Diego Contento: „Ich kriege immer noch Gänsehaut“ | OneFootball

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·5. September 2024

Diego Contento: „Ich kriege immer noch Gänsehaut“

Artikelbild:Diego Contento: „Ich kriege immer noch Gänsehaut“

Mit vier Jahren begann die Karriere von Diego Contento (34) beim FC Bayern. Sie führte bis zum Triple 2013. Jetzt hat der Deutsch-Italiener eine zweite FCB-Laufbahn gestartet. Auch heute ist er immer da, wenn er gebraucht wird.

Das Interview mit Diego Contento

Diego, du hast deine Profikarriere vor eineinhalb Jahren beendet. Welche Rolle spielt Fußball heute noch in deinem Leben? „Mit Fußball werde ich nie Schluss machen. Ich spiele ja noch beim FC Aschheim in der Bezirksliga, mit meinen Brüdern, als Hobby. Und ich habe jetzt meine erste Trainerlizenz gemacht, den B-Schein. Dass ich auch nach meiner Profikarriere immer etwas mit Fußball zu tun haben möchte, war mir immer klar. Ohne Ball geht es einfach nicht, egal ob auf oder neben dem Platz. Das wird sich nie ändern.“


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„Nach 2012 hatte ich gefühlt Anfragen von jedem Club aus Italien. Aber Bayern ist eben mein Herzensverein.“

Nach mehr als zehn Jahren Profifußball: Wie fühlst du dich als Trainer? „Am Anfang war es komisch und ungewohnt. Als Spieler ist einem nicht klar, wie viel Arbeit und Verantwortung ein Trainer hat. Bei 25 Spielern im Kader muss man viel kommunizieren. Aber es hat mir Spaß gemacht, ich mag es, mit Menschen zu tun zu haben und gerade jungen Spielern etwas mitzugeben. Als Nächstes möchte ich die A-Lizenz angehen.“

Thomas Müller ist ein Dreivierteljahr älter als du und mischt immer noch bei den Profis mit. „Ich freue mich sehr für Thomas, dass er noch topfit ist. Er sagt ja selbst gern, dass er nur aus Knochen besteht, nicht aus Muskeln (lacht). Deswegen ist er nie verletzt. Ich hätte auch noch zwei, drei Jahre spielen können. Am Ende habe ich sechs Monate bei den Bayern-Amateuren mittrainiert, in der Hoffnung, noch irgendwo meine Karriere fortsetzen zu können. Aber dann kam ein Anruf von Giovane Élber. Er hat gefragt, ob ich mit den Bayern-Legenden gegen 1860 spielen möchte. Das war vor zwei Jahren, zum 50-jährigen Jubiläum des Olympiastadions. Aus einem Spiel wurden zwei, drei und so weiter.“

Ein fließender Übergang vom Spieler zur Legende.  „So fiel es mir auf jeden Fall viel leichter, einen Schlussstrich zu ziehen. “

Du hast eine zweite Karriere beim FC Bayern gestartet. Was machst du heute alles?  „Einiges. Ich bin bei den Legenden nicht mehr nur als Spieler im Einsatz. Gerade war ich als Repräsentant bei der „Audi Summer Tour“ in Südkorea dabei, auch für den Youth Cup bin ich immer wieder unterwegs. Außerdem bin ich für den Campus im Scoutingbereich tätig, was mir sehr gut gefällt, weil ich ja selber aus dem Bayern-Nachwuchs komme. Und im Sommer war ich Co-Trainer von Roy Makaay beim FC Bayern World Squad. Das war eine super Erfahrung. Jungs aus 14 Nationen, aus Südamerika, Afrika, Australien … Daraus innerhalb eines Monats eine Mannschaft zu formen, war eine Herausforderung. Es hat Riesenspaß gemacht, den Jungs genauso wie uns Trainern.“

Dieser Inhalt kann hier leider nicht dargestellt werden. Zum Anschauen kannst du die Website des FC Bayern München besuchen: Artikel auf fcbayern.com

