Der Herausforderer: Wie Lazio unter Simone Inzaghi zum Titelkandidaten wurde | OneFootball

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·15. Februar 2020

Der Herausforderer: Wie Lazio unter Simone Inzaghi zum Titelkandidaten wurde

Artikelbild:Der Herausforderer: Wie Lazio unter Simone Inzaghi zum Titelkandidaten wurde

Juventus Turin gewinnt in der italienischen Serie A einen Titel nach dem anderen. Seit der AC Mailand in der Saison 2010/2011 sah Italien keinen anderen Meister mehr als Juventus, seitdem versuchen Klubs wie Inter, die Roma und Neapel die Phalanx der “Vecchia Signora” zu durchbrechen, bisher erfolglos. Gelingt es Lazio in dieser Saison?

Dreikampf um den Scudetto

Alleine, dass der Blick auf die Tabelle der Serie A nach 23 Spieltagen einen Dreikampf um den Scudetto verspricht, lässt die Herzen der Fußballfans in Italien höher schlagen. Und dabei spielt Juventus keine katastrophale Saison, auch wenn sechs sieglose Spiele zum jetzigen Zeitpunkt zumindest nicht ideal sind. Der Grund für die enge Lage an der Tabellenspitze: Die Nerazzurri und auch Lazio Rom spielen einfach sehr, sehr gut.


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Den Aufschwung von Inter haben wir bereits letzte Woche unter die Lupe genommen. Doch wo liegen die Gründe für die starke Saison von Lazio? Der Klub aus der Hauptstadt hat es bisher geschafft, die Konkurrenz aus Bergamo oder den Stadtrivalen, die Roma, auf 11 respektive 14 Punkte zu distanzieren. Hinter Inter und Juventus (beide 54) ist Lazio mit 53 Punkten die dritte Kraft in Italien. Und am Wochenende empfängt Lazio ausgerechnet Inter.

Lazio: Leistungsexplosion nach der dritten Inzaghi-Saison

Simone Inzaghi ist bei Lazio bereits seit April 2016 im Amt, also mittlerweile bereits fast vier Jahre. In seiner ersten kompletten Saison als Trainer des Klubs erreichte man den fünften Rang, die gleiche Platzierung folgte 2018 sowie ein enttäuschender achter Platz in der vergangenen Saison. Damit war man in der Hauptstadt nicht zufrieden, sprach dem Trainer aber das uneingeschränkte Vertrauen aus.

Im Sommer wurde der Kader dann auf mehreren Positionen verstärkt, ohne allzu viel Geld auszugeben. Zu den prominentesten Neuzugängen gehörten Denis Vavro (23, Kopenhagen), der für 10,5 Millionen Euro zu Lazio wechselte, und Manuel Lazzari (25, SPAL), der 11 Millionen Euro kostete. Die ganz großen Namen lotste man also nicht nach Rom, vielmehr drehte Inzaghi innerhalb der Mannschaft an den richtigen Stellschrauben und schaffte es, ein taktisches Konstrukt zu generieren, das auf die Schlüsselspieler zugeschnitten ist.

Milinkovic, Alberto, Immobile: Die Achse des Erfolgs

Zu diesen Schlüsselspielern gehört Sergej Milinkovic-Savic. Der Hype um den serbischen Mittelfeldspieler, der noch vor wenigen Transferperioden mit astronomischen Summen zu zahlreichen Topklubs geschrieben wurde, ebbte ein wenig ab. In dieser Spielzeit wäre er aber gerechtfertigt, denn der in der Vergangenheit punktuell etwas zu wild anmutende Box-to-Box-Player hat sein Gleichgewicht im Spiel gefunden. Mit vier Toren und sieben Vorlagen in 28 Pflichtspielen ist der Offensivdrang noch immer spürbar, aber Milinkovic stellt sich häufiger in den Dienst der Mannschaft, spielt vorausschauender und fügt sich ebenso gut in das Defensivkonstrukt Inzaghis ein wie er Akzente nach vorne setzt.

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Noch wichtiger – zumindest für das Offensivspiel – ist Luis Alberto. Der Spanier spielt im 3-5-2-System von Inzaghi den offensivsten Part im Mittelfeldzentrum fungiert als Verbindungsspieler zwischen Mittelfeld und Angriff. Alberto beherrscht es, ein Spiel zu lesen, den Ball zu halten und das Tempo zu variieren. Seine schnellen Bewegungen im Zentrum, sein Verständnis für sich bietende Räume und die Fähigkeit, auch unter Druck über eine lange Distanz punktgenaue Bälle zu spielen, machen ihn zu einem idealen Vorbereiter. Vier Tore und starke 13 Vorlagen in dieser Saison unterstreichen seine Qualitäten.

