schalke 04 gegen FC St. Pauli

S04: Müller – Soppy, Kalas, Schallenberg, Murkin – Kabadayi, Seguin, Ouwejan – Karaman – Lasme, Terodde

FCSP: Vasilj – Wahl, Smith (Dzwigala), Mets – Saliakas, Kemlein, Irvine, Treu – Metcalfe, Hartel, Afolayan

Spiel ohne Lösungen

Die Spielweise der Schalker war denkbar einfach: Defensiv eng bei den Gegenspielern, offensiv lange Bälle. In der Umsetzung war das natürlich alles etwas komplexer, aber so lässt es sich durchaus runterbrechen. Das ärgerliche an dieser Spielweise: Der FC St. Pauli hatte mit der Schalker Mannorientierung nicht gerechnet, wie Fabian Hürzeler später erklärte, und hatte darauf keine Antworten. Auch weil sie die wichtigste Eigenschaft gegen so agierende Teams vermissen ließen.

Gegen den Ball agierte Schalke 04 extrem mannorientiert über den gesamten Platz. Das dürfte auch eine Erklärung sein, warum Schallenberg in der Innenverteidigung stand. Denn wieso sollte man auch den 1,92 m großen Marcin Kaminski, Timo Baumgartl (1,92 m) oder Ibrahima Cisse (1,96 m) da hinstellen, wenn der Gegenspieler Marcel Hartel heißt? Mit dem eher kleinen, aber dafür agileren Duo Schallenberg (1,85 m) und Kalas (1,84 m), konnte man die Kreise von Hartel und später Eggestein viel besser stören.

Einzig Nikola Vasilj wurde von den Schalke-Spielern in Ruhe gelassen. Auch dieser Plan ging auf, wie das Spiel zeigte. Denn Vasilj konnte mit dieser Freiheit so gar nichts anfangen. Die Folge: Er spielte allein in der ersten Halbzeit ungewohnt viele, nämlich genau 14 lange Bälle. Nur magere zwei davon kamen beim Mitspieler an. Ein ganz schwacher Wert. Die Leistung des FCSP aber nur an diesen Ungenauigkeiten von Vasilj festzumachen, ist viel zu einfach. Denn es gibt ja Lösungen gegen eine solch mannorientierte Spielweise des Gegners. Auch solche, die der FC St. Pauli in dieser Saison bereits zeigte. Zu sehen war davon an diesem Freitagabend aber nichts.

Smith womöglich schwer verletzt

Ehe der erste Abschnitt richtig begonnen hatte, war das Spiel für Eric Smith leider schon wieder beendet. Der Dreh- und Angelpunkt des FCSP-Aufbauspiels verletzte sich an den Adduktoren, als er im Rasen hängenblieb. Fabian Hürzeler erklärte nach Abpfiff, dass es leider im ersten Augenblick nicht wirklich gut aussieht. Eine längere Ausfallzeit steht zu befürchten. Ob man aber mit Smith auf dem Platz so viel besser klargekommen wäre, sei mal dahingestellt. Denn Lösungen gegen die defensive Spielweise der Schalker, hatte der FCSP zumindest in der ersten Halbzeit nicht parat.

Eine Lösung wäre ein radikaleres Positionsspiel gewesen. Die Gegenspieler vor Entscheidungen zu stellen, ob die Mannorientierung noch Sinn ergibt. Das kann man erreichen, indem man sie auf andere Positionen zwingt, sie aus ihren Räumen herauszieht. Den Innenverteidiger zum Beispiel in den Achterraum ziehen oder auf die Außenbahn. Davon sah man in der zweiten Halbzeit zumindest ein wenig was. Aber ohne die zweite notwendige Lösung gegen eine mannorientierte Spielweise, brachte das nur wenig.

Artikelbild:FC Schalke 04 vs. FC St. Pauli 3:1 – Prädikat „ungenügend“

Die Wahrscheinlichkeit, dass Dapo Afolayan diesen Zweikampf gegen Ron Schallenberg verloren hat, ist leider relativ hoch.

(c) Peter Boehmer

Brutale Zweikampfschwäche

Denn wenn der Gegner mannorientiert agiert, dann muss man selbst die direkten Duelle gewinnen. Das ist elementar und ohne gewonnene direkte Duelle bringt der gesamte Rest nichts. Stichwort Offensivzweikämpfe. Das war ja durchaus ein Thema vor dem Spiel. Gegen Schalke konnte der FC St. Pauli leider erneut viel zu wenige davon gewinnen. Laut Fotmob gewannen die Offensivspieler des FCSP insgesamt nur sechs von 27 Duellen. Erschütternde Zahlen. Die Lösungen gegen die Schalker Spielweise blieben somit nur theoretischer Natur.

