Miasanrot
·11. Oktober 2024
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·11. Oktober 2024
Tuva Hansen von den FC Bayern Frauen spricht im exklusiven Interview mit Miasanrot über ein emotionales Aus in der Champions League in der vergangenen Saison, die schwere Gruppe in dieser Spielzeit und Gartenschlachten in Norwegen.
Wenn man im Duden den Begriff „Schweizer Taschenmesser“ nachschlägt, könnte dort ein Bild von Tuva Hansen abgebildet sein. Hansen, seit Januar 2023 im Kader des FC Bayern, entpuppt sich immer mehr als die Allzweckwaffe in der Defensive.
Die norwegische Nationalspielerin wurde in dieser Saison bereits als Links-, Rechts- und Innenverteidigerin eingesetzt. Doch wo liegen eigentlich die Unterschiede innerhalb der einzelnen Positionen und wo spielt sie am liebsten?
Das ist eine Frage, die Hansen sehr oft hört und kurz vor dem Interview auch von Ihrer Mutter gestellt bekam. Bei Miasanrot gibt sie Auskunft.
Disclaimer: Das Gespräch fand vor der Partie gegen den FC Arsenal statt.
Miasanrot: Tuva Hansen, der FC Bayern ist nach dem 1:0 gegen Köln in der Bundesliga 44 Spiele in Folge ungeschlagen. Sie selbst hatten nach Ihrem Wechsel nach München noch gar kein einziges Bundesliga-Spiel verloren. Haben Sie sich die Bundesliga so leicht vorgestellt?
Tuva Hansen: (Lacht). Es ist auf keinen Fall einfach, nein. Es ist etwas ganz anderes als in Norwegen. In der deutschen Liga ist der Fußball viel physischer und schneller, alles ist auf einem höheren Niveau. Auch die Mannschaften, die im Mittelfeld der Tabelle stehen, sind gut. Und sie nutzen verschiedene Strategien und Taktiken, um die Topteams zu ärgern. Daher ist es Woche für Woche eine große Herausforderung, diese Serie aufrechtzuerhalten. Ich bin wirklich beeindruckt von der Mannschaft, wie wir es geschafft haben, 44 Spiele ungeschlagen zu sein. Das sind eine Menge Spiele.
Also wird die Ungeschlagen-Serie nicht langweilig?
Niemals.
Der FC Bayern will nicht nur in der Bundesliga, sondern auch im Pokal und in der Champions League erfolgreich sein. Wie sehen Sie die Chancen in der diesjährigen Gruppe mit Juventus, dem FC Arsenal und Vålerenga?
Ich denke, es werden alles aufregende Spiele werden. Wir haben wieder eine schwierige Gruppe erwischt, aber so ist das in der Gruppenphase nun mal. In der Champions League gibt es nur gute Mannschaften. Ich war wirklich glücklich, dass wir eine norwegische Mannschaft zugelost bekommen haben. Und was Arsenal und Juventus betrifft: Es macht so viel Spaß, gegen namhafte Mannschaften zu spielen und sich mit ihnen zu messen. Unser Ziel ist klar, das Weiterkommen zu schaffen.
Auf welche Spielerin bei Vålerenga muss Bayern am meisten aufpassen?
Sie haben viele gute Spielerinnen. Ich hoffe einfach, dass wir uns von unserer besten Seite zeigen und unser Niveau auf dem Platz sichtbar wird. Dann sollten wir in der Lage sein, das Spiel zu kontrollieren.
Freuen Sie sich schon darauf, Ihren Mitspielerinnen Ihr Land zeigen zu können?
Ja, sicher. Ich komme zwar nicht aus Oslo, aber ich bin sehr gerne dort. Wir sind immer mit der Nationalmannschaft in Oslo. Ich kenne also viele Orte, die ich ihnen zeigen kann, sollte es die Zeit zulassen.
Zuletzt spielte der FC Bayern etwas unsouverän und tat sich in der Bundesliga schwer, die Siege einzufahren. In der Champions League treffen Sie auf Mannschaften, die ebenfalls den Ball haben wollen, die ebenfalls offensiv spielen. Könnte Ihnen das entgegenkommen?