Doch Vorbereiter wären ohne einen klassischen Torjäger nur halb so viel wert. Damit ist natürlich Ciro Immobile gemeint. Im internationalen Vergleich wird zurecht sehr viel über Luis Suarez, Robert Lewandowski, Karim Benzema oder Sergio Agüero gesprochen, doch die Quote von Ciro Immobile in dieser Saison ist überragend. Natürlich erzielte der Italiener einige Tore auch per Elfmeter, aber 25 Tore und sechs Vorlagen in 23 Ligaspielen sind ein überragender Wert, der nicht ohne seine starken Mitspieler zu erreichen wäre. Immobile ist kaum auszuschalten, sicher vom Punkt, trifft mit links und rechts, kann mit Räumen umgehen, benötigt aber nicht zwingend Platz, weil er auch unter Druck instinktiv das Richtige tut.

Viel Arbeit und ein starkes Kollektiv in der Defensive

Die Topstars von Lazio könnten aber nicht in dieser Form glänzen, wenn ihnen Simone Inzaghi nicht die idealen Partner zur Seite stellen würde. Im Mittelfeldzentrum ist das oft Marco Parolo, der viele Lücken zuläuft, aber auch ein Lucas Leiva, der mit seiner Erfahrung eine Mannschaft lenken kann. Immobile hingegen profitiert entweder von Felipe Caicedo, der mit seiner Physis die gegnerische Defensive bearbeitet und Lücken frei räumt oder vom sehr umtriebigen Joaquin Correa, der sehr intelligente Laufwege nutzt, um Verteidiger aus dem Konstrukt zu lösen, Wege zu schaffen und Immobile auch einmal aus der Tiefe bedienen kann. Es gibt also nicht die eine Lösung, die Lazio im Spiel nach vorne hat, mehrere Angriffsmuster können zum Erfolg führen.

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Ohne eine gute Defensive würde aber auch die Offensivqualität nicht viel helfen. Und genau hier kommt Trainer Inzaghi ins Spiel. Ohne signifikante personelle Verbesserungen hat Inzaghi aus einer Defensive, die in der Vorsaison noch durch einige Wackler auffiel, eine stabile Abwehr geschaffen. Mit 20 Gegentoren stellt Lazio – gemeinsam mit Inter – die beste Defensive der gesamten Serie A, weil im Kollektiv hervorragend verteidigt wird.

Das vorhandene Personal, namentlich Francesco Acerbi, Luiz Felipe, Denis Vavro, Stefan Radu, Bastos und Patric, ist zwar gut, aber fällt individuell im Vergleich zu Mannschaften wie Inter, Juventus oder gar Neapel ab. Die Automatismen, die sich über die Jahre entwickelt haben, das Vertrauen des einen Spielers in den anderen und die Tatsache, dass Fehler ausgebügelt werden, machen die Defensive der Laziali so stark. Es ist also definitiv auch ein großer Pluspunkt von Inzaghi, dass er eben nicht veranlasst hat, viel Geld zu investieren, um die Defensive individuell zu verstärken. Die Abstimmung wurde verbessert, die gesamte Mannschaft spielt sehr diszipliniert und geht das Risiko nur dann, wenn es wirklich sinnvoll erscheint.

Kann Lazio der große Wurf gelingen?

Die Mannschaft wirkt insgesamt in sich gefestigt und enorm stabil. Die letzte Niederlage in der Liga musste man im Hinspiel hinnehmen, als bei Inter mit 0:1 verloren wurde – Ende September! Seitdem marschiert Lazio ungeschlagen durch die Serie A, trotzdem reden viele im Titelkampf lediglich von Juventus und Inter. Genau hier liegt die Chance für den Verein aus der Hauptstadt. Ein weiterer Faktor ist die  Tatsache, dass Lazio nicht mehr im Europapokal spielt und auch in der Coppa Italia ausgeschieden ist. Inzaghi und seine Mannschaft können sich vollends auf die Liga konzentrieren!

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Dennoch muss alles passen, damit Lazio bis zum Saisonende oben dabei bleibt. Irgendwann werden die Nerven nämlich auch eine Rolle spielen und in diesen Momenten muss die Defensive weiterhin hochkonzentriert agieren, die Anpassungen im Spiel müssen stimmen und vor allem muss Ciro Immobile weiterhin stabil treffen. Der Weg ist insgesamt also noch sehr weit, dass Lazio am Ende aber der lachende Dritte im Titelkampf wird, ist aber keinesfalls auszuschließen.

Photo by ANDREAS SOLARO/AFP via Getty Images)

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