Dele Alli: Interview zu sexuellem Missbrauch und Tabletten-Abhängigkeit | OneFootball

In einem beachtlich ehrlichen Interview mit dem englischen TV-Experten und Ex-Nationalspieler Gary Neville erzählt Dele Alli von seiner schwierigen Kindheit. Der Premier-League-Star wurde mit nur sechs Jahren sexuell missbraucht. Später verkaufte er Drogen. Aufgrund der Abhängigkeit von Schlaftabletten und übermäßigem Alkoholkonsum war er zuletzt in Behandlung.

"Mit sechs Jahren wurde ich (sexuell; Anm. d. Red.) missbraucht", gesteht Dele Alli im Gespräch mit Gary Neville für dessen YouTube-Format The Overlap. Davon traumatisiert, geriet der heutige Premier-League-Star auf die schiefe Bahn. "Mit sieben Jahren fing ich an zu rauchen und mit acht Jahren fing ich an, Drogen zu verkaufen", erinnert sich der mittlerweile 27-Jährige zurück. Der Profi des FC Everton, der in Milton Keynes, einer Stadt im Südosten Englands zur Welt kam und aufwuchs, berichtet: "Eine ältere Person sagte mir, dass sie ein Kind auf einem Fahrrad nicht aufhalten würden, also fuhr ich mit meinem Fußball herum und hatte darunter Drogen."

Alli kommen die Tränen, Neville ist gerührt

Als Alli von seinen schrecklichen Erfahrungen berichtet, weint er. Auch Neville wird emotional, ihm kommen die Tränen. Letztlich habe sich sein Leben verändert, als er im Alter von 12 Jahren von "einer wunderbaren Familie" adoptiert wurde, so Alli. Seine alkoholabhängige Mutter hatte ihn damals abgegeben, weil ihr der Verlust des Sorgerechts gedroht hatte. Für Alli öffnete sich damit die Tür zu einem vermeintlich besseren Leben. "Ich hätte mir keine besseren Menschen für das wünschen können, was sie für mich getan haben", sagt der 37-fache Nationalspieler über seine Adoptivfamilie. "Wenn Gott Menschen erschaffen hat, dann waren sie es - sie waren unglaublich und haben mir sehr geholfen."

Eine große Ablenkung fand Alli zudem beim Fußballspielen. Der Offensivspieler galt früh als eines der verheißungsvollsten Talente Englands. Als er bei Tottenham Hotspur sein Potential aufblitzen ließ, wurde ihm sogar eine Weltkarriere prophezeit. Doch seine Leistungen schwankten, der ganz große Durchbruch blieb aus. So ging es für ihn im Januar 2022 zum FC Everton und von dort in der vorigen Saison leihweise in die Türkei zu Besiktas. Dort holten ihn seine Traumata ein.

"Ich glaube, das ist im Fußball weiter verbreitet, als den Leuten bewusst ist"

Alli offenbart gegenüber Neville, er habe sich in den letzten Monaten wegen seiner Abhängigkeit von Schlaftabletten und übermäßigem Alkoholkonsum für sechs Wochen in eine Reha-Einrichtung in den USA begeben. "Ich habe es lange Zeit gemacht, ohne es zu merken. Ich habe es gemacht, um meine Gefühle zu betäuben - ich habe nicht gemerkt, dass ich es zu diesem Zweck gemacht habe", sagt Alli und erläutert: "Wahrscheinlich ist das ein Problem, das nicht nur ich habe, ich glaube, das ist im Fußball weiter verbreitet, als den Leuten bewusst ist." Er habe die Medikamente und den Alkohol "definitiv zu sehr missbraucht".

Für ihn selbst sei es allein nicht leicht gewesen, davon loszukommen. "Ich habe nicht verstanden, wie schlimm es war, aber ich habe mich nie mit der Wurzel des Problems befasst - als ich aufwuchs, mit den Traumata, die ich hatte, mit den Gefühlen, die ich hatte, und ich habe versucht, mit all dem allein fertig zu werden", sagt Alli und konstatiert: "Ich habe mich ein paar Jahre lang selbst verloren." Nach seiner Leihe zu Besiktas ist er nun zurück bei Everton. Dort will er es den Fans noch einmal beweisen.