Ich denke schon, dass uns diese Spielweise entgegenkommen kann. Wenn wir gegen offensiver ausgerichtete Mannschaften spielen, haben wir normalerweise auch mehr Platz, weil sich der Gegner nicht nur hauptsächlich hinten reinstellt und darauf wartet, was wir mit dem Ball machen. Es ist gut, dass wir dieses Spiel gegen Köln am Ende noch erfolgreich gestalten konnten, um mit einem guten Gefühl in die wichtigen Spiele gegen Arsenal, Wolfsburg und Turin zu gehen. Wir müssen jetzt aus den Fehlern der letzten Ligaspiele lernen und einfach weiter an uns arbeiten.
Von welchen Fehlern sprechen Sie konkret? Was kann besser werden?
Ich denke da an individuelle Dinge. Gegen Köln haben wir viele Bälle verloren und hatten keine gute Kontrolle über das Spiel. Wenn man sich die Statistiken ansieht, hatten wir zwar über 70 Prozent Ballbesitz, allerdings war ein großer Teil davon in unserer Spielhälfte. Wir haben das Spiel also nicht so dominiert wie gewünscht.
Die letzte Champions-League-Saison endete bereits früh nach der Gruppenphase. Damals hatte Bayern mit Rom, Ajax und PSG ebenfalls sehr starke Gegner. Haben Sie Angst davor, dass sich Geschichte wiederholt?
Nein. Ich denke, wir haben aus dem letzten Jahr gelernt und sind auch als Team gewachsen. Ich hoffe, dass man das auch auf dem Spielfeld sehen kann.
In der Dokumentation „Mehr als 90 Minuten“ des FC Bayern wird in Episode 4 auch das Spiel gegen Paris St. Germain thematisiert, wo Sie eine Teilschuld am ersten Gegentreffer hatten. Sie reagieren in der Dokumentation sehr emotional als Sie auf die Szene angesprochen werden. Wie nah gehen Ihnen Niederlagen und Rückschläge?
Das ist schwer zu sagen. Ich denke, wenn man daran gewöhnt ist, viele Spiele zu gewinnen, dann vergisst man manchmal, wie sich eine Niederlage anfühlt. Und besonders hart ist es, wenn man das Gefühl hat, dass man persönlich Schuld an der Niederlage hat. Und darüber hinaus ist die Champions League natürlich etwas ganz Besonderes. Aber solche emotionalen Dinge wie gegen Paris gehören einfach dazu. Das ist auch der Grund, warum ich Fußball spiele, denn ich liebe es zu gewinnen. Und ich hasse es zu verlieren. Als Spielerin muss man einfach damit umgehen können. Und ja, es war sehr schwer in diesem Moment. Aber diese Situation durchzustehen ist einfacher, wenn man gute Menschen um sich hat. Und das habe ich hier wirklich.
Es war sehr bemerkenswert, wie Ihre Teamkolleginnen Sie nach dem PSG-Spiel sofort aufgemuntert und Ihnen Mut zugesprochen haben. Sind solche Momente auf lange Sicht gesehen vielleicht manchmal wichtiger als ein Sieg?
Das ist sehr, sehr wichtig. Und wenn man sich die Episode 4 der Dokumentation und die Situation anschaut, dann sieht man, dass es um mehr als Fußball geht. Fußball ist nur ein Teil von uns. Wenn man diese tollen Leute um sich hat, Menschen, die einen unterstützen, egal was passiert, und wenn man solche Situationen erlebt, dann zeigt einem das, dass es im Leben um mehr geht als nur um Fußball. Man hat gemerkt, dass sich das Team wirklich kümmert. Und das war der Punkt, an dem ich das Gefühl hatte, Teil von etwas zu sein, das größer ist als man selbst. Denn in diesem Moment des Gegentreffers hatte ich das Gefühl, dass ich es nicht verdient habe, Teil des Teams zu sein. Und ich hatte das Gefühl, es sei alles meine Schuld. Aber dann hatte ich Menschen um mich herum, die einem sagen, dass man nicht so denken darf. Das ist toll.
