MillernTon
·18 gennaio 2025
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·18 gennaio 2025
Englische Wochen sind purer Stress. Für alle. Auch für Kolumnen-Schreiber*innen. Aber Thees Uhlmann liefert ab! Für den FC St. Pauli!
Und wenn ich so ein abgedrehter Psycho Coach wäre, der das Miles Davis Album „Miles in Berlin“ hört und der in den Diensten des FC St Pauli steht, würde ich so einen abgedrehten Jazzer holen.
Den Felix Weigt zum Beispiel. Der spielt bei Lambert Standup Bass und alles andere bei „Die höchste Eisenbahn“ und hat einen wunderbaren Jazz Podcast der „LAMBERT KLAMRA JAZZ“ heißt. Der Podcast ist mir mit das schönste in der ganzen Woche. Und dann müsste sich die Mannschaft unter der Ägide von Weigt erstmal Volley krachend laut drei von diesen Jazz Biester Songs von der Miles Davies Platte anhören und die Mannschaft dürfte dann auch ihre Augen verdrehen bis man nur noch das Weiße sieht und alles. Scheißegal.
Jazz ist ja nun auch mal einfach erstmal Krach. Und Fußball gegen Bochum ist ja nun auch zum Beispiel auch… irgendwie leiser Krach gewesen. Aber, wie gesagt, scheißegal.Und dann würde Felix Weigt den Ton ein wenig runter drehen und sagen: „Fußball ist Jazz für die Füße!“Und einer aus der Mannschaft dann so: „Ey Trainer. Können wir nicht lieber 11-Meter üben?“Aber dann zündet sich Weigt eine Zigarette an und atmet erstmal den Rauch aus. Das wundert die Mannschaft dann schon, weil es irgendwie auch keinen stört. Weil er das kann und darf.
Weil es verhält sich mit dem Jazz ja so. Am Anfang steht die Arbeit.Du kannst Dich nicht hinstellen und sagen: „Ich mach jetzt Jazz!“Bei Punk und Ackerliga geht das.
Nur durch dieses bizarre Üben und durchdringen von Musik, Tonalitäten, Akkorden, Subdominanten, Aufmerksamkeit für den Anderen, Fingerfertigkeit und Bereinigung von großen Komplexitäten kommst Du erst dahin, dass Du Jazzer wirst und Dich auch so nennen kannst.Und da wird es für die Fußballer des FC St. Paulis dann interessant und heiß.
Das Einlassen auf die Komplexität eines Vorganges der zwei mal 45 Minuten lang ist.Geübt haben alle genug, aber jetzt ist Gig. Und beim Gig musst du gönnen und liefern wollen, sonst bringt das alles nichts.Und dann kommst Du ins Jazz Soccer Universe. Dann bist Du da. Alles ist nur noch Struktur und Chaos, Komplexität und Stringenz. Dann ist der Grashalm, der Rasen ein Klang und der Ball ein Takt im 5-3-2-1 Rhythmus.
Und dann sind die Spieler von Heidenheim einfach nur so Noten, die Du schon vier Takte vorher ahnst. Dann bist Du so drin, dass schnelle Sachen plötzlich ganz langsam sind und die langsamen verschwinden leise im Tempo des Unhörbaren.
Und dann schlängelst Du Dich da durch, passt nach unten rechts, wieder Linie hoch, wo Saliakas steht und der bindet dann den Ball mit Linksdrall in den oberen Strafraum (wo immer der auch ist…?) und wer steht denn dann da mit seiner güldenen Trompete? Das ist ja wohl der Jackson Irvine und soloiert den Ball, als würde er das immer machen mit seinem Kopf so ins Tor, dass der Torwart vonne Heidis sich lang und länger machen muss und er ihn doch nicht kriegt, weil der Jackson nämlich ein reiner Jazzer ist. Er lässt den anderen nicht schlecht aussehen, aber rein geht er doch. Gig ist Gig.
Felix Weigt sitzt auf einem separaten Stuhl neben der Trainerbank und raucht und denkt an Johan Cruyff und wippt leicht mit dem Fuß. Und der jubelt noch nicht mal beim Tor, sondern lacht so schön scheppernd, wie nur er das kann.Blessin läuft so an ihm vorbei und klatscht ab und sagt so zu Felix: „Ist nur Jazz!“ und Weigt so: „Ist nur Fußball!“Himmel! Sowas fällt einem ein, wenn man zwei Liter Ingwer-Zitronen-Tee trinkt? Hoffentlich gibt das keinen Ärger.