So entwickelte sich in den ersten 45 Minuten ein sehr ereignisarmes Spiel. Der FCSP kam eigentlich nur ein einziges Mal zu einem nennenswerten Abschluss – durch Connor Metcalfe in der zehnten Minute. Ansonsten fand das Team offensiv nicht statt. Schalke agierte in diesen Minuten noch sehr vorsichtig. Der große Respekt vor dem Spitzenreiter war ihnen anzumerken. Aber im Verlauf dieser Halbzeit drehte sich der Wind. Es wirkte so, als wenn sich der FC St. Pauli fast selbst einschläferte. Mit jeder Minute wurden die Ansätze planloser und dadurch für Schalke durchschaubarer. Es war wirklich alles andere als schön anzuschauen.

Offensiv schwach, defensiv anfällig

Und wenn Du als Team schon keine Lösungen in der Offensive findest, dann wäre es gut, wenn Du zumindest defensiv sicher stündest. Gegen ein Team, welches in den bisherigen sechs Rückrundenspielen insgesamt drei Tore erzielte, wäre das auch eine durchaus machbare Aufgabe gewesen. Wie dann aber kollektiv gepennt wurde vor dem 0:1, ist durchaus alarmierend. Der FCSP ließ in Person von Karol Mets völlig ohne Not eine schwache Flanke zwischen sich und dem eigenen Tor passieren, womit wohl auch Philipp Treu nicht rechnete, der dann nicht bei Kabadayi stand. Ein absolut vermeidbares Gegentor, welches in der Folge das ganze Unterfangen natürlich nicht einfacher machte.

Zur zweiten Halbzeit stellte der FC St. Pauli etwas um. Mit der Einwechslung von Johannes Eggestein wurden nun zwei klare offensive Anspielstationen in den Halbräumen geschaffen (Eggestein und Hartel). Anstatt der langen Bälle von Vasilj und den Versuchen, das übliche Dreieck über die Außenbahn im Aufbau zu bilden, um das Offensivzentrum zu erreichen, spielten die Innenverteidiger die Bälle nun direkt vertikal nach vorne. Und in diesen Momenten zeigten sich auch die Schwächen der Schalker Spielweise, die, zumindest theoretisch, hätten ausgenutzt werden können.

Bessere Ansätze, aber Kernproblem blieb

Denn Eggestein und Hartel positionierten sich beide in den offensiven Halbräumen. Oft hießen ihre Gegenspieler Schallenberg und Kalas, also die beiden Schalker Innenverteidiger. Diese mussten also ihre Position in der letzten Linie verlassen, um bei ihren Gegenspielern zu bleiben. Dadurch öffneten sie unweigerlich Räume in ihrem Rücken. Diese Räume hätte der FC St. Pauli durch das Attackieren der Tiefe durch die offensiven Außenbahnspieler erreichen können. Aber Dapo Afolayan und Connor Metcalfe konnten in diesen vielversprechenden Situationen nicht angespielt werden. Warum? Weil es dem FCSP nicht gelang, nach den Pässen auf Eggestein und Hartel länger im Ballbesitz zu bleiben. Denn entweder verloren die beiden ihre direkten Duelle und damit den Ball oder ihre Pässe auf die aufrückenden Sechser (Wahl und Irvine) kamen nicht an. Zudem fehlte es den Aktionen schlicht und einfach an Tempo, sowohl im Kopf, als auch in den Beinen.

Das Tempo fehlte aber nicht nur vorne. Die eigentlich weiterhin ziemlich ungefährlichen Schalker kamen durch einen langen Ball zum 2:0. Weil Hauke Wahl keine seiner Optionen (ins Kopfballduell gehen oder die Tiefe sichern) zu 100 Prozent ausführte, sondern beide so halb. So kam Schalke denkbar einfach, mit einem langen Ball und einer Kopfballverlängerung, zum zweiten Treffer. Hätte der Treffer zählen dürfen? Immerhin bekam ihn Simon Terodde sehr deutlich bei der Ballanahme an die Hand. Mit der aufgesetzten FCSP-Brille natürlich nicht. Das größere Problem ist aber, dass Terodde überhaupt da an den Ball kommt, egal mit welchem Körperteil.

