
Miasanrot
·10. Juli 2025
FC Bayern: Max Eberl mit dem Kendall-Roy-Problem?

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·10. Juli 2025
Er kam als Hoffnungsträger und wirkt nun wie ein Getriebener im System Bayern. Max Eberl muss liefern, bevor andere entscheiden, dass er es nicht kann.
Max Eberl kam als einer der renommiertesten Manager der Bundesliga nach München. Unter seiner Führung hatte sich Borussia Mönchengladbach von einem Abstiegskandidaten, der auch tatsächlich einmal den Gang in die Zweite Liga antreten musste, zu einem regelmäßigen Europapokal-Teilnehmer entwickelt. Auch wenn sein Intermezzo in Leipzig atmosphärisch nicht ganz reibungslos verlief, war der einzige Transfersommer, den er dort verbrachte, mit den Verpflichtungen von Openda, Lukeba, Simons, Šeško und Bitshiabu sportlich ein klarer Erfolg.
In der Bayern-Fangemeinde gab es zwar vereinzelt Zweifel. Sowohl an Eberls tatsächlichem Anteil an Gladbachs Aufschwung als auch an seinem Führungsstil und öffentlichen Auftreten. Doch insgesamt schien es, als hätte Uli Hoeneß endlich den ersehnten starken Sportchef mit Stallgeruch gefunden.
Beim FC Bayern sorgt Eberl tatsächlich für einen souveräneren und strukturierteren Auftritt nach außen, deutlich klarer und eloquenter als das vorherige Führungsduo Kahn und Salihamidžić. Und doch wirkt auch er in Interviews und zentralen Entscheidungen – etwa zur Trainerfrage, in der Transferpolitik oder in der internen Kommunikation – mitunter unentschlossen und widersprüchlich. Es scheint, als sei ihm selbst nicht ganz klar, wie viel Macht er wirklich hat.
Ein Dilemma, das auch Kendall Roy aus der HBO-Serie Succession nur zu gut kennt: Der Sohn, der als Nachfolger an einem übermächtigen Patriarchen scheitert, der nicht loslassen will. Droht Max Eberl ein ähnliches Schicksal?
In Succession versichert das Familienoberhaupt Logan Roy seinem Sohn einmal: „You are my number one boy.“ Und doch: Obwohl Kendall mit einem Harvard-MBA und jahrelanger Erfahrung im Konzernapparat bestens vorbereitet scheint, wird ihm die Führung nie wirklich überlassen. Immer wieder zieht Logan im entscheidenden Moment die Reißleine – aus Misstrauen, Machthunger oder beidem.
Ähnlich ergeht es Max Eberl beim FC Bayern. Zwar bringt er nicht die persönlichen Abgründe und Unsicherheiten eines Kendall Roy mit, doch aus rein geschäftlicher Sicht lässt sich eine Parallele kaum leugnen. Eberl verfügt über alles, was eine starke Führungsfigur ausmacht: fachliche Kompetenz, Branchenverständnis, kommunikative Souveränität. Und doch agiert er unter der stetigen Präsenz von Uli Hoeneß – einem Mann, der offiziell keine Rolle mehr spielt, de facto aber weiterhin ständig mitentscheidet.
Ob bei der Trainerfrage, in der Transferstrategie oder bei der Neuausrichtung des sportlichen Bereichs: Vieles wirkt wie das Produkt eines Machtkompromisses, nicht einer klaren Linie. Entscheidungen erscheinen halbgar, verzögert oder zu stark moderiert – als wäre nie ganz klar, wer am Ende wirklich entscheidet.
Für Eberl ist die Lage womöglich sogar diffiziler als für Kendall Roy im Serienkosmos der US-Medienwelt: In München gibt es gleich zwei Patriarchen. Neben Hoeneß beobachtet auch Karl-Heinz Rummenigge weiterhin aufmerksam, was mit seinem FC Bayern geschieht. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende äußert sich seltener, zieht aber im Hintergrund noch viele Fäden. Aus seinem Umfeld wird regelmäßig Kritik gestreut – leise, aber gezielt.
Im operativen Geschäft wirkt das Team hingegen geschlossener als bei Succession: Christoph Freund, Herbert Hainer und Jan-Christian Dreesen halten öffentlich zu Eberl, geben keine einfache Angriffsfläche. Doch was nützt ihm die Rückendeckung der Gegenwart, wenn der Rückhalt aus der Vergangenheit fehlt?
Die Kritik an Max Eberl ist vielfältig, doch nicht alles, was ihm derzeit angelastet wird, liegt in seinem Verantwortungsbereich. Dass nahezu jeder potenzielle Transferkandidat direkt vom Bayern-Whiteboard in die Öffentlichkeit durchdringt, mag ärgerlich sein und die tägliche Arbeit erschweren. Aber es ist gelebte Münchner Realität, eine seit Jahren etablierte Praxis, die Eberl nicht über Nacht abstellen kann, schon gar nicht, wenn einzelne Akteure über gezielte Indiskretionen versuchen, ihre interne Position zu stärken.
Auch im Umgang mit Vertragsverhandlungen verfolgt Eberl einen anderen, weniger konfrontativen Stil. Er schlägt zögernden Spielern nicht sofort die Tür zu, drängt potenzielle Abgänge nicht automatisch ins Abseits. Diese zurückhaltendere Tonlage mag an der Säbener Straße ungewohnt wirken, sie hat jedoch offenbar dazu beigetragen, dass mit Joshua Kimmich und Alphonso Davies, trotz zwischenzeitlicher Irritationen, verlängert werden konnte.