Kommen wir auf Ihre persönliche Situation zu sprechen. Wie schwer ist Ihnen damals der Wechsel aus Norwegen nach Deutschland gefallen?
Um ehrlich zu sein, es war ein sehr einfacher Schritt für mich. Ich kam hierher und habe mich sofort wohlgefühlt. Ich habe von Anfang an viele Spiele gemacht und wir sind viel auf Reisen gewesen. Weil so viel los war, hatte ich das Gefühl, erst drei Monate später in Deutschland richtig angekommen zu sein. Am Anfang war es ziemlich überwältigend, weil ich dieses Tempo im Training und die Intensität, die Arbeit mit den Medien und die gesamte Professionalität nicht gewohnt war. Das ist am Anfang sehr viel, das man bewältigen muss. Aber die Leute um mich herum haben mir den Start viel leichter gemacht. Ich habe mich relativ schnell wie zu Hause gefühlt. Das ist eigentlich nicht normal. Ich glaube, dass dieses Team auch in der Hinsicht speziell ist. Ich finde, es ist etwas Besonderes mit diesem Team und den Mitarbeitern und allen, die dich unterstützen und das Beste aus dir herausholen wollen. Auf diesem Niveau, auf dem wir spielen, ist es nicht selbstverständlich, dass man ein Team hat, das so sehr von gegenseitiger Unterstützung geprägt ist und einen mit offenen Armen aufnimmt. Das ist sehr selten.
Beim FC Bayern spielen viele Spielerinnen aus Skandinavien. Erleichtert das den Einstieg in einem neuen Land oder kann man Norwegen nicht mit Island, Schweden oder Dänemark vergleichen?
Doch das kann man schon. Wir Skandinavier haben die gleichen Werte und Einstellung, wie man sich gegenüber anderen verhält. Wir wissen, dass die Gruppe wichtig ist, um wirklich gute Leistungen zu erbringen. Ich denke, wir sind grundsätzlich höfliche Menschen, und manchmal sind wir vielleicht sogar zu nett (lacht).
Gemeinsam seit langem erfolgreich: Alexander Straus und Tuva Hansen
(Foto: Christof Koepsel/Getty Images)
Sie haben bereits bei SK Brann Bergen und in der norwegischen Junioren-Nationalmannschaft mit Alexander Straus zusammengearbeitet. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm und welche Rolle spielte er bei Ihrem Transfer damals? Wären Sie auch nach München gewechselt, wenn Straus nicht Trainer gewesen wäre?
Um ehrlich zu sein, dachte ich lange nicht, dass Deutschland für mich eine Option sein könnte, denn ich liebe Norwegen und ich liebe es, zu Hause zu sein. Aber ich habe immer auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um den Schritt ins Ausland zu wagen. Und natürlich hat auch Alexander eine Rolle bei meinem Transfer gespielt, denn ich vertraue ihm sehr.
Hatten Sie Zweifel, als der Wechsel zur Diskussion stand?
Nein, es war ein No-Brainer. Ich dachte, das ist etwas, wozu ich überhaupt nicht nein sagen kann. Eine Chance, die ich nicht verstreichen lassen kann. Und ich bereue es keine einzige Sekunde.
Seit Ihrem Wechsel nach München wurden Sie bereits als Links-, Rechts- und Innenverteidigerin eingesetzt. Was ist Ihre Lieblingsposition?
Das ist lustig, meine Mutter hat mich gestern dasselbe gefragt. Ich kann diese Frage nicht beantworten, weil es völlig verschiedene Rollen sind. Und ich liebe alle vier von ihnen. Um ehrlich zu sein, ist es mir egal, welche Position ich spiele, weil ich immer mein Bestes gebe und versuche, gut darin zu sein. Aber natürlich macht es mir Spaß, als Außenverteidigerin offensiv zu spielen. Aber ich mag auch den defensiveren Part der Innenverteidigerin. Die Position spielt wirklich keine große Rolle für mich.
