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·16 giugno 2025

Boca Juniors im Porträt: Alle Jubeljahre

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Gigantenduell bei der Klub-WM: Am 21. Juni trifft der FC Bayern in Miami auf Boca Juniors aus Argentinien. Es ist erst das vierte Duell in 100 Jahren. Bei den leidenschaftlichen Fans in Buenos Aires ist die Anspannung extrem. Unser Clubmagazin „51“ hat sich rund um La Bombonera umgesehen.

Rauchschwaden von gegrilltem Rindfleisch liegen in der Luft, an jeder zweiten Straßenecke drängt sich ein Menschenpulk um einen Fernseher, ein Radio oder Smartphone, immer wieder hört man den lang gezogenen Schlachtruf: „Boooooca!“ Wenn Boca Juniors, der populärste Club Argentiniens, aufläuft, ist auf den Straßen von Buenos Aires mehr los als in so manchem großen Stadion – jeder Spieltag ist ein Festtag.


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Im alten Hafenviertel im Süden der Stadt – La Boca genannt – sind dann alle auf den Beinen. Egal ob die Blau-Gelben auswärts spielen oder im sagenumwobenen Stadion, das „La Bombonera“ (Pralinenschachtel) genannt wird, aber über die Landesgrenzen hinweg als brodelnder Fußballtempel gefürchtet ist.

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Ein Stadtviertel in Blau und Gelb. Auch abseits des Spielbetriebs sind die Clubfarben präsent.

Kein Verein schlägt so große Wellen in Argentinien und Südamerika: Boca spielt immer im Konzert der Größten – und deshalb fiebern die Fans auf die anstehende Klub-WM hin. Ein Spiel haben sie sich besonders dick im Kalender angestrichen: das Duell gegen den FC Bayern am 21. Juni. Der 34-fache deutsche Meister gegen den 35-fachen argentinischen Meister, der sechsfache Champions League-Sieger gegen den sechsfachen Copa Libertadores-Gewinner, der Club von Beckenbauer gegen den Verein von Maradona. Größer geht es nicht. Erst dreimal in der Geschichte spielte Bayern gegen Boca. Doch taucht man in die Geschichte ein und spricht mit den Fans in Buenos Aires, merkt man: Die Roten und die Blau-Gelben verbindet so einiges.

„Bei Bayern denke ich sofort an Rummenigge, Matthäus und das Weltpokalfinale 2001“, sagt Alejandro Morelli, ein Boca-Superfan. „Der Anpfiff damals war in Argentinien um sieben Uhr morgens. Ich bin schon ab zwei Uhr um die Häuser gezogen und habe mit Trommel und Böllern die Nachbarn geweckt.“

Das Viertel ist der Club

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Im Archiv spüren die 51-Reporter Berichte über fast vergessene Spiele des FC Bayern am Río de la Plata auf.

Seit 30 Jahren hat Morelli kaum ein Heimspiel von Boca verpasst. Auf der Tribüne hängt er immer eine Fahne von Diego Maradona auf, die nicht dem Spielfeld, sondern der brodelnden Masse zugewandt ist – als Stoßgebet, als Motivation. Im Viertel La Boca kennt Alejandro jede Ecke, er hat unzählige Laternen blau-gelb angemalt und Maradona-Mosaike an Hauswände geklebt. „Früher waren hier viele Restaurants und Tanzlokale“, erzählt der 41-Jährige, auch der Tango hat hier seinen Ursprung. Heute liegen nur wenige Meter zwischen Touristen-Hotspots und sozialen Brennpunkten.

Morelli ist selbst ein kleiner Star im Viertel. Im Stadion ist er in Verkleidung unterwegs: Schnurrbart, Perücke und Stoffmütze. Die Pedrín-Figur, ein fiktiver Pizzabäcker aus Genua, als der er auf der Tribüne und im Kiez richtig Dampf macht, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in La Boca populär. Damals war das Viertel geprägt von italienischen Einwanderern – bis heute wird Boca auch „Los Xeneizes“ (die Genuesen) genannt. Indem Morelli den Pizzabäcker verkörpert, macht er auch die erste Blütezeit der Stadt und des Vereins lebendig. Und damals kam es auch zum ersten Duell zwischen Boca und Bayern.

