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Lukas Brems·20. Juni 2023
Die kuriosesten Transfers ever: Ein Real-Fan für den FC Barcelona

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Lukas Brems·20. Juni 2023
„Viele werden heute beim Lesen dieser Nachricht gedacht haben, dass es sich um Fake News handelt“, schrieb die ‚Marca‘ im Januar 2019 und nannte den Transfer „skurril“. Wenige Stunden später wurde Kevin-Prince Boateng beim FC Barcelona vorgestellt.
Von Beginn an stand Boatengs Engagement unter keinem guten Stern. In Interviews hatte der Berliner mehrfach betont, Real-Madrid-Fan zu sein. Für Real zu spielen sei sein Kindheitstraum gewesen, so Boateng. In Anlehnung daran (und an seinen Namen) habe er sich eine Krone auf den Hals tätowieren lassen, berichtete er 2014 der ‚Sportbild‘.
Als Boateng dann im Januar 2019 in Barcelona vorgestellt wurde, kramte die spanische Presse solche Zitate freudig aus. „Die Message von Barcelona durch diesen Wechsel ist ganz klar: wir haben zurzeit nicht viel Geld übrig“, sagte Eurosport-Journalist Jorge Ordas seinerzeit. Am Ende zahlte Barca angeblich knapp eine Million Euro als Leihgebühr an US Sassuolo aus der Serie A. Hier hatte Boateng gerade ein halbes Jahr gespielt.
Zudem drängte sich die Frage auf: Was wollen die Spanier mit einem 31-Jährigen Teilzeitspieler, dessen physischer Zustand zumindest als fragil beschrieben werden konnte? Auch Boateng selbst konnte es anfangs nicht so ganz glauben: „Ich dachte, dass Espanyol mich haben wollte, nicht das eigentliche Barcelona“, erzählte er im Gespräch mit ‚DAZN‘.
Geholt wurde Boateng als Back-Up für Luis Suarez, der zwar immer noch treffsicher war, aber mit ständigen Problemen im Knie zu kämpfen hatte und entsprechende Pausen benötigte. Laut der spanischen Zeitung ‚AS‘ soll sich Barça damals auch mit einem schlaksigen, blonden Norweger befasst haben. Die Verantwortlichen stuften den 18-jährigen allerdings als zu „ungeschliffen“ ein. Sein Name: Erling Haaland.
Statt Talent also Erfahrung. Auch das sagte viel über den Zustand der Katalanen im Jahr 2019 aus.
Klar, im Trikot des AC Mailand war Boateng ein Spektakelspieler gewesen. Zeitweise vielleicht einer der aufregendsten Profis Europas. Aber das war zu diesem Zeitpunkt auch schon fast sechs Jahre her.
Barça wollte als Backup einen, der nicht lange braucht, um sich anzupassen. Aber eben auch jemanden, der sich ohne zu Murren auf die Bank setzen würde. Dass Boateng in der Vergangenheit nicht unbedingt als Leisetreter bekannt geworden war? Geschenkt! „Ich bin hier, um meine Erfahrung einzubringen, zu helfen und Messi zuzuschauen“, gab Boateng gleich mal seine Job-Beschreibung frei Haus mit.
Bei seiner Vorstellung zeigte sich Boateng dankbar („Wäre auch nach Barcelona gelaufen“) – und ehrgeizig. Er hoffe, sich für einen längeren Verbleib zu empfehlen und sei hier, „um alles zu gewinnen“. Barça-Trainer Ernesto Valverde, der bei dem Transfer ohnehin Bedenken gehabt haben soll, konnte Boateng allerdings nicht von sich überzeugen. In nur vier Pflichtspielen kam er zum Einsatz und stand damit häufiger nicht im Kader als auf dem Feld.
Stattdessen verärgerte er die Verantwortlichen, weil er nicht zu einem freiwilligen Training erschien, das für alle Spieler vorgesehen war, die nicht auf Länderspielreise waren.
Die Kaufoption in Höhe von acht Millionen Euro ließ Barcelona verstreichen. Auch Sassuolo fand keine Verwendung mehr für Boateng und transferierte ihn weiter an den AC Florenz. Trotzdem nannte Boateng bei ‚DAZN‘ die Zeit in Barcelona „unglaublich“, dort habe er „mit die aufregendsten Erfahrungen“ seiner Karriere gemacht.
Besonders Lionel Messi beeindruckte ihn nachhaltig: „Ich hatte immer gesagt, dass Ronaldo der Stärkste der Welt ist, aber Messi ist etwas Anderes, das ist nicht normal.“ Nach einen halben Jahr bei Barça wurde so aus dem Ronaldo – also ein Messi-Fan.
Die skurrile Transfergeschichte endete so abrupt, wie sie begonnen hatte. Rund fünf Monate, nachdem der FC Barcelona die Fußballwelt mit dem Boateng-Transfer überrascht hatte, trennten sich die Wege von Klub und Spieler auch schon wieder. Ein sportlich wenig erfolgreiches, aber dafür in vielerlei Hinsicht kurioses Gastspiel.