Ey, all Ihr Öddels, die Bocholt und Heidi in einer Woche machen. Was kann man denn mal für Euch tun?Meine Mutter strickt schon sehr viele Socken. Das Klicken der Stricknadeln meiner Mutter ist das häufigste Geräusch von Hemmoor, glaube ich. Aber ich befürchte, dass das noch nicht mal sie schafft, für Euch alle warme Auswärtssocken zu stricken. Aber versuchen würde sie das.
Oder ich spiele drei Stunden „Das hier ist Fußball“ am Stück im Clubheim für alle die, die Karten von den beiden Spielen vorzeigen oder einen Fotobeweis erbringen.Oder ich schreibe eine Kurzgeschichte im Herr der Ringe-Gewand, wie sich St. Pauli-Hobbits von Bochum nach Heidenheim durchschlagen. Fly, You Fools! (Anmerkung Maik: Ich mische mich hier ja echt selten bis nie ein, aber hier muss ich einfach das Zehn-Stunden „They’re taking the Hobbits to Isengart“-Video verlinken. Sorry, weitermachen.)Oder ich mache einfach gar nichts und bete einfach einen durch Gegend, dass Ihr gut hin und wieder zurück kommt und das Ihr gute Laune habt, wenn das Spiel zu Ende ist.Wie schön es wäre eine extra Telefonnummer für Eure Fotos zu haben. Das wäre ein Spaß. Congstar, ich schau in Deine Richtung!!!
Und weil der Weg nach Heidenheim so lang hin und wieder zurück ist, hau ich jetzt noch den einen Teil der Kolumne rein, den ich nach dem Anschlag in Magdeburg nicht veröffentlichen wollte.
Wie in jeder guten Kolumne erstmal zu mir.Es gibt hier mit der Kleinvorderen häufiger religiösen Streß.Das liebe ich sehr.Der Dialog sieht eigentlich immer wie folgt aus:
Sie: „SAG MIR JETZT OB DU AN GOTT GLAUBST!“Ich: „Glaube ist Privatsache!“Sie: „Wenn Du Deinen Gott in Abrede stellst und nicht zu ihm stehst, versündigst Du Dich an ihm!“Ich: „Gesetz des Falles, dass ich an Gott glaube, ist es MEINEM Gott egal, ob ich zu ihm stehe, denn mein Gott würde es wichtiger finden, dass ein Ungläubiger ein nachhaltiges und bereicherndes Leben führt, als das ein Gläubiger ein schändliches Leben führt.“Sie: „Also glaubst Du!“Ich: „Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass es meinem potenziellen Gott egal ist, ob er benannt wird und er den Versuch Gutes zu tun höher hängt, als das gottesblökende eines schlechten Menschen. Also, mein Gott würde einen Ungläubigen besser finden, der sich sozial engagiert, als einen betenden Arsch!“Sie: „Betender Arsch! Die neue Kettcar! Es ist so nervig mit Dir!“Ich: (Stolz!) „Ich weiß! Und deswegen bist Du so schnell und klug, weil es so nervig ist mit mir! Diggi, Du kannst gar nichts machen. Wie Du lebst, ist christlich-kulturell geprägt.“Sie: „Nein!“Ich: „Okay, dann nicht!“Sie: „’Okay, dann nicht!‘ ist kein Argument. Das ist dein Weg aus einer Diskussion rauszukommen, die Du gleich verlierst!“Ich: „Wenn ich verliere wechsele ich das W-Lan Passwort.“
Eben dieser ganze post evangelisch-protestantische Irrsinn. Wir bauen die Deiche, damit Ihr über Nacht in Ruhe schlafen könnt.Da regt die sich auch richtig auf, wenn ich sowas sage.You geht the Point. Und ich schwöre, dass diese Diskussionen wirklich häufig vorkommen und auch ziemlich genau so geführt werden.
Der FC St. Pauli brachte im Herbst ein paar Shirts und einen Schal raus, mit dem Bandlogo der Band Bad Religion. Das Logo ist ein Jesus-Kreuz in einem Verbotsschild.Mein erster Gedanke war: „You aaaaaaaaaare the Government! You aaaaaaaare Conschpruededence!“ Oder was sie da auch immer singen.
Und mein zweiter Gedanke war: „Himmel, da hätte ich lieber eine St. Pauli-Kollaboration mit den Dire Straits. Musikalisch geiler, bessere Interviews und das hätte mal eine künstlerische Fallhöhe.“Bad Religion und St. Pauli. Da staubt mir gleich mein 800€-Anzug ein auf dem ich einen St. Pauli Pin genagelt habe, den ich aber eigentlich gar nicht habe. Also beides!