Im Jahr 1925 reiste ein Team per Schiff drei Wochen nach Europa, 17 Spieler, kein Trainer, immerhin ein Fan, der auch als Masseur tätig war – zu den ersten interkontinentalen Vereinsduellen überhaupt. Nach einer Reihe von Spielen in Spanien kamen sie nach München – und wurden von den Bayern-Spielern mit einem Stadtrundgang empfangen, wie ein mitgereister argentinischer Reporter notierte. Am 9. Mai 1925 traf man auf dem Teutonia-Platz am Oberwiesenfeld aufeinander und trennte sich 1:1. Von der Ordnung auf den Rängen schwärmte der Journalist genauso wie von der Spielweise der Truppe um Torhüter Alfred Bernstein und Stürmer Josef Pöttinger. Noch am selben Tag telegrafierte er in die Heimat: „Wenn die Deutschen mehr Ruhe beim Abschluss hätten, wären sie eine der besten Mannschaften Europas.“ Im 14. Spiel der Europatournee musste Boca erst den zweiten Punktverlust hinnehmen.

Señor Franz in Buenos Aires

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Es dauerte Jahrzehnte, bis sich Boca und Bayern wieder begegneten. 1966 unternahm der FC Bayern eine Auslandsreise an den Río de la Plata. „Argentinien riecht anders. Würziger, schärfer, sinnlicher“, erinnert sich Franz Beckenbauer später. Und auch die Argentinier verliebten sich sofort in den eleganten jungen Kaiser. Gegen Boca spielte Bayern auf dieser ersten Reise allerdings nicht. Und als es ein Jahr später in Barcelona um den Joan-Gamper-Pokal ging, verpasste Beckenbauer das Duell gegen den argentinischen Giganten erneut. Die argentinische Fußballpresse war nicht erleichtert, sondern ehrlich enttäuscht (das Spiel endete 1:0 für Boca). Am 30. Dezember 1970 lief „Señor Franz“, wie Beckenbauer genannt wurde, bei einem fast vergessenen Freundschaftsspiel zwischen dem FC Bayern und Argentiniens Nationalmannschaft dann endlich in der Bombonera auf. Die argentinische Presse schwärmte: „Die Popularität des Deutschen kennt keine Grenzen.“

In den 1960er und 1970er Jahren etablierte sich auch der Weltpokal als Bühne für hitzige Interkontinentalduelle. Es waren Spiele auf Augenhöhe – in denen sich bis 2004 die Vertreter von Südamerika und Europa gleich häufig durchsetzten. Der FC Bayern trat in den 70er Jahren zweimal nicht zum interkontinentalen Vergleich an – und auch Boca Juniors spielte einen Pokal gegen den FC Liverpool 1978 nicht aus. In Südamerika munkelt man bis heute, dass die Europäer sich vielleicht vor der überharten Spielweise der Argentinier und Uruguayer grausten.

Riquelme und Élber in Tokio

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Alles für den Verein: Alejandro Morelli verziert die Stadt mit Maradona-Mosaiken und malt Straßenlaternen blau-gelb an.

„Wir glauben, dass die Europapokal-Sieger den Weltpokal nicht so ernst nehmen wie wir Südamerikaner“, sagt auch Rolando Schiavi, lange Innenverteidiger bei Boca Juniors. „El Flaco“ – der Schlanke, so sein Spitzname – gehörte zu den Spielern, die sich ihren Ruf als Raubein hart erarbeiteten. Als die Boca-Mannschaft um Spielmacher Juan Román Riquelme im Jahr 2000 das galaktische Real Madrid im Weltpokalfinale besiegte, „feierten die Fans hier auf der Straße wie bei einem WM-Sieg“, erzählt Schiavi, und seine Augen strahlen noch immer. Im Folgejahr wurde er selbst von den Xeneizes verpflichtet. Monatelang fieberten er und seine Teamkameraden dem Duell gegen die Hitzfeld-Bayern entgegen. Im November 2001 reisten die Argentinier unter Erfolgscoach Carlos Bianchi bereits knapp eine Woche vor dem Spiel zum Austragungsort Tokio an. Der FC Bayern traf nur 34 Stunden vor Anpfiff und mit 15 Feldspielern ein. Die Boca-Profis vermuteten dahinter das viel beschworene Desinteresse der Europäer. Schiavi sagt: „Es gab für uns nur Gewinnen oder Gewinnen.“ Im Spielertunnel des Olympiastadions von Tokio, erzählt Schiavi, „haben wir alle mit den Alustollen gescharrt, so laut wie möglich, und uns laut angefeuert. Da war richtig Krach!“ Auf dem Feld erinnert er sich an harte Duelle gegen Carsten Jancker. „Da habe ich ordentlich ausgeteilt.“

