Beth Mead "on fire": Edeltechnikerin mit wiederentdecktem Torriecher | OneFootball

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·20. Juli 2022

Beth Mead "on fire": Edeltechnikerin mit wiederentdecktem Torriecher

Artikelbild:Beth Mead "on fire": Edeltechnikerin mit wiederentdecktem Torriecher

Die Gruppenphase der EM ist vorbei, und in den Diskussionen um Enttäuschungen, Überraschungen und die Leistungen der Favoritinnen geht es immer auch um die herausragenden Spielerinnen der Gruppenphase. Ein Name fällt dabei oft: Beth Mead, aktuell mit fünf Toren beste Torschützin des Turniers. Die rechte Flügelspielerin spielt mit so viel Selbstvertrauen wie nie und zeigt nach einer schwierigen Phase in der Karriere nun, was in ihr steckt.

Nach Phil Neville und Hege Riise: Mead hat das Vertrauen von Sarina Wiegman

Fish and Chips sind etwas, woran viele direkt denken, wenn sie "England" hören. Bei dem Stichwort "England" denken viele, zumindest Fußballfans, nun auch an Beth Mead, die mit ihren bisherigen Leistungen eine der Spielerinnen der Gruppenphase ist. Was Fish and Chips und Beth Mead verbindet? Dafür muss man ein wenig in der Zeit zurückgehen - in die Ära, als noch Phil Neville Trainer der "Lionesses" war. Der nordirische Trainer Kenny Shiels hat neulich erklärt, Neville habe die Grundlage für den jetzigen Erfolg der Engländerinnen gelegt - eine Meinung, mit der er ziemlich allein dasteht, hatte Neville doch einen eher biederen und auch wenig erfolgreichen Fußball gepflegt.


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Außerdem ging er mit den Spielerinnen nicht immer zimperlich um und scheute sich nicht, öffentlich Kritik an ihnen zu üben. Womit wir wieder bei Beth Mead und den Fish and Chips wären, denn er sagte damals, sie sei "zu entspannt" und warf ihr vor, "gerne nach Whitley Bay (englische Kleinstadt, a.d.r.) zu fahren und Fish and Chips zu essen", statt Engagement und Ehrgeiz zu zeigen. Eine Aussage, die aus dem Mund der jetzigen England-Trainerin Sarina Wiegman wohl kaum gekommen wäre, Mead sagt selbst, sie sei mit dem Nationalteam noch nie glücklicher gewesen als nun unter Wiegman.

Vielleicht wenig verwunderlich, denn auch die Nachfolgerin von Phil Neville, Interimstrainerin Hege Riise, setzte nicht auf Mead und nahm die Arsenal-Spielerin nicht zu den Olympischen Spielen mit. Heute sagt die Stürmerin, dass sie darüber hinweg ist, die Enttäuschung aber immer noch als Motivation nutzen kann. Angesichts ihrer herausragenden Leistungen diese Saison scheint es rätselhaft, warum Riise diese Spielerin damals nicht mitgenommen hat - aber vor einem Jahr war Mead inkonstanter als jetzt, zeigte immer wieder ihr Potenzial, aber konnte es selten komplett nutzen.

Positionswechsel bei Arsenal und Anfangsschwierigkeiten

Auch unter den Arsenal-Fans war sie damals noch umstritten, während sie jetzt zur "Spielerin der Saison" gewählt wurde. Meads Karriere zeigt auch, wie schnell sich die Meinungen ändern können, und wie sehr verschiedene Positionen und Trainer die Leistungen einer Spielerinnen beeinflussen. Rückblickend scheinen die Trainer- und Positionswechsel Mead nicht geschadet zu haben, zeigt sie diesen Sommer doch genau die Stärken, die sie auf ihrer früheren Position gebraucht hat.

Ursprünglich war Mead nämlich als klassische Nummer Neun, als Mittelstürmerin, nach Nord-London gekommen. Und das mit der sehr guten Empfehlung von 77 Toren in 78 Spielen für ihren ersten Verein, dem Sunderland AFC, dem sie sich mit 16 Jahren anschloss. Nachdem sie 2015 die beste Torschützin der englischen Liga gewesen war, kam sie im Winter 2017 zu Arsenal, wo damals Pedro Martinez Losa der Trainer war.