Aber sei es eben so. Ich kenne mich mit Marketing nicht aus. Da können sie jeden in meiner Firma fragen. Und die geilste T-Shirt Idee, die ich je hatte, wird jetzt für 2,90€ im GhvC Shop verramscht… kommend von 2,99€!Aber vielleicht ist da auch jemand ganz froh bei St. Pauli, dass es das jetzt gibt, weil Bad Religion seine Lieblingsband ist. Gefühle haben eben immer recht. Das ist ja das schöne an ihnen.
Cut! Ich war ja wirklich in der evangelischen Jugend Wesermünde-Hadeln. Nicht, weil ich gerne mit Gott chille, sondern, weil bei uns auf dem Dorf die evangelische Jugend der Ort war, wo man die meisten Metalheads, Punks und einfach Leute getroffen hat, die… wie sage ich es… ein wenig anders waren.
Meine ersten Schwulen da getroffen, meine ersten Antifaschisten da getroffen. Voll geil. Wir sind vielleicht in dem „Schiff, das sich Gemeinde nennt“ so Arche-mässig durch die Gegend geschippert, aber nicht wegen Jesus, sondern eher, weil wir da Gemeinschaft gefunden haben.
Und natürlich wegen dem Evangelischen Kirchentag. Da durfte man hin! Das war erlaubt! Da haben sich die Eltern nicht getraut, was zu sagen, weil man da natürlich sofort hätte die Karte spielen können am Abendbrotstisch: „Vater, Mutter, Ihr beschränkt mich in meinem Glauben!“
Und auf so eine Diskussion hat man nun mal einfach keinen Bock. Sie hatten die Vermutung, dass es bei diesen Kirchentagen nur darum ging schulfrei zu haben und mit Freunden und Freundinnen Dosenbier in unlimitierter Anzahl zu saufen. Und sie lagen zu 100% mit der Wahrheit in den Feldbetten in einer Turnhalle im Wedding vom 7. bis zum 11. Juni 1989 in Berlin/West und ich war dabei!
Mit meinem christlichen Heavy Metal Freund Jan B. aus Hemmoor/Osten pflügte ich durch Berlin/West auf der Suche nach White Metal-Konzerten, die wir nach akribischer Suche im Programm des Kirchentages gefunden hatten. Gefühlt hatte dieses Buch 400 Seiten bei Schriftgrösse 7.Wir fuhren wirklich von West Berlin/West nach Ost Berlin/West nur um festzustellen, dass das Konzert nicht stattfinden wird. Wir setzten uns auf den Boden und uns war das seltsam egal, dass das Konzert nicht stattfand, weil wir irgendwie uns hatten und ein warmes Dosenbier und Metal Fan ist man ja einfach, auch wenn das Konzert ausfällt.
Ein Polizist kam an uns vorbei und sagte: “Aufstehen!“ und wir machten das natürlich auch sofort.Wir düsten dann mit der U-Bahn zum Kuhdamm, weil da immer ordentlich was los war gegen Abend. Und es gab da Heavy Metal Aufnäher-Läden in den Europapassagen.Wir gingen aus der U-Bahn raus und wenn ich mich richtig erinnere war das so ungefähr da, wo dieser hässliche Brunnen bei der Gedächtniskirche ist.
Wir kamen aus der U-Bahn, bogen um eine Ecke und sahen vor uns einen Punk mit Lederjacke und richtigem Iro, der glaube ich Rot gefärbt war, und auf seine Jacke hatte er mit Edding das Bad Religion Symbol gemalt und darunter stand nicht der Name der Band, sondern auf seiner Jacke stand geschrieben:„CHRISTENPACK“
Bis heute ist das eines der größten Kunstwerke, die ich je gesehen habe. Und glauben Sie mir, ich sah schon viele große Kunstwerke in meinem Leben. Die Seerosen von Monet zum Beispiel. Hauptgrund war allerdings, dass ich meinem Freund Emil Elektrohler dann ein Foto von mir mit den Seerosen schicken konnte mit dem Spruch dazu: „Monet for nothing!“Und er zurück dann so: „He, he! Gibt’s auch was von Dali-Dali?“So sind wir drauf.
Das CHRISTENPACK hat mich aus mehreren Gründen stark beeindruckt, vielleicht sogar verstört.Dieses „Sich in der Masse etwas trauen“ imponierte mir stark. Ich mein jetzt, da liefen 10.000 Jesus Freaks über den Kuhdamm und er so „CHRISTENPACK“!Und dann mußte ich darüber nachdenken, ob das nicht im Kern auch sogar schon wieder christlich ist, so etwas zu machen, weil Jesus ja nun auch ordentlich sich mit den Römern angelegt hat.
