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·23 luglio 2025
Europas Bühne zu groß für Buruk? Galatasaray zahlt den Preis für taktischen Stillstand

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·23 luglio 2025
Galatasaray hat in den letzten beiden Spielzeiten trotz hoher Investitionen auf europäischer Ebene kläglich versagt – von der Champions League 2023/24 bis hin zur Europa League 2024/25. Trotz der drei aufeinanderfolgenden Meisterschaften muss gesagt werden: Es reicht nicht, Stars zu holen. Der Trainerstab braucht europäische Klasse für mehr als Süper Lig. Ein kritischer Beitrag von LIGABlatt-Redakteur Çetin M. Dahle.
Ungeplatzte Träume in der Champions League 2023/24
Kopenhagen-Desaster trotz Favoritenrolle
In der Königsklasse 2023/24 startete Galatasaray stark: starke Spiele gegen Bayern, vier Punkte gegen Manchester United. Aber gegen den vermeintlich schwächeren FC Kopenhagen patzte man zweimal (2:2 zu Hause, 0:1 auswärts). Gerade diese beiden Spiele wurden zum K.o. in der Gruppenphase – ein eklatanter Fehler, den man nach der Gruppenphase nicht hätte wiederholen dürfen. Die zum ersten Mal international aufblitzende Offensivqualität (insbesondere durch Aktürkoğlu, Icardi, Zaha, Ziyech, Sánchez, Mertens, Yılmaz, Boey und Co.) konnte nicht genutzt werden, weil das Team in der entscheidenden Phase der Partie nicht das Heft in die Hand nahm und keine stabile defensive Grundordnung hatte.
Young Boys Bern: Das Millionen-Debakel
Ein weiteres Ausrufezeichen der Enttäuschung setzte das Champions-League-Playoff gegen Young Boys Bern in der vergangenen Saison. Young Boys holte nach dem überraschenden Sieg über Galatasaray keine Punkte in der Ligaphase der Champions League mit einem Torverhältnis von -21. In der eher schwachen heimischen Liga wurden sie nur Dritter. Die Aufstellung von "Gala" mit einem 4-4-2‑System, das Batshuayi und Icardi im Sturm brachte, erwies sich als taktischer Reinfall. Kreative Ideen? Fehlanzeige. Anpassungen von der Bank? Keine. Der Verlust war nicht nur sportlich, sondern auch finanziell schmerzhaft. Galatasaray entging den lukrativen Millionen einer Champions-League-Teilnahme. Ganz ohne Not hatte man sich selbst ins Aus katapultiert – ein massiver Rückschlag für den Klub und die Fans, nachdem man auch noch Stürmerstar Osimhen von Neapel ausleihen konnte.
Europa-League-Drama: Zwischen Stolpern und Schwäche
Sparta Prag – Lernen? Fehlanzeige
Nach dem Ausscheiden in der CL gegen Kopenhagen landete Galatasaray in der Europa League 2023/24 gegen Sparta Prag. Auch hier war man Favorit, das Kader-Potential war vorhanden. Doch das Spiel endete im Desaster. Kein Plan B, kein Anpassungsvermögen, kein Druck von der Bank, kein Aufbegehren – ein Muster, das sich wiederholte. Und wieder scheiterte man kläglich gegen einen Gegner, der mehr als schlagbar war.
Dynamo Kiew & Co: Pflichtsiege vertan
Man setzte ungeachtet dieses Rückschlags in der Europa League 2024/25 auf teure Spieler mit internationaler Erfahrung wie Gabriel Sara oder Osimhen. Doch gegen Teams wie Dynamo Kiew, Rigas FS, Malmö und andere moderate Gegner wurde nichts Zählbares eingestrichen. Es fehlte nicht an Chancen. Es fehlte an Entschlossenheit, an Kreativität und an neuen Lösungen Jeder Spielzug glich dem anderen, viele Spieler drifteten in Passivität ab und nach rund 60 Minuten ließ auffälligerweise die Kondition der Spieler nach. Man rühmte sich die gesamte Saison über mit dem 3:2-Sieg gegen Tottenham als Außenseiter und verpasste trotz Losglück die direkte Qualifikation ins Achtelfinale der EL.
AZ Alkmaar: 1:4 & 2:2 – ein Spiegelbild europäischer Schwäche
So traf man im Februar 2025 zum zweiten Mal in der Saison auf AZ Alkmaar, wo das Kapitel Europa schließlich endete (1:4 Hinspiel, 2:2 Rückspiel). Alkmaar war ein Gegner mit niedrigem Kaderwert und vielen jungen Spielern sowie wenig internationaler Erfahrung, und dennoch stand Galatasaray erneut ohne Hemmungen auf der Verliererseite. "Fatale Fehler" bei der Personalentscheidungen und fehlende Eingriffe bei spielentscheidenden Momenten wurden omnipräsent. Der junge dynamische Gegner überspielte Galatasarays brüchige Ketten mit wenigen Pässen innerhalb von fünf bis zehn Sekunden und ließ den Türken keine Chance. Es stellt sich die Frage: Welche Lehren hat Okan Buruks Team aus diesen peinlichen Pleiten wirklich gezogen?
