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·7. Mai 2024
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Neun Siege in Folge: Bei der Statistik könnte man denken, der DFB-Pokal sei nur ein Sonntagsspaziergang für die Frauen des VfL Wolfsburg. Seit 2014 ist der VfL im Wettbewerb ungeschlagen.
Wer sich auch im Finale mit den Wölfinnen gemessen hat, ob Underdog oder Rivale, alle zogen den Kürzeren. Aber die Endspiele waren oft sehr eng und umkämpft - Wolfsburg gewann dank einem starken Willen zum Comeback, einer starken Offensive und auch dank dem gewissen Quäntchen Glück.
Umkämpfte Zweikämpfe: 2015 gewann Wolfsburg gegen Potsdam / PATRIK STOLLARZ/GettyImages
2015 waren es noch andere Zeiten bei Turbine Potsdam: An der Seitenlinie stand noch Bernd Schröder, der langjährige Turbine-Trainer - heute als knallharter Disziplin-Coach bekannt, der seine Spielerinnen im Training stets an ihr Limit brachte, teils auch zweimal täglich. Im Turbine-Team standen damals Spielerinnen die Tabea Kemme, Torhüterin Anna Sarholz - 2010 als 17-Jährige die Heldin im Champions-League-Finale für Potsdam - und die heutige Schweizer Kapitänin Lia Wälti. Aber auch der VfL konnte mit viel Qualität aufwarten, hatte etwa Caroline Graham Hansen, Nilla Fischer und Almuth Schult in der Startelf. Zur Spielerin des Spiels avancierte Martina Müller, die mit einem Doppelpack und der Vorlage zum 3:0 die Partie zugunsten von Wolfsburg entschied.
Doppelpackerin: Zsanett Jakabfi entschied das Spiel für Wolfsburg / Matthew Ashton/GettyImages
Fast wäre die VfL-Serie schon sehr früh geendet. In der Saison 2015/16 taten sich die Wolfsburgerinnen im Pokal nicht leicht, gewannen dreimal knapp mit 2:1 - gegen Essen, Freiburg und schließlich im Finale gegen den absoluten Underdog SC Sand, der zuvor schon Bayern im Halbfinale geschlagen hatte.In Köln war es ein ausgeglichenes Spiel: Zsanett Jakabfi schien die Hoffnungen von Sand schon früh beendet zu haben, als die Ungarin in der 7. Minute traf. Aber zwanzig Minuten später glich Jovana Damnjanovic - frühere VfL-Stürmerin und inzwischen bei Bayern - für die Badenerinnen aus. Kurz vor der Halbzeit bekam Sand sogar einen klaren Elfmeter nach Foul an Damnjanovic verweigert. Nach der Halbzeit hatte aber auch Sand Glück, da ein Kopfballtor von Popp zu Unrecht nicht gegeben wurde - wenige Minuten später platzte der Traum dann aber, als Jakabfi in der 80. Minute doch die Herzen der Außenseiterinnen brach.
Alexandra Popp beschwerte sich etwas zu vehement mit dem Mittelfinger über ihre gelbe Karte - und flog vom Platz / Oliver Kremer at Pixolli Studios/GettyImages
Gleiche Konstellation, gleiches Ergebnis: In der nächsten Saison konnte der SC Sand bestätigen, dass der Pokal ihnen einfach lag - und stürmte wieder ins Finale.So war ein spannendes Finale angerichtet, das auf den ersten Blick verblüffend ähnlich zum Vorjahr aussieht: Für Sand traf wieder Jovana Damnjanovic, für Wolfsburg eine Doppelpackerin - in dem Fall Pernille Harder. Die Dänin entschied das Spiel mit ihren zwei Treffern (66., 75.) zugunsten von Wolfsburg, aber danach wurde es nochmal chaotisch: Alexandra Popp zeigte der Schiedsrichterin nach einer gelben Karte den Vogel und flog vom Platz, direkt danach traf Damnjanovic zum Anschluss.In der Nachspielzeit sah gleich noch eine Wölfin Rot, nämlich Sara Björk Gunnarsdottir nach einem kleinen Scharmützel mit einer Gegenspielerin. Die Emotionen hatte Wolfsburg an dem Tag nicht ganz im Griff - und feierte trotz einer der "schlechtesten Leistungen der Saison" (Nilla Fischer) zu neunt den Sieg.