Einerseits ist es eine Qualität von Ihnen, dass Sie so viele Positionen spielen können und dadurch viel Spielzeit bekommen. Andererseits ist es immer gut, eine feste Rolle zu haben und ein Spezialist für eine Position zu sein. Wie denken Sie über diesen Konflikt?
Ich mache das schon seit ich 15, 16 Jahre alt bin. Ich habe schon in der Jugend eine Saison als rechte Verteidigerin gespielt, dann eine als Linksverteidigerin und dann als Innenverteidigerin. Und nun habe ich mich daran gewöhnt. Der Trainer kann mich einsetzen, wo das Team mich braucht. Ich will einfach nur das Beste für die Mannschaft, um ehrlich zu sein.
Sie sind von den Spielerinnen, die in der Innenverteidigung eingesetzt werden können, die kleinste im Bayern-Kader. Inwieweit müssen Sie Ihr Spiel auf dieser Position anpassen?
Diese Frage höre ich oft! Ich versuche meine Körpergröße durch meine anderen Stärken wie Schnelligkeit oder Stellungsspiel auszugleichen. Und wenn man sich meine Spiele in der Innenverteidigung anschaut, selbst wenn ich die Zweikämpfe nicht gewinne, gehe ich in den Zweikampf und sorge dafür, dass meine Gegenspielerinnen den Zweikampf auch nicht gewinnen kann, indem ich sie aus dem Gleichgewicht bringe. Und dann bin ich wiederum die Erste, die danach den Ball aufnimmt. Ich muss natürlich Strategien haben und entwickeln. Im Strafraum muss ich meine Stärke, die Explosivität beim Kopfballduell nutzen, um meine Größe zu kompensieren. Man kann also auch auf andere Weise Zweikämpfe für sich entscheiden, wenn man clever ist (lacht).
Die Idee des Aufbauspiels konzentriert sich beim FC Bayern sehr stark auf das Zentrum und die Halbräume. Wie unterscheidet sich Ihre Rolle als Außenverteidigerin von der in der Innenverteidigung, wenn Sie im Spielaufbau den Ball haben?
Es macht mir sehr viel Spaß, im Zentrum zu spielen, weil man dann viel am Ball ist. Die meisten Mannschaften, gegen die wir spielen, schließen das Zentrum und bieten uns Raum auf der Außenbahn an, den wir gerne im Zentrum hätten. Dafür benötigen wir Lösungen und wir werden auch immer besser darin, den Raum zu nutzen, den sie uns anbieten.
Apropos Flanken. Bei Brann Bergen haben Sie in 33 Spielen vier Tore geschossen und sieben Assists gegeben, aber beim FC Bayern sind Sie noch ohne Tor und haben lediglich zwei Tore vorbereiten können. Tuva, sehen wir gegen Wolfsburg Ihr erstes Tor für den FC Bayern?
(Lacht). Das ist eine gute Frage… Wenn es passiert, wäre es sehr, sehr cool.
Tuva Hansen (l.) hat für ihr Heimatland Norwegen bisher 42 A-Länderspiele bestritten.
(Foto: Jasmin Walter/Getty Images)
Auch Ihr Trainer Alexander Straus ist der Meinung, dass Sie sich im Offensivspiel noch verbessern können. Wo sehen Sie selbst noch Potenzial?
Ich denke, die Offensive ist das, was ich am meisten verbessern kann. In der Defensive habe ich das Gefühl, dass ich bereits viel Kontrolle habe, aber es geht immer besser, in den Luft-Zweikämpfen beispielsweise. Man lernt nie aus. Man muss sich einfach weiterentwickeln und weitermachen. Und das tue ich hier. Ich komme Schritt für Schritt voran. Und im Vergleich zu meinen Leistungen vor anderthalb Jahren habe ich mich sehr entwickelt. Ich bin froh, hier zu sein.
Tuva, aufregende Wochen liegen vor dem FC Bayern: Die ersten Champions-League-Spiele, die Bundesliga-Partie in Wolfsburg, Pokalspiel in Freiburg. Diese englischen Wochen, die sind körperlich und auch mental anstrengend. Wie können Sie nach solchen Highlight-Spielen abschalten?