Und du hast auch selber mitgespielt …  „(lacht) Bei einem Turnier in den USA. Bei den anderen Teams waren nur Erwachsene dabei, deswegen bin ich mit unseren Jungs aufgelaufen. Es war sehr heiß an diesem Tag, da musste ich meine ganze Erfahrung ausspielen (grinst).“

Gegen Dortmund hast du bei diesem Turnier sogar ein Tor per Hacke erzielt. Für die Bayern-Profis ist dir nie ein Treffer gelungen. „Ein Tor nicht, aber dafür einige Vorlagen, das muss reichen. Ein Trainer hat mir mal gesagt: Ein Abwehrspieler muss hinten erst mal die Null halten, dann kann er nach vorne gehen. So habe ich meine Aufgabe immer gesehen. Fürs Toreschießen hatten wir ja Topleute wie Mario Gómez oder Mario Mandžukić.“

Die Spieler der World Squad träumen vom Profifußball. Was ist dir wichtig, ihnen mitzugeben?  „Ich sage ihnen immer: Disziplin ist das A und O. Und man muss Respekt haben vor dem Trainer, den Mitspielern, dem Gegner. Auch Kritik gehört zum Geschäft, damit muss man umgehen können, das habe ich bei Hermann Gerland gelernt. Man muss zuhören und dem Trainer vertrauen. Er will einem ja helfen. .“

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„Den Kunstrasenplatz, auf dem ich selbst 15 Jahre lang gespielt habe, den gibt es noch.“

Deine persönliche Geschichte könnte direkt aus Hollywood kommen. Es beginnt schon bei deinen Vornamen: Diego Armando, wie Maradona.   „Mein Vater stammt aus Neapel, für ihn gab es immer nur Fußball. Auch meine zwei älteren Brüder haben bei Bayern gespielt, wurden Deutscher Meister in der A- und B-Jugend. Als sie an der Säbener Straße Training hatten, habe ich neben dem Platz mit meinem Papa auf dem Asphalt gespielt. Irgendwann kam ein Trainer und hat angeboten, dass ich mittrainiere. Da war ich viereinhalb, und es gab für mich noch gar keine Mannschaft bei Bayern, ich war zwei Jahre zu jung. Also habe ich erst mal mit den Älteren mittrainiert, dem Jahrgang von Mats Hummels.“

Du hast dann die komplette Jugend bei Bayern durchlaufen. Was war entscheidend, dass du es am Ende tatsächlich zum Profi geschafft hast? „Natürlich braucht man Talent, und man muss sehr viel arbeiten. Aber am Ende braucht man auch ein bisschen Glück. Das zeigt zum Beispiel die Geschichte, wie ich Profi wurde: Im Winter 2009/10 sind die Amateure ins Trainingslager in die Türkei gereist, aber ich konnte nicht mit, weil ich mein Visum nicht bekommen habe. Da kam Hermann Gerland und meinte: „Dann fahr doch mit unseren Profis nach Dubai.“ Das war meine Chance, und solche Gelegenheiten muss man dann auch nutzen. Eineinhalb Monate später bin ich im Champions League-Achtelfinale gegen Florenz eingewechselt worden. Daniel Van Buyten musste in der Halbzeit verletzt raus, da sagte Hermann Gerland: ‚Diego, mach dich bereit.‘“

Da ging dein Puls hoch, oder? „Klar, 70.000 Zuschauer in der Allianz Arena, das war neu für mich. Aber auf dem Rasen habe ich das dann gar nicht so mitbekommen, ich war voll fokussiert aufs Spiel. Ich glaube, das ist eine Qualität von mir: Wenn ich einen Auftrag bekomme, erfülle ich den zu hundert Prozent. Auf dem Platz war es egal, auf welcher Position ich aufgestellt wurde. In der Jugend war ich lange linker Stürmer – bis ich in die U17 kam. Da war Stephan Beckenbauer mein Trainer, und der sagte zu mir: ‚Bei den Profis brauchen sie einen linken Verteidiger, und ich glaube, das kannst du schaffen.‘ Er hat da eine Perspektive für mich gesehen – und genau so ist es gekommen. Wenn ich daran denke, kriege ich immer noch Gänsehaut.“