Erfolgreich in Liga und Pokal: Caroline Graham Hansen, Ewa Pajor, Pernille Harder / Daniela Porcelli/GettyImages
2017/18 hatte Wolfsburg den obligatorischen 2:1-Sieg gegen Sand schon im Viertelfinale abgehakt. So war der Weg frei für das erste Finale gegen den größten Rivalen der 2010er-Jahre: Bayern München. Nach ausgeglichener erster Halbzeit hatte Wolfsburg im Laufe des Spiels Chancen im Minutentakt: "Die Bayern stehen nun mittlerweile mit teilweise sechs Spielerinnen auf einer Linie vor dem eigenen Strafraum", kommentierte der Kicker-Liveticker. Aber die Taktik ging auf, nach 120 Minuten blieb es torlos. Im Elfmeterschießen versagten den Bayern dann die Nerven, bereits die ersten zwei Versuche vergaben die Münchnerinnen. Da auch Wolfsburg zweimal patzte, gab es doch noch eine Chance - aber Graham Hansen schoss den VfL zum Titel.
Damals noch in Freiburg: Klara Bühl im Zweikampf / Daniela Porcelli/GettyImages
2019 war es ein klassischer Wolfsburg-Sieg im Finale: Eine deutliche Leistungssteigerung, ein bisschen Glück, ein Fallrückzieher von Ewa Pajor - alles dabei. Der Fallrückzieher ging nicht rein, stattdessen hatte der SC Freiburg in der ersten Hälfte die besten Chancen. 2019 standen etwa Giulia Gwinn und Klara Bühl für den SC auf dem Platz - die goldene Zeit. Freiburg spielte in den ersten 45 Minuten sehr mutig auf, verpasste aber beste Chancen - dafür gab es danach die Quittung: In der 55. Minute führte eine Harder-Pajor-Kombination zur Führung, davon erholte sich ein erschöpfter SC nicht mehr.
Grenzenloser Jubel bei Essen nach dem späten Ausgleich - im Elfmeterschießen lief es dann weniger gut / Pool/GettyImages
Aufholjagden, Blitztor, Elfmeterdrama: Das Finale 2020 gegen die SGS Essen bleibt vielen Fans noch heute als eins der besten Endspiele der Geschichte in Erinnerung. Nach der regulären Spielzeit stand es 3:3 - eine Sensation für den Underdog aus dem Ruhrgebiet, der einen Start nach Maß hinlegte: Lea Schüller traf nach nur elf Sekunden - ein Rekord im Pokal. Danach ging es munter hin und her: Pernille Harder traf zehn Minuten später zum Wolfsburger Ausgleich, aber Essen kam durch einen Hegering-Kopfball postwendend zur erneuten Führung. Dem VfL fiel gegen eine aufopferungsvolle SGS erst wenig ein - aber ein Traumtor von Anna Blässe (70.) brachte das 2:2 und ein Kopfball von Dominique Janssen (86.) die späte Führung. Das Spiel schien schon entschieden, die Messe gelesen - aber das Chaos ging weiter: Ein direkter Freistoß von der eingewechselten Irini Ioannidou in der Nachspielzeit führte zu grenzenlosem Jubel bei der SGS. Die Nachspielzeit überstand der Außenseiter trotz einem doppelten Pfostentreffer, dann ging es ins Elfmeterschießen. Erst lief es gut für die SGS, Popp verschoss als erste einen Strafstoß - aber am Ende siegte doch der VfL, Harder verwandelte den entscheidenden Elfmeter. Essen blieb nur der Titel als Sieger der Herzen, mit einem mutigen Auftritt hatte die SGS in ganz Deutschland Sympathien gewonnen. An das Finale von 2020 mit Topspielerinnen wie Schüller, Anyomi, Hegering, Oberdorf - die direkt danach ausgerechnet zu Wolfsburg wechselte - , Elisa Senß oder Jana Feldkamp denken die Fans weiter gerne zurück.
