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·25. Dezember 2023
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An Heiligabend gab Manchester United offiziell bekannt, dass INEOS-Gründer Jim Ratcliffe eine Minderheitsbeteiligung erworben hat, 25 % der Anteile kaufte. Nach einem langen Prozess wurde der Deal nun also abgeschlossen. Doch warum hat es so lange gedauert? Und was passiert jetzt? Welche Auswirkungen wird der Deal auf den Klub und handelnde Personen haben? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Am Sonntag gab Manchester United bekannt, dass Jim Ratcliffe bei den Red Devils als Anteilseigner einsteigt, 25 % der Anteile erworben hat. Schon in der Pressemitteilung des 1,4-Milliarden-Euro-Deals wurde bekannt gegeben, dass bis zu 270 Millionen Euro in das Stadion des Klubs, das Old Trafford, investiert wird. Zwar bleibt die bei vielen Fans unbeliebte Glazer-Familie Mehrheitseigner, dennoch könnte es zu einem Aufschwung beim Traditionsklub kommen, der zurzeit in einer Krise steckt, komplett aus dem Europapokal ausgeschieden ist und in der Premier League nur hinterherläuft.
Das Interesse von INEOS-Gründer Jim Ratcliffe war schon lange bekannt. Doch er war nicht der einzige potenzielle neue Anteilseigner. Auch der katarische Scheich Jassim bin Hamad Al Thani hatte Interesse bekundet, nach geraumer Zeit aber sein Angebot für den Klub komplett zurückgezogen. Die Verzögerung des Deals lag auch daran, dass beide Parteien ein Pokerspiel abzogen, mit ihren Angeboten den Gegenspieler ausstechen wollten. Auch Manchester United pokerte zwischenzeitlich. Ob die Glazers alle Anteile abgeben, nur einen Teil oder sich gar nur den potenziellen Markt anschauen, war ebenfalls zunächst unklar.
Als es auf Jim Ratcliffe und die Minderheitsbeteiligung hinauslief, mussten viele Dinge geklärt werden. Die genaue Struktur von Deal und Zahlung war zu klären, auch die zukünftige Aufgabenverteilung. Noch dazu waren bürokratische Prozesse abzuwickeln, die ebenfalls eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Das ist leicht zu beantworten: Jim Ratcliffe erwarb die 25 % Anteile im Austausch für die sportliche Kontrolle bei Manchester United. Das heißt, dass er die Personalentscheidungen trifft, er im Klub einen Kurs vorgibt, zusammen mit einigen Experten, die ihm zur Seite stehen. Die Glazers haben rein sportlich nicht mehr den Hut auf. Schnell wird angesichts der Aussagen der INEOS-Verantwortlichen für dieses Projekt klar, dass United wieder zu altem Glanz zurückfinden soll: „Wir möchten dabei helfen, das nächste Kapitel einzuleiten und die Kultur des englischen Fußballs zu vertiefen, indem wir den Verein wieder zu einem Leuchtturm für einen modernen, fortschrittlichen und fanorientierten Ansatz der Eigentümerschaft machen.“
(Photo by Stu Forster/Getty Images)
Nein. Das stand zwar zur Debatte, denn die Glazers besaßen rund 69 Prozent des Vereins, während etwa 31 Prozent der Aktion von Nicht-Familienmitgliedern gehalten wurden, zumeist von institutionellen Anlegern. Zunächst richtete sich das Ratcliffe-Gebot nur auf den Aktienbesitz der Glazers, doch während der Verhandlungen gab es Anpassungen. Zunächst wurde ein Deal eingefädelt, der Ratcliffe mehr als 50 Prozent eingebracht hätte, die Glazers wären aber als Minderheitsaktionäre geblieben.
Als die angesprochene kanarische Gruppe ihr Angebot im Oktober zurückzog, wurde dann auch das Angebot von INEOS angepasst, die 25 % wurden in den Gesprächen fixiert.
Das ist bisher noch nicht final geklärt. Einige Ideen werden die neuen Verantwortlichen natürlich schon vorher entwickelt haben, anderes wird sich anhand der ersten Gespräche ergeben. INEOS wird sich ein Bild von Erik ten Hag und seiner Eignung für die Rolle als Trainer von Manchester United machen, indem es die fußballerischen Leistungen und die Statistiken von United bewertet, obwohl Personen, die dem INEOS-Angebot nahe stehen, zuvor ihre Bewunderung für die Arbeit von Ten Hag in Old Trafford zum Ausdruck gebracht haben.
Der Vorstandsvorsitzende von United, Richard Arnold, wird seine Funktion zum Jahresende aufgeben und interimistisch ersetzt. Die Zukunft des Sportlichen Leiters John Murtough ist unklar. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein Sportdirektor ernannt werden könnte, der das operative Geschäft leitet, sowie einen Transferspezialisten, der die Personalbeschaffung verbessern soll. Dies wurde von einigen als Endstation für Murtough interpretiert, und einige Leute im Verein rechnen mit seinem Abgang, aber Quellen betonen, dass noch keine Entscheidung gefallen ist. Im Mittelpunkt stehen außerdem Verbesserungen im Jugendbereich, auch die Trainingsarbeit generell soll sich verändern.
INEOS und Jim Ratcliffe sind im Fußballgeschäft keine unbekannten. Schon 2021 gab es den Einstieg beim französischen Traditionsklub OGC Nizza. Zu Beginn hagelte es Kritik, weil einige Entscheidungen getroffen wurden, die sich später als falsch herausstellten. So hieß es zum Beispiel, dass man sich in Ebene der Verantwortlichen zu viel auf Zahlen und Statistiken verlassen hat, aber einige wichtige Komponenten bei der Zusammenstellung des Kaders und des Trainerteams vernachlässigt hat.
Mittlerweile allerdings laufen die Dinge besser. Die Homogenität im Kader ist vorhanden, einige kluge Entscheidungen führten dazu, dass Nizza zu einem Topteam mit einer der besten Abwehrreihen in Europa wurde. Aus den Fehlern wurde also gelernt.
INEOS hält nur 25 Prozent der Anteile an United und Nizza spielt in dieser Saison ohnehin nicht in Europa, so dass Ratcliffe heikle Fragen zu Interessenkonflikten und Multi-Club-Ownership aufschieben kann… vorerst. Der OGC Nizza ist allerdings auf Kurs Europa und somit wird sich das Thema nicht ewig verhindern lassen. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass Ratcliffe den Verein aus der Ligue 1 verkaufen will, wobei dahingehend noch viele Detailfragen zu klären sind.
Nun, diese Frage ist quasi am schwierigsten zu beantworten. Die Vorzeichen stehen nicht schlecht, dass es zu einigen Veränderungen bei Manchester United kommen wird, von denen die Red Devils profitieren. Eine Neustrukturierung im Bereich der handelnden Personen kann nicht schaden, um Fehler der letzten Jahre einerseits zu identifizieren und im Idealfall nicht zu wiederholen. Das alleine reicht aber nicht aus, um den Abstand zu den anderen Klubs komplett zu reduzieren. Es muss eine neue Leitidee entwickelt, nach dieser gehandelt werden und zudem ein Umbruch im Klub stattfinden, der diese Bezeichnung auch verdient hat.
(Photo by Alex Livesey/Getty Images)