„Es war das beste Spiel meiner Karriere. Und gleichzeitig der schlimmste Albtraum“

War das „Finale dahoam“ 2012 dein größtes Spiel? „Es war das beste Spiel meiner Karriere. Und gleichzeitig der schlimmste Albtraum.“

Welche Bilder gehen dir durch den Kopf? „Der Kopfball von Didier Drogba, die Fans … Ein Champions League-Finale im eigenen Stadion spielen zu können, mehr geht nicht. Ganz München war im Ausnahmezustand. Leider haben wir den Pokal nicht nach Hause gebracht, obwohl wir ihn eigentlich schon in der Hand hatten.“

Du hast 120 Minuten gespielt …  „… und im Elfmeterschießen wäre ich der nächste Schütze nach Basti Schweinsteiger gewesen. Leider musste ich nicht mehr schießen.“

Bastian Schweinsteiger hat kürzlich erzählt, dass da immer noch eine kleine Wunde in seinem Herzen ist wegen 2012. Wie geht es dir damit? „Ich habe mir das Spiel danach nie wieder angeschaut – erst vor Kurzem für die Dokumentation ‚Generation Wembley‘ habe ich die Höhepunkte gesehen. Es tat so weh. Dieses Spiel wird immer an uns haften, wie ein Tattoo auf der Haut.“

Nächstes Jahr ist wieder ein „Finale dahoam“ möglich. „Es wäre natürlich schön, wenn es Bayern wieder in dieses Finale schaffen würde. Die Chance ist da, aber es ist ein langer, schwerer Weg.“

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Nach 19 Jahren Bayern bist du 2014 nach Bordeaux gewechselt. Wie schwer fiel dir dieser Schritt? „Das war gar nicht so schwer. Damals war Willy Sagnol Trainer in Bordeaux, mit ihm konnte ich Deutsch sprechen, das war am Anfang wichtig. Aber dann habe ich schnell Französisch gelernt, das ist dem Italienischen ja eh sehr ähnlich. Insgesamt waren es sehr schöne vier Jahre. Bordeaux ist ja auch eine schöne Stadt. Wir haben uns dort auch als Familie sehr wohlgefühlt.“

Was haben die vier Jahre mit dir gemacht? „Ich bin zum Mann geworden, viel selbstständiger. Auch als Familie war es eine tolle Erfahrung. Wir hatten damals gerade unser erstes Kind bekommen und erlebten die Zeit zu dritt sehr intensiv. Bordeaux ist ja ein Stückchen weg von München, wir hatten also nicht so oft Besuch. Aber wir hatten uns.“

Deine Eltern kommen aus Italien. Warum hast du eigentlich nie dort gespielt? „Nach 2012 hatte ich gefühlt Anfragen von jedem Club aus Italien. Aber Bayern ist eben mein Herzensverein. Und ich bin ein loyaler Typ.“

Wenn du auf deine Karriere zurückblickst: Würdest du wieder alles genauso   machen? „Ich war bei tollen Vereinen, in tollen Städten. Nur mein Kreuzbandriss war blöd. Nach vier Jahren in Bordeaux wollte ich noch mal in der Bundesliga durchstarten und bin nach Düsseldorf gewechselt, der Club war damals gerade aufgestiegen. Nach sechs Wochen habe ich mir das Kreuzband gerissen. Danach habe ich eineinhalb Jahre gebraucht, um wieder fit zu werden. Und dann kam die Pandemie, Lockdown. Das hat es nicht einfacher gemacht, einen neuen Club zu finden.“

Wie fühlt es sich für dich jetzt an, wieder regelmäßig an die Säbener Straße zu fahren? „Es ist anders als früher. Allein schon, weil es damals nicht so viele Gebäude und so viele Mitarbeiter gab wie heute. Aber den Kunstrasenplatz, auf dem ich selbst  15 Jahre lang gespielt habe, den gibt es noch. Es ist ein schönes Gefühl, nach Hause zu kommen. Der FC Bayern ist meine Heimat.“

© Bilder: Maria Irl

Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe des FC Bayern-Mitgliedermagazins  „51“ erschienen:

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