Das Einzige, was wir nach den Spielen machen: Ausruhen, essen, schlafen, die richtigen Dinge tun. Im Grunde genommen lebt man in einer Blase. Und man muss sich dann die Dinge aussuchen, die einem wieder neue Energie geben und keine Energie rauben. Für meinen Kopf ist es auch wichtig, mich immer nur auf das nächste Spiel zu fokussieren. Ich kann jetzt nicht an die Nationalmannschaft denken, keine Chance. Ich denke an das kommende Spiel und wenn das vorbei ist, an das nächste Spiel. Schritt für Schritt. Das ist auch etwas, was Alexander Straus in meinen Kopf implementiert hat. Wie eine Gehirnwäsche (lacht): Dass ich immer nur an das nächste Spiel denke. Manchmal kommt es vor, dass ich auf die Nationalmannschaft angesprochen werde und gefragt werde: ‚Gegen wen spielst du dann?‘ Und ich habe keine Ahnung, denn darauf konzentriere ich mich überhaupt nicht. Ich spiele das nächste Spiel, das ist mein einziges Ziel. Diese Einstellung ist gut für mich, so kann ich zwischendurch durchatmen.
Einige Ihrer Teamkollegen studieren, oder haben ein Startup. Was machen Sie abseits des Platzes?
Ich habe einen Hund. Und ja, ich liebe es, lange Spaziergänge mit ihm zu machen. Und genau das habe ich auch nach dem Spiel gegen Paris St. Germain gemacht. Am Tag danach bin ich zwei oder drei Stunden in der Sonne spazieren gegangen und habe einfach an nichts gedacht. Ich war einfach nur mit der Natur in Kontakt.
Sie sind hin und wieder als Social-Media-Content-Creator für Ihren Hund tätig. Ihr Instagram-Account läuft ziemlich gut.
Ja, aber ich bin nicht mehr so aktiv, weil ich mich im Moment mehr auf meine eigene Karriere konzentriere. Und ich habe ehrlich gesagt keine Zeit, ein Video stundenlang zu bearbeiten, um es anschließend zu posten. Wenn ich viel mehr Zeit hätte, dann würde ich vielleicht wieder damit anfangen. Aber aktuell gehe ich lieber anderthalb Stunden mit ihr spazieren als die Zeit auf meiner Couch zu verbringen, um ein Video zu bearbeiten.
Das ergibt Sinn. Kommen wir auf Wolfsburg zu sprechen: Der VfL scheint in dieser Saison etwas unbeständig zu sein. Sehen Sie Wolfsburg trotzdem als den größten Konkurrenten um die Meisterschaft oder ist es mittlerweile Eintracht Frankfurt?
Ich denke, dass es gegen beide Teams schwer werden wird. Und Wolfsburg sollte man niemals unterschätzen. Denn jedes Mal, wenn wir gegen sie spielen, ist es ein ganz anderes Spiel. Wir können im Pokal mit 0:5 gegen sie verlieren und dann in der Liga mit 4:0 gegen sie gewinnen. Es wird eine schwere Aufgabe.
Weiß sich gegen gute Gegner durchzusetzen: Tuva Hansen 2015 im direkten Duell gegen ihre heutige Mannschaftskollegin Lea Schüller.
(Foto: Johannes Simon/Bongarts/Getty Images)
Sprechen wir noch etwas über den Fußball der Frauen in Ihrem Heimatland Norwegen. Was ist aus Ihrer Sicht der größte Unterschied zwischen der norwegischen und deutschen Liga?
Die Infrastruktur ist der größte Unterschied. In Deutschland arbeiten so viele einzelne Personen für dich mit dem Ziel, deine Leistung zu optimieren. Natürlich versucht man in Norwegen dasselbe, allerdings sind die finanziellen Voraussetzungen geringer und die Anzahl der Staff-Mitglieder somit auch. Als ich noch in Norwegen spielte, hatten wir einen Physiotherapeuten in unserem Team. Hier in München sind es teils drei oder vier. Wir haben bei Bayern noch zusätzlich Ärzte und andere Hilfen, ein großes Team einfach, das dich zur besten Version deiner selbst macht. Was die Arbeit auf dem Platz angeht: Ich habe mit Alexander auch in Brann Bergen zusammengearbeitet. Die Trainingsinhalte, seine Ideen sind dieselben. Das Niveau der Mannschaft ist aber ein ganz anderes.
