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Niklas Levinsohn·21. Oktober 2020

Es gibt keine Ausreden: Dortmunds Versagen ist Favres Versagen

Artikelbild:Es gibt keine Ausreden: Dortmunds Versagen ist Favres Versagen

Borussia Dortmund ist mit einer desolaten 1:3-Niederlage in Rom in die neue Champions League-Saison gestartet. Ausreden gibt es für Mannschaft und Trainer keine.

Bill Murray und Lucien Favre haben auf den ersten Blick nicht allzu viel gemeinsam. Der eine ist ein Schauspieler aus den USA, der andere ein Fußballtrainer aus der Schweiz. Vielen BVB-Fans dürfte es mittlerweile trotzdem so vorkommen, als wären sie in einem schwarzgelben Remake von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gefangen. Denn seit der 62-Jährige das Zepter in Dortmund übernommen hat, dreht sich die Borussia im Kreis. Es ist dieselbe Mängelliste, über die der BVB wieder und wieder stolpert. So auch gestern beim schwachen CL-Auftakt gegen Lazio Rom.


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Da wäre allen voran die eklatante Auswärtsschwäche, die den Dortmundern in der Königsklasse in den Kleidern steckt. In der Vorsaison lieferte der BVB zu Hause gegen Barcelona, Inter und Paris jeweils bockstarke Heimspiele ab. Besonders bemerkenswert war dabei der 3:2-Heimsieg gegen Inter, bei dem die Schwarzgelben binnen 45 Minuten einen 0:2-Rückstand drehten. In jeder dieser Partien trat die Favre-Elf mit einem Selbstverständnis auf, das sich außerhalb der Dortmunder Stadtgrenzen stets unerklärlich in Luft auflöste und das auch immer noch tut.

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3:1 in Barcelona verloren, 2:0 in Mailand verloren und letztlich auch 2:0 in Paris. Nur das letzte Spiel bedeutete für den BVB gleichzeitig auch das Aus in der Königsklasse. Doch wären die Gruppenduelle gegen Barça und Inter K.o.-Spiele gewesen, wäre Dortmund auch hier ausgeschieden. Um nach dem 1:3 vom Dienstagabend noch das direkte Duell mit Lazio zu gewinnen, braucht der BVB im Rückspiel einen Sieg mit mindestens zwei Toren Vorsprung.

Dass Lucien Favre gegen die Italiener eine Rumpfabwehr ins Rennen schicken musste, kann gegen eine Mannschaft, die in vier Serie A-Spielen vier Tore gemacht hat, kaum als Ausrede gelten. Erst recht nicht in einem Verein, der vor sechs Jahren Real Madrid mit Manuel Friedrich, Oliver Kirch, Miloš Jojić und Kevin Großkreutz in der Startelf schwindelig spielte. Borussia Dortmund wurde unter Jürgen Klopp zu einer Mannschaft, die große Spiele oft besser konnte als die kleinen.

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Sein Nachfolger Thomas Tuchel hatte es zumindest in Ansätzen geschafft, diesen Geist zu konservieren. 2:2 nach 0:2 im Bernabéu im Dezember 2016, 3:2 nach 1:2 im Halbfinale des DFB-Pokals gegen die Bayern 2017. Favre wiederum hat nicht nur ein Problem mit großen Spielen in der Königsklasse, sondern auch im Pokal. Unter dem Schweizer ist Dortmund zwei Mal nach Gang im Achtelfinale an Werder Bremen gescheitert.

Zu wenig für die Ansprüche eines Klubs, der zwischen 2014 und 2017 vier Mal in Folge im Finale stand und langsam aber sicher vor der Frage steht: „Was sind denn nun unsere Ansprüche?“ Als Beweis für Favres Trainerqualitäten wird immer mal wieder sein Punkteschnitt ins Feld geführt. Der ist nämlich der beste unter allen BVB-Trainern. Nur fällt einem eben auch kein anderer BVB-Trainer ein, dem ein vergleichbarer Kader mit so unverschämt viel Talent zur Verfügung gestanden hätte.

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Wer glaubt, dass mit Hummels, Haaland, Hazard, Reyna, Reus, Brandt, Bellingham, Guerreiro, Sancho und Can nicht mehr möglich ist als ein zweiter Platz in der Bundesliga und ein frühes Ausscheiden in Pokal und Königsklasse, der lügt sich selbst etwas vor. Wer glaubt, dass die dritte BVB-Saison unter Favre nennenswert anders verlaufen wird als die beiden zuvor, der tut das im Übrigen auch.

„Wir waren nicht da“, hat der Schweizer am Dienstagabend nach Schlusspfiff sichtlich hadernd festgestellt. Ob eine Mannschaft in den entscheidenden Momenten „da“ ist oder nicht, wird aber nun mal nicht an einer Taktiktafel oder in der Videoanalyse entschieden. Eine Mannschaft kann aus sich selbst heraus „da“ sein, das nennt man dann zum Beispiel Bayern-Gen. Oder sie kann einen Trainer haben, der weiß wie man diesen Zustand des „Daseins“ erzeugt. Und auch wenn das den Theoretikern des Spiels nicht gefällt, geht es da in letzter Instanz eben um Ansprache und Ausstrahlung. Beides sucht man an der Dortmunder Seitenlinie seit drei Jahren vergeblich.