Okan Buruk unter der Lupe: Der taktische Stillstand
Pressing ohne Herzstück
Buruks System ähnelt sich immer: Hochpressing, Gegenpressing, Randale gegen Außenseiterteams wie Bayern, Manchester United oder Tottenham. Wenn Gegner den Ball aber an "Gala" überlassen, fehlt die kreative Entlastung. Die Abhängigkeit von taktischer Monostrategie wird zum Stolperstein. Das System funktioniert nur bedingt. Vor allem gegen tiefstehende, defensive Mannschaften reißt es erste Löcher (AZ, Prag, Kopenhagen). Für die Süper Lig reicht es, doch gegen Vereine mit ansatzweise internationaler Klasse wird es bereits schwierig.
Wechsel zu spät, Ideen überhaupt keine
Sobald die Minuten laufen und das Spiel kippt, fehlen Ersatzstrukturen. Spieler, die schon längst im Spiel sein müssten, ruhen 15 Minuten neben dem Feld, bevor sie eingewechselt werden. Wenn ab der 60. Minute der Akku überraschenderweise leer ist – wo ist der Mut, die Ausrichtung zu ändern? Auch die Spielerwahl bei Auswechslungen riss oft riesige Diskrepanzen in der Spielerqualität und Löcher in der Raumaufteilung auf. Gleichzeitig konnte Buruk den Verschleiß seiner Spieler nicht regulieren und sah dabei zu, wie Schlüsselspieler wie Torreira, Sara, Yılmaz oder Mertens immer mehr abbauten, weil keine Kaderrotation stattfand.
Plan B fehlt wie Mehl in der Küche
Als Favorit gegen direkte Gegner (Kopenhagen, Young Boys, Prag) braucht es alternative Konzepte: Raumaufteilung, flaches Kombinationsspiel, Ruhe im Mittelfeld. Doch das Konzept schien zu fehlen. Buruk konnte weder auf die Spielweise der Gegner reagieren noch den Dreiklang Pressing‑Kontrolle‑Rückzug ausgewogen und proaktiv gestalten. Gerade das Spiel ohne Ball und kreatives Kombinationsspiel im letzten Drittel lassen zu wünschen übrig. Ohne die guten Standards hätte auch die Süper-Lig-Saison anders laufen können. Plan B, C und gar D existieren bei Buruk eher bedingt.
Geld allein ist der falsche Fokus
Galatasaray pumpt Millionen in Transfers. Allein der Osimhen-Deal, die Verpflichtung von Sané und die Gespräche mit Ederson für das Tor sind beeindruckende Einzelwerte. Trotzdem fühlt es sich wie ein Flickenteppich an. Der Kader hat auf Augenhöhe mit Topteams Europas sein Potenzial. Aber es fehlt die Grundlage: strukturell, mental, taktisch. Die bitteren Lektionen gegen Alkmaar oder Kopenhagen sollten den Gelb-Roten eigentlich gut vorgezeigt haben, dass ein gutes Funktionieren als organisiertes Kollektiv wichtiger ist als individuelle Klasse. Die Frage stellt sich: Warum wurde in den Trainerstab nicht ebenso viel Gedanken investiert wie in den Einkauf von Spielern?
Was jetzt passieren muss – Ideen zur Wende
Der Trainer‑Transfer ist die Königsklasse
Galatasaray hat zuletzt national dominiert, wurde nun dreimal in Folge verdient Meister und konnte den Erzrivalen Fenerbahçe hinter sich lassen. Doch der Blick über den Tellerrand zeigt ein anderes Bild: International tritt der Klub seit zwei Jahren auf der Stelle.
Auch wenn Okan Buruk bereits jetzt ein wichtiger türkischer Erfolgstrainer ist, der die Liga gut kennt und auch sonst sehr bestrebt ist, zu reflektieren, sich zu entwickeln sowie einen smarten Umgang mit Star-Spielern zu pflegen: Trotz eines kadermäßig hochgerüsteten Teams fehlt es an Struktur, Weitsicht und vor allem an einem professionellen Trainer- und Analystenstab, der den Anforderungen auf europäischer Bühne gerecht wird.
Der Schlüssel zum nächsten Schritt liegt nicht in einem weiteren Startransfer, sondern in einem strategischen Ausbau des Trainerteams. Galatasaray braucht Experten mit internationaler Erfahrung – Menschen, die taktisch, physisch und mental auf höchstem Niveau arbeiten und Okan Buruk entlasten, ergänzen und weiterbringen können.
Fazit: Für immer im Süper-Lig-Universum gefangen?
Nicht umsonst wurde der Stuhl von Okan Buruk nach dem Aus gegen AZ Alkmaar wackelig. Man spürte, dass es an Substanz und Erfahrung für internationalen Erfolg fehlte. Doch wie so oft, werden diese bitteren Pillen vergessen, sobald man in der eigenen begrenzten Süper-Lig-Welt den Erzrivalen ausschalten kann.
Wenn der Umbruch nicht bald kommt, droht der Klub trotz allem Glanz in der Süper Lig auf der europäischen Bühne weiter unter seinen Möglichkeiten zu bleiben. Wer nur national denkt, wird international nicht bestehen – und Galatasaray will mehr als das. Jetzt ist der Moment, mutige Entscheidungen zu treffen.
Foto: Ahmad Mora / Getty Images