Ab der 45. Minute spielte der FC Bayern nach einem Platzverweis für Boca Juniors in Überzahl. Spielentscheidend, findet Schiavi: „Wir hatten vorher klare Torchancen, haben bis in die Nachspielzeit gut mitgehalten.“ In der 109. Minute stocherte dann Sammy Kuffour im Fünfmeterraum den Ball zum 1:0-Sieg ins Netz. Bayern gewann nach 1976 zum zweiten Mal den Weltpokal, Bocas Kapitän Riquelme verfolgte die Sieger­ehrung in Tränen. Zwei Jahre später erreichte Boca zum dritten Mal in vier Jahren das Weltpokalfinale, beim Sieg gegen den AC Mailand von Carlo Ancelotti mit Kaká und Paolo Maldini traf Rolando Schiavi im Elfmeterschießen. Madrid, Mailand – nur München war eine Nummer zu groß.

Trompeten und Töpfern bei Boca

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Die Millennium-Mannschaft von Boca prägt den Verein bis heute: Das Vereinsidol Riquelme ist Präsident und hat drei seiner Ex-Teamkameraden in die Vereinsführung gebracht. Rolando Schiavi trainierte bis vor ein paar Jahren die zweite Mannschaft. Die Jugendabteilung produziert Top-Talente am laufenden Band – wie die Weltmeister Leandro Paredes und Nahuel Molina. Sportlich steckt Boca allerdings in der Krise: Den letzten Titel gewann man 2022 und spielt in dieser Saison erstmals seit vielen Jahren nicht international. La Boca steht trotzdem hinter Präsident Riquelme, weil er das soziale Engagement des Vereins gestärkt hat. Im und um das Bombonera-Stadion gibt es Nähkurse und Ausbildungen zum Frisör.

Die 72-jährige Cristina García Moris kommt etwas verschwitzt vom Yoga in einer Halle unter der Tribüne. 1992 zog die pensionierte Architektin ins Viertel und trat eigentlich nur in den Verein ein, um das Clubschwimmbad zu nutzen. Als sie sich einmal ins Stadion schmuggelte, verliebte sie sich sofort in die leidenschaftlichen Fangesänge. An Maradonas Abschiedsspiel, bei dem auch Lothar Matthäus zu Gast war, erinnert sie sich genauso wie an wilde Auswärtsfahrten mit „La Doce“ (die Zwölf), dem härtesten Kern der Boca-Fans. „Sie haben immer auf mich aufgepasst, und deshalb habe ich mich auch hier im Viertel sicher gefühlt.“

Im Viertel La Boca gibt es viele Gebäude in den Vereinsfarben. Der Verein ist untrennbar verwoben mit dem Leben der Menschen dort. „Boca gibt mir ein Gefühl von Zugehörigkeit“, sagt Cristina García Moris. Gern geht sie zu den Basketball- und Volleyballspielen des Vereins, und im Sommer hat sie im Boca-Freibad auf Blickdistanz zur Bombonera einen Stammplatz unter einem Gummibaum. Sie wohnt nur ein paar Blocks vom Stadion entfernt in einem urigen Haus mit Holzofen. Am Kleiderständer hängt ihre Boca-Fischermütze, auf dem Tisch liegt ein Schwarz-Weiß-Foto von Diego Maradona, das sie selbst geknipst hat.

Wo sie das Spiel bei der Klub-WM gegen den FC Bayern verfolgen wird? Gleich gegenüber liegt das Vereinsheim eines Fanclubs – da laufen die Spiele auf einer Leinwand, und Cristina schaut von ihrem Balkon aus zu. Oder sie geht rüber und holt sich – wie immer – ein Choripan, eine Bratwurst im Brötchen, und ein Bier. Und vielleicht zieht dann auch Pedrín wieder mit Trommeln und Böllern durch La Boca.

Der FC Bayern bei der Klub-WM – alle Infos in unserem Ticker:

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