Dann gibt es Themenfelder, in denen sowohl Eberl als auch der Aufsichtsrat im Hintergrund kein gutes Bild abgeben. Dass bereits nahezu ausgehandelte Deals – wie zuerst bei Jonathan Tah und Alphonso Davies – im Überprüfungsgremium scheitern, schwächt Eberls Position und hinterlässt einen unprofessionellen Eindruck. Solche Fragen sollten im Vorfeld geklärt sein und Eberl müsste im Blick haben, wenn finanzielle Vorgaben existieren.
Natürlich hat auch Eberl Fehler gemacht. Vor allem die Kaderplanung wirkt nicht überzeugend. Es ist immer wieder vom Umbruch die Rede, doch am Ende sieht alles stark nach einem „Weiter so“ aus. Statt grundlegender Veränderungen wird punktuell nachjustiert, dabei wurden noch vor nicht allzu langer Zeit große Umstrukturierungen und eine bessere Einbindung des Campus angekündigt.
Die Nachwuchsarbeit bleibt weiterhin eine Randnotiz. Mit Adam Aznou scheint das nächste Talent nach Mathys Tel den Verein verlassen zu wollen. Dieses „Weiter so“ ist wohl auch eine Folge der vielen blutigen Nasen auf dem Transfermarkt, die man sich in den vergangenen Monaten geholt hat. Unter Eberl blitzt der FC Bayern bei der Suche nach Verstärkungen auffallend oft ab. Und das mit einer Regelmäßigkeit, die man vom Rekordmeister so nicht kennt.
Bereits im vergangenen Jahr geriet die Trainersuche zur Tour de Force – nicht nur für die Vereinsführung, sondern auch für die Anhängerschaft. Die Außenwirkung war entsprechend negativ, weil es offensichtlich nur noch Kandidat E wurde. Und auch in diesem Sommer zeigt sich ein ähnliches Muster, diesmal bei der Suche nach offensiver Verstärkung.
Zahlreiche Namen kursieren, werden medial begleitet und öffentlich kommentiert. Man bemüht sich zwar, doch am Ende hagelt es Absagen. Entweder vom abgebenden Verein (Barcola, Díaz) oder direkt vom Spieler (Wirtz, Williams). In anderen Fällen geht man offensiv vor, nur um das Vorhaben dann selbst wieder zum Stillstand zu bringen.
Rafael Leão soll einem Wechsel gegenüber grundsätzlich nicht abgeneigt gewesen sein, doch das Interesse kühlte ab. Ähnlich verliefen die Entwicklungen bei Xavi Simons oder Christopher Nkunku. Letzterer soll nun zwar wieder ein Thema sein, aber auch das wirkt inkonsequent. Im Fall Nick Woltemade wurde das Interesse sogar recht offen kommuniziert, nur um die Verhandlungen mit dem VfB Stuttgart anschließend wieder auf Eis zu legen. Der Spieler hängt nun in der Luft.
All das ergibt ein widersprüchliches Bild. Bayern München wirkt in dieser Phase nicht wie der Klub, der den Takt vorgibt, sondern wie einer, der zögert, verpasst und improvisiert. Nicht wie ein Spitzenverein, der normalerweise bekommt, was er will.
Droht Max Eberl das gleiche Schicksal wie Kendall Roy und er scheitert bereits nach kurzer Zeit an seinem übermächtigen Vorgänger und der schieren Größe der Aufgabe? Noch ist das nicht entschieden. Zwar kursieren vage Gerüchte über einen bevorstehenden Abschied, doch so aussichtslos, wie manche es darstellen, ist die Lage nicht.
Es gibt durchaus Beispiele für gelungene Neuanfänge. Etwa Michael „Susi“ Zorc, der 2005 bei Borussia Dortmund ein schweres Erbe antrat bei einem Verein, der zusätzlich wirtschaftlich am Abgrund stand. Doch mit modernen Methoden, ohne die Tradition zu verlieren, führte er den Klub Stück für Stück zurück nach oben.
Auch beim FC Bayern ist noch vieles möglich. Der Klub steht strukturell extrem gut da, gehört weiterhin zu den renommiertesten Vereinen der Welt. Selbst die Roys in Succession verfügten über ein Imperium. Das Problem war nicht die Substanz, sondern das Ego. Wenn alle Beteiligten einsehen, dass es nicht, wie Logan Roy denkt „a big dick competition“ ist, sondern um Zusammenarbeit geht, dann lässt sich auch in München viel bewegen.
Sportlich bietet die Ausgangslage ohnehin Spielraum. Der FC Bayern stellt nach wie vor den stärksten Kader der Bundesliga. Auch in der Champions League war man in den vergangenen beiden Jahren nicht weit vom großen Wurf entfernt. Mit Jonathan Tah und Tom Bischof wurden bereits zwei sehr gute Transfers getätigt. Gelingt es nun noch, den gewünschten Offensivspieler – etwa Nick Woltemade – zu verpflichten und womöglich einen weiteren Innenverteidiger zu holen, dann lässt sich dieser Sommer durchaus als Erfolg verbuchen.
Die Verletzung von Jamal Musiala ist bitter und würde jedem Topklub der Welt wehtun. Gleichzeitig eröffnet sie die Chance für junge Spieler, sich zu zeigen. Mit Talenten wie Paul Wanner, Lennart Karl und Tom Bischof ist das Potenzial im Kader vorhanden.
Doch klar ist auch: Es muss sich etwas bewegen. Nichts bleibt ewig, keine Struktur ist auf Dauer stabil, kein Machtgefüge auf ewig sicher. Oder wie Logan Roy es formuliert:
„Nothing is a line. Everything, everywhere is always moving. Forever. Get used to it.“