Artikelbild:FC Schalke 04 vs. FC St. Pauli 3:1 – Prädikat „ungenügend“

Aufbauvarianten des FC St. Pauli im Spiel gegen den FC Schalke 04

Links: Lange Bälle von Nikola Vasilj prägten die ersten 45 Minuten des FCSP. Der Erfolg war dabei sehr überschaubar, auch weil die Schalker mit den Pässen von Vasilj und Treu auf Hartel rechneten.

Rechts: Anpassung auf zwei offensive Anspielstationen. Im zweiten Abschnitt spielten die Innenverteidiger des FC St. Pauli oft vertikal auf Eggestein oder Hartel, die ihre Gegenspieler aus der Innenverteidigung herauszogen und so tiefe Optionen für die offensiven Außen besorgten. Ein guter Ansatz, der aufgrund der eigenen Zweikampfschwäche aber nicht zum Efolg führte.

Ist die Führung zementiert, spielt es sich recht ungeniert

Die Schalker nutzten die eigene Führung nach der Halbzeit natürlich auch genau so, wie Du es machen musst, wenn Du gegen den Spitzenreiter spielst. Ständig lag irgendwer herum, Unterbrechungen prägten die Partie. Den Auftrag „Bloß keinen Spielrythmus aufkommen lassen“ erfüllte das Team in Königsblau mit Bravour. Umso ärgerlicher ist der Rückstand in dieser Partie gewesen. Entsprechend äußerte sich auch Fabian Hürzeler nach Abpfiff: „Wir haben das Spiel in der ersten Halbzeit verloren.“

Irgendwie kam dann doch noch der Anschlusstreffer zustande. Elias Saad, der aufgrund seiner Stärken im direkten Duell und seines Tempos dem Spiel des FCSP sicher auch bereits früher als erst nach 62 Minuten gut getan hätte, brachte den Ball unter gütiger Mithilfe des Gegners im Schalker Tor unter. Doch ehe man sich auf eine Schlussoffensive vorbereiten konnte, ehe die Beine bei den Schalkern anfingen zu zittern, sah man eine Kopie des zweiten Treffers: Wieder führte ein langer Ball zu genügend Unordnung beim FC St. Pauli, sodass Kenan Karaman den 3:1-Endstand besorgte.

Eingehende Analyse notwendig

Ein Matchplan kann nicht immer aufgehen. Dieses Mal ist er sogar mächtig in die Hose gegangen. Die offensiven Ansätze des FC St. Pauli in der ersten Halbzeit waren einfach ungenügend. Sowohl taktisch, vor allem aber im Bereich der direkten Duelle. Eine solche Leistung reicht einfach nicht, um in der 2. Bundesliga etwas Zählbares mitzunehmen. Und wenn man offensiv schon nichts zustande bekommt, dann hätte man die schwache Schalker Offensive zumindest unter Kontrolle halten können. Stattdessen schießt Schalke gegen die bis dahin beste Defensive der Liga genauso viele Treffer, wie in den sechs Spielen zuvor zusammen. Gegentreffer, bei denen sich jeweils die halbe Mannschaft des FCSP zu einer Fehlerkette aufreihte.

So ist diese Niederlage des FC St. Pauli beim FC Schalke 04 hochverdient. Und irgendwie hatte sich das bereits in den letzten Spielen angekündigt, dass so ein Spiel bevorsteht. Die von Fabian Hürzeler vor der Partie deutlich geäußerte Mahnung, dass man selbst wieder griffiger in den physischen Komponenten eines Fußballspiels werden müsse, ist bei den Spielern nicht angekommen. Anders lässt sich diese schwache Leistung nicht erklären.

Klar, es sind „nur“ verlorene drei Punkte. Diese Niederlage bringt das Konstrukt nicht zum Einsturz. Aber aufgrund der Art und Weise der Niederlage ist eine gründliche Aufarbeitung zwingend notwendig. Des Spiels und der letzten Wochen. Denn neben der mangelhaften Zweikampfführung waren es auch spieltaktische Defizite, die zu der Niederlage führten. Schalke 04 jedenfalls hat die richtigen Lehren aus den letzten Spielen des FC St. Pauli gezogen und alle Komponenten, die vorherige Gegner des FCSP einzeln gut machten, zu einem passenden Gebilde zusammengesetzt. Und haben so für ein Spiel gesorgt, welches hoffentlich eine Warnung zur richtigen Zeit für den FC St. Pauli sein wird.Immer weiter vor!// Tim

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