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Giacomo Galardini·9. April 2021
🎙 Barzagli exklusiv: "Hatte eine schwierige Beziehung zu Magath"

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Giacomo Galardini·9. April 2021
Zweieinhalb Jahre spielte Andrea Barzagli für den VfL Wolfsburg und gewann 2009 die Deutsche Meisterschaft. Im Interview mit ‚OneFootball‘ spricht er über den Titelgewinn, seine Beziehung zu Felix Magath und den größten Fehler, den er in seiner Zeit bei den Niedersachsen beging.
30 Monate und 94 Spiele für Wolfsburg: Was ist für einen Verteidiger der größte Unterschied zwischen der Serie A und der Bundesliga?
Zwischen den beiden Ligen gibt es viele Unterschiede. Das Erste betrifft den taktischen Bereich: In Italien beschäftigen wir uns mit diesem Aspekt sehr viel mehr und der Unterschied ist offensichtlich. In Deutschland geht die Tendenz eher zu einem offensiveren, aggressiveren Spielstil und Verteidiger müssen wissen, wie sie im Eins-gegen-Eins verteidigen und mehr Raum auf dem Platz abdecken können. Es ist klar, dass seit meiner Erfahrung einige Zeit vergangen ist, aber jede Liga ist aufgrund ihrer Tradition und ihrer Kultur anders als die anderen Ligen.
Was wusstest du von der Stadt Wolfsburg bevor Du gewechselt bist? Was hast Du gedacht, nachdem Du herausgefunden hast, dass sie eher klein ist.
Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht viel von der Stadt. Natürlich habe ich im Internet geguckt, was mich erwarten würde. Aber die Tatsache, dass die Stadt klein ist, hat meine Entscheidung nicht beeinflusst.
Wolfsburg hat viele Einwohner mit italienischen Wurzeln: War das ein Faktor für Deine Entscheidung? Hat es Dir geholfen, während Du da warst?
Die italienische Gemeinde war kein Faktor, als ich mich entschieden habe, nach Wolfsburg zu gehen. Aber sie war von großer Bedeutung, während ich da war. Viele Italiener haben uns täglich geholfen und haben es geschafft, dass sich die Heimat nicht so fern angefühlt hat. Sie waren während der zweieinhalbjährigen Erfahrung in Deutschland sehr wichtig für uns.
Felix Magath war als Trainer sehr auf den physischen und athletischen Teil des Spiels fokussiert. Wie hast Du dich mit ihm verstanden?
Während des ersten Jahres – bis zur Hälfte der Saison – hatte ich eine schwierige Beziehung zu Magath. Um ehrlich zu sein, war ich derjenige, der daran die Schuld trägt, denn ich habe nicht verstanden, wie sehr er versucht hat, mir dabei zu helfen, mein Bestes zu geben. Ich war 28 Jahre alt und spielte erstmals außerhalb von Italien. Ich hatte nicht die nötige mentale Reife und das nötige Verantwortungsbewusstsein. Magath hat mir geholfen zu verstehen, dass du dich immer verbessern kannst, wenn du bereit bist, über die Grenzen zu gehen und alles zu geben. Natürlich hatte er auch seine raue Art, die ich nicht mochte, aber jetzt schaue ich darauf zurück und lache darüber.
Nach Magaths Abgang bei Wolfsburg hast Du immer weniger gespielt. Warum? Immerhin warst Du Stammspieler während der Meistersaison und später auch bei Juventus, einem deutlich größeren Klub. Ist das ein Zeichen dafür, wie wichtig das Vertrauen zwischen Trainer und Spieler im Fußball ist?
In der zweiten Saison sind wir als Mannschaft von Beginn an schlecht gestartet. Die Bundesliga im Vorjahr zu gewinnen, hat viel zu große Erwartungen geweckt. Alles in allem war der Titel für uns aber ein echtes, kleines Sport-Wunder. Ein „Eine-Saison-Wunder“. Wir waren eine gute Gruppe, aber nicht stark genug, um die Siegesserie aufrecht zu halten. Dazu hat sich noch eine mentale Selbstzufriedenheit eingestellt.
Für mich war es das erste Mal, dass ich so etwas erkennen konnte. Später in meiner Karriere sollte es noch einmal wiederkehren: Nach einem Sieg fängst du an, alles als selbstverständlich anzusehen, aber wenn dir der Hunger fehlt, kannst du im Fußball keinen Erfolg haben. Ich hatte Probleme während der Saison, da ich schlecht spielte und wenig mit dem Trainer sprach. Nicht Deutsch zu lernen, war mein größter Fehler.
Im September hast Du angefangen, die Uefa A-Lizenz zu machen. Kannst Du dir vorstellen, in Zukunft Wolfsburg zu trainieren?
Im Fußball sollte man niemals nie sagen…
Neben dem Platz hast Du in Sizilien noch ein eigenes Weingut namens Casematte. Wie läuft es da?
Mein Weingut wurde durch die Coronakrise ziemlich schwer getroffen, so wie jeder Wirtschaftszweig in diesen herausfordernden Zeiten. Während wir auf bessere Zeiten warten, investieren wir in die Zukunft.
Wie waren Deine Erfahrungen mit Wein in Deutschland?
Wein ist mittlerweile ein weltweites Gut. Deutschland ist berühmt für sein wundervolles Bier, aber ich muss sagen, dass das Interesse an Wein in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Da wir gerade dabei sind: Mein Weingut verkauft Wein auf der ganzen Welt, für Deutschland haben wir aber noch keinen Vertrieb. Wenn Du also jemanden kennen solltest …