Tuva, Sie kommen aus einer Fußball-affinen Familie, Ihr Vater war Profi-Fußballer und Ihre Geschwister ebenfalls. Wie viele Fensterscheiben sind bei Ihnen zu Hause zu Bruch gegangen?
(Lacht). Nicht so viele Fenster. Aber wenn wir draußen im Garten spielen, gehen einige Sachen kaputt. Aber das ist einfach die Siegermentalität in unserer Familie. Ich weiß nicht, ob das so gesund ist, aber es macht sehr viel Spaß.
Ihr Vater hat auch als Verteidiger gespielt, Ihre Schwester und dein Bruder hingegen sind Stürmer. Spielen Sie bei euch zuhause dann Abwehr gegen Sturm?
Wir machen das eigentlich immer noch, jedes Jahr zu Weihnachten. Gemeinsam als Familie mit noch anderen Verwandten bilden wir Teams und dann wird gespielt. Manchmal nur wir als Familie, manchmal gegen Freunde und Bekannte.
Und warum grätschen Sie lieber als Tore zu schießen?
Ich grätsche nie. Hast du mich spielen sehen? Ich verteidige, aber ich grätsche normalerweise nie. Ich glaube, dass man zuvor etwas falsch gemacht hat, wenn man grätschen muss, denn dann kommt man zu spät. Wenn du also keinen Grund hast, um grätschen zu müssen, dann bist du in der richtigen Position.
Okay, ich frage anders: Warum verteidigen Sie lieber, als dass Sie Tore schießen? Liegt das vielleicht an Ihrem Vater? War er Ihr Vorbild?
Wie Sie schon erwähnt haben: Meine Geschwister, mein Bruder und meine Schwester, waren Stürmer, alle beide. Und vielleicht hat mein Vater gedacht, dass das letzte „Projekt“ eine Verteidigerin sein soll (lacht). Nein, ich weiß es nicht. Aber mein Vater war ein rechter Verteidiger, vielleicht hatte das einen Einfluss auf mich. Aber fangen wir nicht alle als Stürmer an und werden dann nach und nach zurückgeschoben? Meine Trainer haben gesehen, dass ich Qualitäten in der Defensive habe. Und auch meine Schnelligkeit spielt da eine große Rolle, die hilft mir in meinem Spiel.
Sie sind in Bryne geboren, wo auch Erling Haaland aufgewachsen ist. Wer von Ihnen wird der erste sein, der einen Titel mit der Nationalmannschaft feiern kann?
Das ist eine gute Frage. Warten wir es ab. Die Männer-Nationalmannschaft hat gute Spieler, aber wir haben auch gute Spielerinnen in der Nationalmannschaft.
Sie haben in den nächsten Wochen eine große Chance, Ihre Qualität unter Beweis zu stellen. Sie spielen die Playoffs für die Europameisterschaft 2025 in der Schweiz. Das erste Spiel wird gegen Albanien sein und dann, wenn Sie weiterkommen, gegen den Sieger der Partie Kroatien gegen Nordirland. Die Auslosung hätte für Sie schlimmer kommen können, oder?
Ja, wir sollten es schaffen, uns für die Europameisterschaft zu qualifizieren. Andernfalls haben wir bei der Europameisterschaft auch nichts zu suchen, um ehrlich zu sein.
Werfen wir also einen Blick voraus auf den Sommer 2025: Würden Sie lieber mit dem FC Bayern als Linksverteidigerin die Champions League gewinnen oder mit Norwegen als Rechtsverteidigerin Europameister werden?
Oh mein Gott, das ist die schlimmste Entweder-Oder-Frage, die ich je in meinem ganzen Leben gehört habe. Die Champions League zu gewinnen, das wäre fantastisch. Aber die Europameisterschaft wäre genauso fantastisch. Wissen Sie was? Ich nehme beides.
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