Schult sah im Finale Rot - aber auch das nützte Frankfurt nichts / Mika Volkmann/GettyImages
Weniger Treffer gab es im Jahr darauf, aber auch das Finale 2021 gegen Frankfurt hatte viele Dramen zu bieten. Frankfurt begann forsch, wurde aber früh von einem Schock getroffen: Eintracht-Kapitänin Tanja Pawollek musste verletzt ausgewechselt werden - ein Kreuzbandriss, wie es sich später herausstellte. Der VfL hatte die besseren Chancen, nutzte sie aber nicht - und Frankfurt deutete immer wieder Gefahr nach Kontern an. Fast gelang der Eintracht in der 87. Minute der Lucky Punch, aber ein Küver-Kopfball wurde noch von der Linie gekratzt, kurz darauf lenkte die jetzige Wolfsburgerin Merle Frohms einen VfL-Schuss an den Pfosten. Genauso ereignisreich ging es in der Verlängerung weiter: Almuth Schult musste nach einer Notbremse den Platz verlassen, beide drückten auf den Treffer ins Glück. Schließlich gelang der Ewa Pajor, als alle schon das Elfmeterschießen vor Augen hatten - und so jubelte Wolfsburg schon zum zweiten Mal in Unterzahl.
Souveräne Leistung: 2022 gegen Potsdam / Alex Grimm/GettyImages
Bis auf den ersten Sieg 2015 waren alle Endspiele sehr eng - 2022 war es dann aber wieder eine klare Sache für den VfL. Wolfsburg gewann mit 4:0 gegen Turbine Potsdam und machte schon früh alles klar: Ein Doppelpack von Ewa Pajor und ein Tor von Jill Roord stellten den Spielstand schon vor der Pause auf 3:0, Dominique Janssen setzte mit einem direkten Freistoß noch einen drauf. Damit ging eine starke Saison von Potsdam ernüchternd zu Ende - die Brandenburgerinnen waren in der Liga sehr lange noch im Rennen um die Champions League. Am Ende gingen aber die Körner aus, und nach der Saison verließen gleich 13 Spielerinnen, darunter fast alle Stammspielerinnen, die Turbine - das Finale wirkt im Nachgang wie ein letztes Hurra.
Sieg vor Rekordkulisse: Das Finale 2023 gegen Freiburg / Maja Hitij/GettyImages
Im nächsten Jahr sah das Resultat ähnlich aus. In die Geschichtsbücher ging die Partie aber gleich doppelt ein: Wolfsburg wurde mit dem Sieg alleiniger Rekordsieger im DFB-Pokal, und zum ersten Mal in der Geschichte war das Pokalfinale ausverkauft. 44.808 Fans kamen in das Kölner Stadion. Die Freiburger Fans waren in der Überzahl, mussten aber früh den ersten Dämpfer hinnehmen: Nach einer Slapstick-Aktion ging Wolfsburg schon in der 4. Minute durch ein Eigentor in Führung. In der ersten Hälfte blieb es ein Spiel auf ein Tor, Wolfsburg zauberte, wie sie wollten - und musste in der 41. Minute den Ausgleich aus dem Nichts durch Janina Minge hinnehmen. Wolfsburg startete aber wieder mit Power, kam schnell zum 2:1. Freiburg vergab eine Riesenchance, Wolfsburg machte es besser und sorgte per Doppelschlag für die Entscheidung.