Bei Arsenal konnte sie diese Quote nicht mehr aufrechterhalten, denn als ein halbes Jahr später auch Vivianne Miedema zu Arsenal kam, war die Mittelstürmerinnen-Position besetzt. Mead fand sich nicht auf der Bank wieder, aber auf einer ungewohnten Position - zum ersten Mal in ihrer Karriere spielte sie als Flügelspielerin, was ihr zunächst schwerfiel. In die ungewohnte Rolle wuchs Mead mit der Zeit herein und kam 2018 auch zu ihrem Debüt im "Lionesses"-Trikot. In der Saison 2018/19 schien es dann so, als wären die Anfangsschwierigkeiten bei Arsenal vergessen und Mead zeigte über die gesamte Saison starke Leistungen, kreierte 54 Chancen und gewann mit Arsenal die Liga

Selbstzweifel sind diese Saison weniger geworden

Dann aber kamen Corona und eine Knieverletzung, und als Mead zurückkam, war die alte Form nicht mehr da. Die 2020/21 Saison verlief eher durchwachsen, besonders kritisiert wurden ihre nur vier Treffer. Wo war ihr der Instinkt für das Toreschießen abhanden gekommen?

Mead sagt selbst über sich, dass sie eine Spielerin ist, für die Selbstvertrauen sehr wichtig ist. Viel habe sie mit Selbstzweifeln zu kämpfen, sagte in einem Interview 2021, sie sei ihr "eigenster schlimmster Feind". Oft wurde zu Beginn der Saison noch darüber gesprochen, dass sie in sehr guter Form sei, Mead zeigte dann aber über die gesamte Spielzeit sehr gute Leistungen und nun wird trotz ihrer Leistungen kaum mehr von Formstärke gesprochen - vielmehr schafft sie es nun, ihr Potenzial abzurufen.

Die letzte Saison hat ihr wenig Anlass zum Zweifeln gegeben, denn unter dem neuen Trainer Jonas Eidevall spielt Arsenal mit einem hohen Pressing, direkt nach vorne und mit viel Freiheit für die Stürmerinnen. Durchaus ein Unterschied zu Vorgänger Joe Montemurro, der auf Ballbesitzfußball setzte und weniger Tempo forderte.

Fleißig im Pressing und durchsetzungsstark

Dieser Wechsel tat Mead gut und unter Eidevall blühte sie auf und wurde mit ihrer Aggressivität im Pressing und Laufbereitschaft, ihrer Ballannahme und Technik sowie ihrem wiederentdeckten Riecher für das Toreschießen zur wichtigsten Arsenal-Spielerin diese Saison.

Mead gelingt es sehr gut, die Außenverteidigerinnen unter Druck zu setzen, was auch gegen Norwegen wieder zu sehen war. Sie setzt dabei auch ihre Körper gut ein, um ihre Gegenspielerin in Bedrängnis zu bringen. "Wenn sie so durchsetzungsstark und aggressiv ist, ist sie meiner Meinung nach Weltklasse", sagte Eidevall diese Saison. Auch bei Offensiv-Zweikämpfen helfen ihr diese Qualitäten.

Sehr gute Ballannahme und Technik

Wenn sie einmal den Ball gewonnen hat, ist Mead für die Gegenspielerinnen recht schwer auszurechnen - ihre Flanken sind sehr gut, aber sie findet auch viele Lücken für Pässe. Fünf progressive Pässe spielte sie diese Saison pro 90 Minuten durchschnittlich, was ein Spitzenwert ist - gleichzeitig nahm sie auch zehn dieser Pässe in Empfang, was zeigt, dass sie nun nicht mehr nur Vorlagengeberin, sondern immer öfter auch Vollstreckerin ist.

Sehr auffällig ist ihre Technik, die sie etwa bei dem 1:0 gegen Österreich eindrucksvoll unter Beweis stellte, als sie den Pass von Fran Kirby perfekt in kurzer Zeit annahm und den Ball über Manuela Zinsberger chippte. Ihre Ballannahme, egal ob aus der Luft oder am Boden, ist Weltklasse, sehr selten nur verspringt Mead mal ein Ball.

Und dazu kommt jetzt noch das Toreschießen - gegen Norwegen sogar mit dem Kopf, was eigentlich die größte Schwachstelle in ihrem Spiel ist. Mit 1,63 Metern ist Mead nicht besonders groß gewachsen, gewann letzte Saison im Durchschnitt nicht mal ein Kopfballduell pro Spiel. Dass ihr selbst auf diese Art und Weise nun ein Treffer gelungen ist, zeigt, dass es gerade einfach läuft bei ihr. Jeder Schuss ein Treffer - so die Bilanz von Mead nach der Gruppenphase.

Die Gegner in der Gruppenphase haben, mit der Ausnahme von Österreich, allerdings auch keine besonders guten Leistungen in der Verteidigung gebracht, zudem hilft es Mead, dass andere Teamkolleginnen wie Fran Kirby oder Lauren Hemp ebenfalls stark spielten. Gegen Spanien wird England vermutlich weniger Chancen haben, auf Meads Technik und Effizienz wird es also wieder ankommen. Falls es besonders gut läuft für England, kann sie am Ende als Belohnung vielleicht ganz entspannt Fish and Chips essen gehen - Sarina Wiegman würde es ihr wohl kaum übel nehmen.

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