Und natürlich haben Jan und ich auch einfach gedacht „HEFTIIIIIIIG!“!!!Dieses „HEEEEFTIG“ denken ist ja nun auch ein Kernding von großer Kunst. Nachhaltige Provokation und Action.Aber ich prognostiziere jetzt mal: „HEEEEEFTIG!!!“ hat keiner mehr gedacht, als die Fotos der Artikel der Kollabo zwischen St. Pauli und Bad Religion zu sehen waren.
Bei mir war es wie gesagt, ein Gähnschnarch, andere haben sich bestimmt gefreut, dass es was von St. Pauli und Bad Religion gibt, aber manche waren nun wirklich überhaupt nicht amüsiert.Und ich muss einfach mal sagen, dass ich das ganz gut verstehen kann.Dieses Bandlogo kommt halt wirklich von anno dunnemals und wenn man sich mit Punk nicht auskennt – und wer kennt sich das schon – dann ist das für Leute erstmal ein Verbotszeichen. Im Sinne von Ablehnung – für christliche Religion, Werte, was auch immer.
Und da kann ich mir vorstellen, dass manche das wirklich nervt, weil die religiösen Probleme in Deutschland in den letzten 15 Jahren eher aus einer anderen Ecke kamen.Wobei ich natürlich die Probleme, die es aus den zwei christlichen Kirchen gab und gibt, keineswegs negieren möchte. Aber mutig in der Masse ist das nun auch nicht wirklich.
Dass das dann bei Fußball-Hoschies anderer Vereine, die St. Pauli ablehnend gegenüber stehen, auf wütenden und fruchtbaren Boden fällt, ist auch klar.So zum Beispiel Hansa-Fan und TikTok-Benutzerin Wiebke, die ein Foto von sich aus dem Ostsee Stadion postete mit einem kleinen christlichen Kreuz an ihrer Halskette und dadrunter schrieb: „POV: entspannt ins Stadion gehen, weil Dein Verein keine christenfeindliche Scheiße postet!“Was da dann in den Kommentaren abgeht erspare ich Euch, denn sie sind ein Grund einfach zu sagen: „Komm, Diggi! Wir schalten das Internet jetzt einfach ab!“
Für mich ist die Reaktion von Wiebke nachvollziehbar, weil ich ziemlich viele Sachen nachvollziehen kann.Das geht vielen Leuten offenbar so, denn über 60.000 Menschen ließen ein Herzchen da.Was mich aber völlig schulterzuckend, fast resignierend zurücklässt, ist, dass sie noch darunter schreibt: „Wehrt Euch, geht nicht zu St.Pauli!“Es ist diese absolute Geschichtsvergessenheit (von 60.000 Leuten), die mich fassungslos macht.
Denn es gibt nur zwei Optionen:Entweder Wiebke weiß, aus welchem Zusammenhang dieser Spruch kommt – oder sie weiß es eben nicht.Und beide Optionen sind so unglaublich trist und traurig, dass ich gar nicht weiß, wie ich da weiterdenken soll. Aber eigentlich kann und schaffe ich es immer, weiter zu denken.Und jetzt sitzen wir hier. Ich habe Angst das alles aufzuschreiben, weil jemand etwas falsch verstehen könnte oder ich etwas einfach falsch gedacht habe. Oder eben jemand Bock hat, etwas falsch zu verstehen um Streß zu machen, um sich zu spüren, um eine Teilhabe an irgendwas zu generieren, was ich schon wieder verstehen könnte.
Und natürlich ist es okay, gegen „Das Christentum“ zu sein. Da wurden und werden furchtbare Dinge im Namen dessen betrieben.Nur, wenn Du so drauf bist, dass Du das jetzt kritisierst, dann musst Du auch was sagen zu 2000 Salafisten auf dem Steindamm, die das Kalifat und die Scharia fordern.Und das kann ich wiederrum verstehen. Denn mit Christen kannst Du sowas machen. Die wollen dann mit Dir diskutieren und sagen „Ich schließe Dich heute in mein Abendgebet mit ein!“Ich hoffe, ich habe richtig genug nachgedacht. Wenn jemand was sagen, will Email habt Ihr ja! // Love an Alle, euer thees
P. S.: Oh man, jetzt habe ich mich wieder heiß geschrieben auf dieses Heidenheim Spiel. Ahhhhhhh!!!
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